Britisches Pfund – Lange ungeliebt, aber jetzt mit Aufwärtspotenzial

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Das britische Pfund hat seit seinem Mehrjahreshoch gegenüber dem US-Dollar vor zwei knapp zwei Jahren bis heute einen kräftigen Wertverlust von mehr als 16 Prozent hinnehmen müssen. Das „Cable“ sollte eigentlich von der Erwartung eines Comebacks der Wirtschaft Großbritanniens nach der Finanzkrise und damit einhergehend steigender Zinsen profitieren, doch dann kam es wie so oft anders. Zu Jahresbeginn mit den Turbulenzen an den Börsen geriet das Pfund dann weiter unter Druck und konnte die 1,40 US-Dollar gerade so verteidigen.

„Rolle rückwärts“ der Bank of England eingepreist

Noch 2014 wies die britische Wirtschaft mit einem Wachstum von 2,9 Prozent die beste Entwicklung unter den Industrieländern auf. Mit einem Lohnwachstum, das über weite Teile in 2015 das der USA übertraf, stand die Zentralbank der Insel denn auch direkt nach der Fed auf der Liste der großen Notenbanken, die als nächstes die Zinswende einleiten würde. Wie schnell sich das Bild drehen kann. Nicht nur, dass an den Märkten selbst eine Zinswende in 2016 kaum noch eingepreist wird, nun belastet auch noch das Risiko eines Austritts aus der Europäischen Union die Währung.

Ein großer Treiber der Abwertung des Britischen Pfunds war die Divergenz in der Geldpolitik der jeweiligen Notenbanken, die um den Jahreswechsel ihren Höhepunkt aber erreicht haben dürfte. Dass an den Future-Märkten eine Zinswende der Insel nicht mehr gespielt wird, deutet darauf hin, dass hier die „Rolle rückwärts“ der Bank of England bereits eingepreist ist und damit auch der Belastungsfaktor für das „Cable“ wegfällt. Andererseits aber dürfte angesichts schwacher Konjunkturdaten aus den USA, Sorgen um China und der weiter niedrigen Rohölpreise auch die Fed zunehmend von ihrem noch im Dezember anvisierten Ziel der vier Zinsanhebungen abrücken. Diese „Divergenz-Wette“ läuft nun also aus.

Guter Start der britischen Wirtschaft in 2016

Die Wirtschaft Großbritanniens ist durchaus als robust zu bezeichnen. Der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes stieg im Januar auf ein 3-Monats-Hoch, der des Dienstleistungsgewerbes auf den höchsten Stand seit vier Monaten. Nach einem Rückgang des Wirtschaftswachstums von kräftigen 2,9 Prozent in 2014 auf nur noch 2,2 Prozent in 2015 liefern die Januar-Einkaufsmanagerindizes Hoffnung auf einen guten Start ins Jahr.

Verhandlungen mit der Europäischen Union im Fokus

Auch die Brexit-Spekulationen belasten. Und tatsächlich könnte der durch den großen Flüchtlingsdruck ausgelöste Rechtsruck in ganz Europa das bis Ende 2017 in Aussicht gestellte Referendum in Großbritannien entscheidend beeinflussen. Bis dahin dürfte allerdings, sollte sich der britische Premier Cameron mit den von der EU abgerungenen Zugeständnissen zufrieden zeigen, noch etwas Zeit vergehen.

Charttechnisch entscheiden die nächsten Tage

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Aus charttechnischer Sicht entscheiden die nächsten Tage über das weitere Wohl und Wehe des Pfunds. Im Wochenchart hatte sich eine bullische Doji-Morning Star Formation herausgebildet, die den Weg zum Test des Vorjahrestiefs bei 1,4570 US-Dollar ebnete. Durch den Polaritätswechsel stellt diese Marke nun einen knackigen Widerstand dar. Schafft es der Kurs, diese Marke zurückzuerobern, könnte dies weiteres Erholungspotenzial bis 1,50 US-Dollar entfalten und die Bodenbildung festigen. Bei einem Scheitern würde allerdings wieder das Tief um 1,4080 US-Dollar ins Visier geraten. Kann diese Marke auch nicht verteidigt werden, wäre der Weg bis hin zu 1,35 US-Dollar frei.

Andreas PaciorekEin Beitrag von Andreas Paciorek

Er ist Market Analyst Germany & Austria bei CMC Markets, Frankfurt.
Davor arbeitete er bei der Bank of Tokyo Mitsubishi in Frankfurt sowie bei der Varengold Bank. Paciorek hat ein Diplom der Universität Bonn im Bereich Regionalwissenschaften Japan mit Schwerpunkt Wirtschaft.

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