DAX Charttechnik: Börsen-Crash 19. Oktober 1987 – Die Lehren des „Schwarzen Montags“

Das Jahreshoch lag nur 7,70 Prozent entfernt. Der DAX vollzog gerade eine Konsolidierung und pendelte bereits seit Wochen auf dem Niveau von 1.500 Punkten seitwärts. Auf Jahressicht stand zwar nur ein kleines Plus von rund zwei Prozent zu Buche, doch der Index hatte sich seit dem März-Tief bereits gut erholt. Die Blicke wurden dementsprechend am 19. Oktober 1987 – fast selbstverständlich – wieder nach oben gerichtet. Schließlich sollte die Börsen-Party weitergehen, die dem deutschen Aktienmarkt alleine in den 80er-Jahren bis dato einen Profit von 193 Prozent beschert hatte. Doch es sollte anders kommen vor genau 25 Jahren. Es sollte der Tag werden, an dem mehr als 600 Mio. Aktien auf das US-Parkett geworfen wurden. Es sollte der Tag werden, an dem sich ein Viertel des amerikanischen Börsenkapitals in Luft auflöste. Es sollte der Tag werden, an dem der Dow Jones um 22,60 Prozent in die Knie ging und 508 Punkte auf einen Schlag einbüßte.

Im Jahr 1987 befand ich mich noch im Kindergarten. Spielte mit Bauklötzen und malte bunte Bilder. Als ich mich mit diesem historischen Ausverkauf Jahre später befasste, machte mich vor allem eine Sache stutzig: Als Grund für die Flut an Verkaufsaufträgen wurde immer wieder die Inflation und ein hohes US-Handelsdefizit
vorgeschoben, dass das Vertrauen in den Dollar schwinden lies. Komisch, denn gerade das heiße Inflationsthema wird doch immer wieder als Grund für den Kauf von Aktien hervorgehoben – gerade jetzt ist es wieder in aller Munde. Der Crash vor 25 Jahren zeigt damit eindrucksvoll, wie irrational es mitunter an den Märkten hergehen kann.

Die wichtigste Frage lautet aber: Kann sich so ein Ausverkauf wiederholen? Die Antwort ist relativ simple: Ja, und zwar mit Sicherheit. Der Flashcrash im Dow
Jones hat gezeigt, dass in der hochdigitalisierten Welt mitunter nur ein einziger Händler durch einen „kleinen“ Fehler eine gewaltige Kettenreaktion auslösen kann. Binnen Minuten sackte der Dow Jones um zehn Prozent ab. Rein rechnerisch wurden damit rund 800 Mrd. US-Dollar an Börsenkapital vernichtet. Der Grund: Blitzschnell reagierten die Computersysteme. Die eine „zu“ große Order führte dazu, dass weitere Verkaufstransaktionen ausgelöst wurden. Stop-Marken wurden gerissen, was zu
weiteren Verkaufsaufträgen führte.

Zwar gilt die alte Weisheit „die Börse kann länger irrational bleiben, als du solvent“, doch der Spuk hält nicht ewig an. Im Oktober 1987 war bereits nach 14 Tagen alles überstanden. Im Mai 2010 dauerte es sogar nur wenige Stunden, bis sich alles wieder einpendelte. Doch die Lehren aus beiden Crashphasen sind deutlich, denn vollkommene Sicherheit gibt es an den Börsen nicht. Manchmal reicht bereits ein Funke aus, um einen Flächenbrand anzufachen. Und zwar ganz egal in was für einer Marktphase man sich gerade befindet. Ganz egal, wie gut die Argumente für die Long-Seite gerade sind. Ganz egal, welche technischen Kaufsignale im Chart gerade ausgelöst wurden. Das Beispiel Google hat es am Donnerstag erst wieder gezeigt: Wie kann es sein, dass ein Unternehmen heutzutage aus Versehen die Quartalszahlen zu früh veröffentlicht? Und dann auch noch beim IT-Riesen Google? Die Folge war ein schneller Abschlag von 10 Prozent in der Aktie. Hier können Sie mehr über die Kurskapriolen beim dem Suchmaschinenanbieter lesen.

Sie sehen: Fehler an der Börse wird es immer geben. Schützen kann Sie davor nur ein ausgewogenes Risikomanagement. Sprich, man sollte niemals mit seinem gesamten Kapital „all in“ sein. Gleichzeitig ist es manchmal besser, seine Aktien-Engagements durch Short-Positionen (bspw. Optionsscheinen) abzusichern, statt mit
einem klassischen Stop-Loss, der erst auf einem wesentlich niedrigerem Level ausgeführt wird. Doch dieses spannende Thema nehmen wir uns an dieser Stelle demnächst noch einmal detailliert zur Brust.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.