DAX Charttechnik: Zick-Zack-Markt voraus

Die Luft ist raus. Die Notenbanken haben ihre Geldschleusen geöffnet und das Verfassungsgericht hat „grünes“ Licht für die Rettung Europas gegeben. Nachdem der Markt in den vergangenen Wochen und Monaten von einem ganzen Reigen wichtiger Ereignisse getrieben wurde, dürfte der Blick jetzt wieder verstärkt auf die Unternehmen gelenkt werden. Es ist zwar noch etwas Zeit bis die Bücher für das dritte Quartal geöffnet werden, doch manch ein Börsianer dürfte sich wieder ins Gedächtnis rufen, was er denn da eigentlich handelt. Genau, wir traden keine Inflationsschutz- oder Konjunkturpapiere, sondern Aktien, also Anteilsscheine an Unternehmen – da macht es ja auch nur Sinn sich die Umsätze und Auftragsbücher genauer anzuschauen.

„Realität trifft auf Erwartungen“ so könnte das Motto für die kommenden Wochen lauten, schließlich wurden in der ersten September-Hälfte einige Vorschusslorbeeren verteilt. Ob das für die aktuelle Situation gerechtfertigt ist/war oder doch ein Stück zu viel des Guten steht noch in den Sternen. Sicher ist: So gut war der DAX in den ersten beiden September-Wochen noch nie. Ein stolzes Plus von 6,33% steht in den ersten zehn Sitzungen zu Buche. Ein kleiner Backtest zeigt, dass weiteres Aufwärtspotenzial nur noch begrenzt zur Verfügung steht. Denn in den 13 Fällen, in denen der DAX seit 1988 in der ersten September-Hälfte nach oben kletterte, ging es in nur fünf Jahren bis zum Monatsende weiter Richtung Norden. Die Weichen stehen also auf Konsolidierung bzw. Verschnaufpause, wie man im Volksmund oder der ARD-Börse so schön sagen würde.

Die Argumente auf der Short-Seite sind dabei nicht von der Hand zu weisen. Vor allem das Level rund um 7.230 Zähler spricht für eine Pullback-Bewegung bzw. einen Rücksetzer. Schließlich wurden auf diesem Niveau seit Ende der Finanzkrise zahlreiche Transaktionen durchgeführt. Das heißt: Hier liegen viele Einstiegskurse und diese werden in der Regel gerne noch mal „abgefischt“. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass der ein oder andere bereits den Stop-Loss auf Break-Even nachgezogen hat. Wenn wir Pech haben, reicht die kleine Stop-Lawine dann für einen Rücksetzer bis 7.090/7.100 Punkte aus.

Hinzu kommt die noch offene Kurslücke zwischen 7.353 und 7.389 Punkten, die vor allem Charttechnikern ein Dorn im Auge ist. Gleichzeitig haben auch die großen Jungs bis zum Jahresende noch etwas Zeit. Das sogenannte „Window Dressing“ ist aus unser Sicht noch kein Thema, auch wenn manch einer schon Angst haben dürfte, dass ihm die Kurse davonlaufen. Wobei man sich bei dem niedrigen Handelsvolumen sowieso fragen muss, wer überhaupt bei der „Rallye“ dabei ist. Die geringen Umsätze werfen bei uns sogleich zwei Fragen auf:

1.) Kommt da noch jemand? Soll heißen, lässt sich die Masse von den festen Kursen locken, womit die alte Gleichung Pessimismus >> Skepsis >> Optimismus >> Euphorie mal wieder aufgehen würde. Oder zeigt sich
2.) diesmal doch so etwas wie Schwarmintelligenz, was man mit dem schönen Satz „stellen Sie sich vor es ist Hausse, doch keiner kauft“ beschreiben könnte.

Grundsätzlich halten wir eine Mischung aus beidem für sehr wahrscheinlich. Will heißen: Das hohe Niveau lockt nur noch wenige Long-Trader an, weshalb es schwer für die Indizes wird aus dem Stand auf neue Rekordhöhen durchzustarten. Gleichzeitig dürfte das große Lager der Bären dafür sorgen, dass der Markt ziemlich rasch wieder aufgefangen wird. Zu nennen sind hier die Bereiche rund um 7.230 und zwischen 7.090 und 7.100 Punkten. Viel tiefer dürfte es angesichts der Notenbank-Power ohne eine große negative Überschrift kaum gehen. Aber wir wären ja nicht an der Börse, wenn sich am Horizont nicht ein paar neue Hiobsbotschaften finden würden. Der Horizont liegt in diesem Fall in Asien, genauer gesagt in China. Nach den „fetten“ Jahren werden dort mittlerweile kleinere Brötchen gebacken. Fest steht: Den Begriff „Konjunkturmaßnahme“ haben die Amerikaner und Europäer nicht für sich alleine gepachtet. Doch dazu mehr in einer späteren Ausgabe des Market Mover. Nun hoffen wir vorerst, dass der DAX auf dem Absatz kehrt macht (zumindest kurzfristig), denn im DAX-Daytrading halten wir im Augenblick mit Puts dagegen.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.