DAX Charttechnik: Bullenland

Die Spekulation, dass die politischen Vertreter der USA den „Gordischen Knoten“ des Budgetstreits durchschlagen werden, hat den Aktienmärkten auch in dieser Woche Auftrieb verliehen. In der Spitze fehlten dem DAX heute sogar nur noch 36 Punkte bis zum Jahreshoch bei 7.478,53 Zählern. Mit einer Performance von 491,60 Punkten bzw. 7,07 Prozent ist die jüngste Erholung in ihrer Tragweite schon sehr bemerkenswert. Alleine sieben der letzten acht Sitzungen wurden im Gewinn beendet – und auch heute sieht es danach aus, dass der DAX ein Plus über die Ziellinie retten kann. Das würde bedeuten, dass der Index per Monatsschlusskurs über die Marke von 7.400 Punkten ausbricht. Nicht nur auf Tagesbasis, sondern eben auch auf Monatssicht, würden dann neue charttechnische Kaufsignale vorliegen, die den Anstieg weiter befeuern könnten. Das Wort „Jahresend-Rallye“ ist längst in aller Munde (sogar beim ZDF-Frühstücksfernsehen wurde davon gesprochen).

Keine Frage, der Wind auf dem Parkett hat sich in den vergangenen zwei Wochen schlagartig gedreht. Aber was treibt die Kurse wirklich an? Joachim Goldberg von cognitrend brachte es im Newsletter der Börse Frankfurt in dieser Woche schön auf den Punkt: „Nein, es gibt keinen tief verwurzelten Glauben, die Probleme der Eurozone seien nunmehr gelöst, die globale Ökonomie auf einem guten Weg oder die Bewertungen seien attraktiver geworden. Das einzige, was zählt, ist offenbar ein immer noch nicht versiegen wollender Kapitalstrom in deutsche Aktien.“ Ein ähnliches Bild zeigt das EUWAX-Sentiment, dass das Anlageverhalten der Privatanleger im DAX widerspiegelt. Der Privatanleger-Index ist im Zuge des Kursanstieges deutlich zurückgegangen und verharrt nun auf einem ausgewogenen Niveau bei 1.2 Punkten. Im Endeffekt heißt das: Die großen Adressen kaufen, die kleinen Hände zocken vermehrt gegen den Anstieg.

Dumm nur, dass der DAX jetzt kurz davor steht neue charttechnische Kaufsignale auszulösen, die – vom Profi bis zum Newbie – wirklich jeder sieht. Die Zahl der Optimisten dürfte also noch mal steigen, sofern es dem DAX in der kommenden Woche gelingt die Marke von 7.400 Punkten hinter sich zu lassen.

Wahrscheinlich geht es also weiter aufwärts, bis tatsächlich eine Art „Übertreibung“ entsteht und auch die Masse der Privatanleger sich auf der Long-Seite engagiert. Wir haben im DAX-Daytrading aus Sicherheitsgründen daher das Einstiegssetup auf der Short-Seite bei 7.430/7.440 Punkten gestrichen. Von unserem antizyklischen Ansatz weichen wir aber dennoch keinen Zentimeter ab. Das heißt: Wir werden weiterhin versuchen, immer wieder gegen den Trends Puts einzukaufen, auch wenn dies meistens in einem Nullsummenspiel endet. Dennoch konnten wir in dieser Woche ein „kleines“ Plus von 21 Prozent über die Ziellinie retten. Manchmal muss man eben auch kleine Brötchen backen.

Aber wie weit kann es denn nun noch nach oben gehen? Dazu folgende Vorüberlegung: Der Drops bezüglich des „Fiskalkliffs“ ist in den USA noch keinesfalls gelutscht. Auch wenn die Märkte derzeit regelrecht an den Lippen der Politiker hängen. Die EU-Krise ist im Augenblick kein allzu großes Thema, nachdem Italien und Spanien in dieser Woche günstig ihre Staatsanleihen platzieren konnten. Aber: Bei den US-Indizes sind die Charts höchstens unter kurzfristigen Aspekten wirklich positiv zu werten. Unseres Erachtens werden die Märkte noch einmal nach unten drehen oder sich zumindest eine Zeitlang ohne klaren Trend seitwärts bewegen, bevor es dauerhaft aufwärtsgehen kann. Die nächste Short-Zone im DAX haben wir zwischen 7.530 und 7.550 Punkten auf der Uhr. Und einen Anstieg über 7.646/7.647 Zähler können wir uns im Dezember wirklich nur sehr schwer vorstellen – das wäre wirklich eine große Überraschung.

Aber denken Sie immer daran: Das Wichtigste beim Trading ist es, den Stop-Loss schnell auf den Einstiegspreis nachzuziehen. Risiko raus, der Rest kommt dann von alleine.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.