DAX Charttechnik: Wie lange kann man da noch entspannt bleiben?

„Zick-Zack-Markt voraus“ titelten wir vor einer Woche an dieser Stelle. Und tatsächlich scheint es so, als wenn am Hexensabbat wieder ein markanter Hochpunkt gefunden wurde. Zum zweiten Mal in diesem Jahr, denn schon im März drehten die Kurse nach dem großen Verfall nach unten. Richtig ins Rollen brachte den Stein Charles Plosser. Denn laut dem Chef der Federal Reserve Bank of Philadelphia wird die neue Runde der quantitativen Lockerung das US-Wachstum nicht in Schwung bringen. Die Börsianer reagierten prompt mit Gewinnmitnahmen und drückten den DAX zeitweise sogar unter 7.300 Punkte. Diese Reaktion ist verständlich, zumal nun auf dem Parkett heiß über die Wirkung des „billigen“ Geldes diskutiert wird. Und diese Reaktion kam uns im DAX-Daytrading sehr gelegen.

Denn bereits Mitte September hatten wir einen DAX-Put mit Knock-Out 7.480 eingekauft. Während uns zuerst Bernanke einen Strich durch die Rechnung machte, brachte uns der Hexensabbat mit einem denkbar knappen Tageshoch bei 7.479 Punkten richtig ins Schwitzen. „Noch mal gut gegangen“ lautet daher unser Motto für diese Woche, zumal die Scheine dann noch mit einem Gewinn von 59,31 Prozent im Bereich von 7.260 am Mittwoch verkauft werden konnten, was dem Wochentief bis jetzt sehr nahe kommt.

Die spannende Frage lautet nun: Wie geht es denn weiter? Kommt jetzt die große Korrektur? Hmm … ganz auszuschließen ist es jedenfalls nicht, gerade wenn man die großen Nachrichten in dieser Woche noch einmal Revue passieren lässt. Da war bspw. zu lesen, dass der künftige Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (besser bekannt unter der Abkürzung ZEW) mit einer längeren Phase der wirtschaftlichen Stagnation rechnet. Laut seinen Aussagen wird es bei den Sanierungen der Staatshaushalte nur „quälend langsame“ Fortschritte geben. Währenddessen kämpfen die Autobauer mit einer schwächelnden Nachfrage in Europa. So verkündete der Daimler-Konzern Produktionsanpassungen im Stammwerk Sindelfingen, Ford Europe startet ein neues Sparprogramm und in Bochum standen bei Opel in dieser Woche die Bänder teilweise sogar komplett still. Das Citroën, Fiat und PSA Peugeot mit einer schwachen Nachfrage kämpfen war schon länger bekannt. Aus München hörte man dazu nichts. Die Aktie von BMW legte im September allerdings eine Nullrunde aufs Parkett, und das obwohl der DAX immerhin noch auf eine Performance von 4,58 Prozent kommt. Kurzum, neue Jahreshochs dürften vorerst nur in Wolfsburg bei VW ein Thema bleiben.

Die Angst bei den Autobauern kommt dabei nicht von ungefähr. Denn während man in Europa mit schwachen Absatzzahlen kämpft, kommen auch aus China schon lange keine impulsiven Daten mehr – jedenfalls nicht für die Long-Seite. Im Gegenteil: Der Wachstumsmotor muss plötzlich ebenfalls mit billigem Geld und Stabilisierungsmaßnahmen befeuert werden, damit er die Drehzahl auch nur annähernd halten kann. Dabei gewinnt man zunehmend den Eindruck, dass die Chinesen auf der Überholspur langsam ins Schlingern geraten – manch einer sieht da schon den drohenden Crash auf uns zukommen. Welche Sicherheitsmaßnahmen uns dann schützen sollen, weiß leider niemand. Grundsätzlich bleibt es bei der einen einfachen Frage: Kann die Wirtschaft in den USA, Europa und China nur durch den Einsatz von billigem Geld in der Spur gehalten werden? Und wenn ja, wie lange geht das gut? Zweifel sind durchaus angebracht.

Nichtsdestotrotz, aus technischer Sicht befindet sich der DAX nach wie vor im Aufwärtstrend. Wer für seine Analysen eine logarithmische Skalierung verwendet, sah den DAX dabei diese Woche zurück in den Juni-Aufwärtstrendkanal fallen. In der arithmetischen Variante könnte dies heute der Fall sein. Der Weg auf ein neues Jahreshoch wird dabei schwer, zumal bspw. die 2007er-Abwärtstrendgerade nun wieder bremsend wirkt. Gleichzeitig ist das Sentiment weiter sehr schwach. Das heißt: Im schlimmsten Fall, wenn alle raus wollen, dürften sich kaum Käufer finden. Für so einen Ausverkauf fehlt aber noch ein richtiger Market Mover. Wir sehen daher für den Intraday-Handel Unterstützungen zwischen 7.170, 7.200 und 7.230. Halten aber auch einen Rücksetzer bis auf das Niveau von 7.090/7.100 im Oktober durchaus für wahrscheinlich. Fakt ist: Die Rallye ist erstmal vorbei. Neue Impulse für trendfolgende Engagements gibt es dementsprechend erst oberhalb von 7.400 Punkten.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.