Tom Tailor übernimmt BONITA – eine gute Idee?

Überraschung im SDAX: Der Modekonzern Tom Tailor (WKN: A0STST) kündigte am Mittwochabend die Übernahme von BONITA an. War Tom Tailor bislang mit seinen Marken Casual und Denim eher auf das jüngere Publikum fixiert, erschließt man sich mit BONITA das “attraktive Damen- und Herrenmodesegment für die Zielgruppe ab 40 Jahren”, wie es in der Pressemitteilung heißt. Das Ganze kostet Tom Tailor 150 Mio. Euro in bar sowie rund 6 Millionen neue Tom Tailor-Aktien aus einer Sachkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital. Soweit die Fakten. Doch ist das ganze eine gute Idee?

Seit seinem Börsengang im März 2010 hat sich das Unternehmen prächtig entwickelt. Der Umsatz stieg von 347,7 Mio. Euro im Jahr 2010 auf 411,6 Mio. Euro im Jahr 2011. Das Gesamtergebnis stieg in diesem Zeitraum von 1,3 Mio. Euro auf 13,5 Mio. Euro und das EPS von 15 Cent auf 59 Cent an. Und auch im aktuellen Geschäftsjahr geht die Aufwärtsbewegung weiter. Im ersten Quartal verbesserte sich der Umsatz von 86,3 Mio. Euro (Q1 2011) auf nun 103,6 Mio. Euro (Q1 2012). Aufgrund von Refinanzierungskosten und Marketingausgaben wurde der Quartalsverlust jedoch von -1,9 Mio. Euro auf -5,2 Mio. Euro bzw. von -4 Cent auf -12 Cent je Aktie ausgeweitet. Allerdings blieb der Konzern zuletzt für das Gesamtjahr zuversichtlich und bekräftigte seine Ziele. Demnach strebt Tom Tailor im Geschäftsjahr 2012 einen Umsatz von über 470 Mio. Euro und ein um die Kosten für die Refinanzierung bereinigtes EBITDA zwischen 51 und 53 Mio. Euro an. Im Vorjahr hatte man das bereinigte EBITDA um 20 Prozent auf 48,1 Mio. Euro steigern können.

Alles in allem scheint bei Tom Tailor insofern alles auf Kurs zu sein. Wie passt hier also BONITA ins Bild? Durch eine Ergänzung auf ältere Semester macht sich Tom Tailor quasi “demografiefest”. Das 1969 gegründete Unternehmen erwirtschaftete im Kalenderjahr 2011 mit den beiden Marken BONITA und BONITA men einen Umsatz von rund 379 Mio. Euro, ein bereinigtes EBITDA von 59 Mio. Euro und einen operativen Cashflow von 50 Mio. Euro. Mit einer bereinigten EBITDA-Marge von 15,7 Prozent und einer Cash Conversion Rate von 84,3 Prozent gehört BONITA zu den profitabelsten und den Cash-generativsten Unternehmen der Branche. Und was vielleicht nicht weniger wichtiger ist: BONITA verfügt über eine der anerkannt besten Retail-Organisationen im deutschen und europäischen Textilhandel, so zumindest Tom Tailor-Chef Dieter Holzer. BONITA vertreibt seine Kollektionen in einem hoch standardisierten System ausschließlich über die mehr als 960 eigenen Stores, die täglich mit neuer Ware beliefert werden. Dazu nahm BONITA im Jahr 2010 ein vollautomatisiertes Retail-Logistiklager am nordrhein-westfälischen Firmensitz in Hamminkeln in Betrieb, mit dessen Kapazitäten weitere 1.000 Filialen bewirtschaftet werden können. Für das bis Ende Februar 2013 laufende Geschäftsjahr plant BONITA die Eröffnung von rund 50 neuen Filialen vorrangig in Deutschland, Österreich und der Schweiz. BONITA ist darüber hinaus in den Benelux-Staaten und ebenso wie Tom Tailor seit kurzem mit ersten Filialen in Polen aktiv. Insofern ist BONITA eine gute Ergänzung, vor allem wenn sich die gewünschten Synergien in den Bereichen Beschaffung und Logistik tatsächlich einstellen. BONITA wiederum soll von Tom Tailors Know-how in der schnellen, kundennahen Produktentwicklung und von der leistungsfähigen Beschaffungsorganisation in Asien profitieren.

Was ebenfalls nicht uninteressant ist: Mit der bisherigen BONITA-Mutter, der gemeinnützigen Versorgungs- und Förderungsstiftung aus dem liechtensteinischen Vaduz bekommt, bekommt Tom Tailor aufgrund von Haltefristen für mindestens drei Jahre einen neuen Hauptaktionär. Dieser wird nach Abschluss der Transaktion einen Anteil von 24,9 Prozent an Tom Tailor halten und dauerhaft diese Schwelle nicht übersteigen. Tom Tailor plant dabei neben der bereits erwähnten Sachkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital unter der Voraussetzung eines positiven Kapitalmarktumfelds eine Barkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss von ca. 1,65 Millionen neuen Aktien.

Inwiefern sich die Transaktion tatsächlich auf die Kennzahlen von Tom Tailor auswirkt, wird man sehen. Der Tom-Tailor-Vorstand ist jedenfalls überzeugt, dass die Akquisition bereits im laufenden Geschäftsjahr einen positiven Beitrag zum Ergebnis je Aktie leisten wird. Insofern sind die heutigen Kursgewinne von rund 5 Prozent durchaus gerechtfertigt. Zumal sich die Aktie damit deutlich von dem jüngsten Zwischentief bei knapp unter 11 Euro absetzen kann. Je nach dem wie das zweite Quartal verläuft könnte also auch das Jahreshoch bei 15,70 Euro in Angriff genommen werden. Erst darüber rückt dann auch wieder das Allzeithoch bei rund 17 Euro in den Blick. Auch die Analystenschar äußerte sich zuletzt positiv über die Aktie von Tom Tailor. Die letzten Kursziele liegen hier zwischen 15,50 und 21,00 Euro.