DAX Charttechnik: Wie verhext – DAX erreicht neues Jahreshoch

Heute brauchen „Shorties“ wieder starke Nerven, denn es ist Hexensabbat. An diesem „großen Verfallstag“ laufen die Futures und Optionen auf die STOXXIndizes, den DAX, TecDAX, MDAX und Einzelaktien aus. Der Begriff „Hexensabbat“ resultiert aus den teils deutlichen Intraday-Schwankungen, die an diesem Tag oft ohne nennenswerte Konjunktur- oder Unternehmensmeldungen zu beobachten sind. So auch heute, als der Leitindex binnen weniger Sekunden 50 Punkte aufsattelte. In der Spitze ging es am Nachmittag sogar bis auf 7.479 Punkten hoch (+1,20 Prozent). Der DAX präsentiert sich damit am heutigen Verfallstermin überdurchschnittlich gut, denn in den letzten 20 Jahren sattelte er im Tagesverlauf am Hexensabbat im Schnitt nur 0,66 Prozent auf. Das wirft sogleich die Frage auf, ob mit den heutigen Spitzennotierungen erneut ein markantes Hoch gefunden wurde, schließlich hatte der DAX im Zuge des großen Verfalls im März ebenfalls ein zwischenzeitliches Top gefunden, das anschließend für sechs Monate Bestand hatte.

Nach dem Seitwärtsgeschiebe im Wochenverlauf liegen auch an der Wall Street neue 2012er-Rekorde unmittelbar in Reichweite. Aus charttechnischer Sicht könnten die intakten Aufwärtstrends dementsprechend dies und jenseits des Atlantiks durch neue Kaufsignale befeuert werden. Auch wenn man sich „gefühlt“ schnell einig sein dürfte, dass bald ja auch mal Schluss mit Lustig sein sollte. Schließlich hat der DAX im tendenziell schwachen September bislang 7,29 Prozent bzw. 508 Punkte hinzugewonnen – ohne dass bislang eine größere Gegenbewegung zu vermelden ist. Eine Verschnaufpause bzw. eine „kleine“ Korrektur wäre also durchaus wünschenswert und würde den intakten Aufwärtstrends in mittel- und langfristiger Sicht auch nicht schaden. Wenn wir uns in Erinnerung rufen, dass der DAX noch Ende August auf 6.971 Punkte taxiert wurde, kann man durchaus sagen, dass der Markt langsam als „überkauft“ einzustufen ist. Auch wenn manch ein Charttechniker natürlich schon mit der Marke von 7.600 Punkten liebäugelt.

Fraglich bleibt, ob die bereits bekannten Impulse (Ankauf von Anleihen durch die Notenbanken) ausreichen, um die Marktteilnehmer bei Laune zu halten. Die Troika hat heute jedenfalls verkündet, dass die Gespräche in Griechenland erst in einer Woche wieder aufgenommen werden. Der Bericht wird mit Spannung erwartet, zumal hinter vorgehaltener Hand bereits über einen weiteren griechischen Schuldenerlass spekuliert wird.

Fragen muss man sich auch, ob der Markt die Macht von Bernanke, Draghi & Co. mit Blick auf die Konjunktur richtig einschätzt. Sicherlich, die Inflationsgefahren sind nachvollziehbar und Sachwerte ein unbestrittener Schutz davor, dennoch fehlt uns die Diskussion darüber, was die bisherigen Anleihekäufe – gerade in den USA, zumal sie hier als Schmierstoff für die Konjunktur eingesetzt werden – unter dem Strich gebracht haben. Wer glaubt, dass eine Volkswirtschaft alleine mit der Notenpresse auf Vordermann gebracht werden kann, dürfte früher oder später eines Besseren belehrt werden. Der Markt scheint hier schon in eine Phase des Optimismus einzutreten, den der wirtschaftliche Background eigentlich aber nicht hergibt. Auch wenn Apple heute damit beginnt sein neues iPhone 5 auszuliefern.

Aber wie schon Ludwig Erhard sagte „Psychologie ist die Hälfte der Wirtschaftspolitik“. An der Börse dürfte der Anteil wohl unbestritten noch etwas höher liegen. Wenn die Meute ins Laufen kommt, ist es eben sehr schwer den exakten Wendepunkt ausfindig zu machen. Deshalb sollte der Großteil des zur Verfügung stehenden Tradingkapitals auch „trendfolgend“ ausgerichtet werden. Ähnlich machen es auch die meisten Fonds, was daran zu erkennen ist, dass die Performance gerade in Seitwärtsphasen spürbar nachlässt.

Abschließend noch ein Blick auf das technische Bild: Gegenüber der letzten Ausgabe hat sich unser Grundsetup kaum verändert. Wir halten einen Rücksetzer auf das Minimalziel bei 7.230 Punkten noch immer für sehr wahrscheinlich. Fraglich bleibt das Plateau, von dem aus diese Abwärtsbewegung eintreten wird. Als nächstes Short-Level könnte in den kommenden Sitzungen der Bereich rund um 7.500 Punkte angesteuert werden.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.