DAX Charttechnik: Der Sack ist voll

„Die Börse ist keine Einbahnstraße“ heißt es im Volksmund, doch Sie wissen „die Märkte können länger irrational bleiben, als Sie solvent“ – wobei der Begriff „irrational“ hier eher ein Synonym für „absurd“ ist. Gemeint ist die Tatsache, dass die Märkte stramm nach oben ziehen, obwohl dafür kein durchschlagendes Kaufargument ins Feld geführt werden kann. So betonte EZB-Chef Mario Draghi erst am Donnerstag, dass die Europäische Zentralbank an der Inflationsfront kaum Gefahren sieht. Die Begründung: Das Kreditwachstum ist weiter extrem schwach, weshalb die lockere Geldpolitik in Form der hohen Liquidität die Realwirtschaft schlichtweg nicht erreicht. Aber was treibt die Kurse dann?

Vertraut man auf die Kurse, dann ist die Finanzkrise, die Anfang 2008 losgetreten wurde, nun zu 93 Prozent überstanden. Denn damals machte der DAX bei zirka 8.067 Punkten auf dem Absatz kehrt und wurde bis 3.589 Zähler durchgereicht – nun stehen die Kurse aber wieder bei 7.530 Punkten. Und auch die europäische Staatsschuldenkrise müsste nun in den Geschichtsbüchern verschwinden, schließlich lag die „griechische“ Abbruchkante im vergangenen Jahr auf einem Kursniveau zwischen 7.400 und 7.500 Punkten. Als wäre nichts gewesen, wurde die Verluststrecke – der DAX fiel im September 2011 bis auf 4.966 Zähler – wieder wettgemacht. Bewahrheitet sich nun doch die alte Floskel, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen werden? Zweifel sind definitiv angebracht.

Nun gut, dann müssen eben die Phänomene „Weihnachtsrallye“ und „Window Dressing“ für den Kursanstieg herhalten. Doch wer hier A sagt, muss auch B sagen. Und wer an dieser Stelle auf Rückenwind der Statistik setzt, sollte genau hinschauen. Zwar ist es richtig, dass der DAX seit 1988 mit einer Trefferquote von 83,33 Prozent im Dezember einen durchschnittlichen Gewinn von 3,16 Prozent verbuchen kann, doch führt man den Backtest ab dem 7. Dezember durch, ergibt sich nur noch eine durchschnittliche Performance von 1,37 Prozent bis zum Jahresende. Die Gewinnwahrscheinlichkeit der letzten Jahre sinkt dabei auf 75,00 Prozent. Der Sack scheint also langsam voll zu sein und der DAX am Ende seiner kurzfristigen Möglichkeiten. Das heißt: Eine Weihnachtsrallye muss nicht zwangsläufig auch bis zum heiligen Fest andauern.

Im DAX-Daytrading schrieben wir daher schon zum Wochenauftakt, dass wir eine Zielzone im Bereich zwischen 7.530 und 7.550 Punkten sehen. Den Worten folgten am Donnerstag mit einem Short-Engagement in diesem Korridor Taten. Doch – und hier zeigt sich mal wieder, dass nicht nur der Einstieg beim Trading ausschlaggebend ist – waren wir zu früh darauf bedacht, das Risiko aus der Position zu nehmen. Wie schon bei unserem Long-Einstieg bei 6.973 Zählern wurde dementsprechend unser Stop-Loss-Level abgefischt. An der Börse geht es eben leider auch in der Weihnachtszeit nicht wirklich besinnlich zu. Nun lauern wir darauf, noch einmal auf der Short-Seite zum Zug zu kommen, denn trotz der positiven Impulse, sind Calls für uns vorerst kein Thema. Jedenfalls nicht, bevor wir den überfälligen Rücksetzer gesehen haben.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.