Schlussgong: BMW zieht Konsequenzen aus der Krise

Die Achterbahnfahrt geht an den Aktienmärkten auch zu Beginn der neuen Handelswoche munter weiter. An der Wall Street verbuchten die großen Indizes leichte Kursgewinne. Damit steht es jetzt 2:2 Unentschieden: Mittwoch Verluste, Donnerstag Gewinne, Freitag Verluste und Montag wieder Gewinne. Da die Tagesverluste jedoch höher waren als die Gewinne, ist die Gesamtperformance noch im Minus.

Da wurde die Unsicherheit sogar auf die Spitze getrieben. Im Tagesverlauf wechselte das Vorzeichen gleich mehrfach. Der Dow Jones startete nach guten Konjunkturdaten sehr freundlich, dann sorgten Notenbankaussagen zum Thema Kreditausfälle für einen Kursrutsch in den Minusbereich und im Endspurt siegten doch wieder die Konjunkturoptimisten und zogen den Dow Jones 0,8% ins Plus.

Der Kursverlauf zeigt: Kurzfristige Prognosen sind in diesen Tagen unmöglich. Weder die Bären noch die Bullen haben aktuell Oberwasser. In solchen Phasen sollten Trader mit Neu-Käufen sehr vorsichtig sein und besser auf den nächsten klaren Trend warten.

Große Reformen als Konsequenz aus der Krise sind Mangelware

Die orientierungslose Börse gibt uns die Möglichkeit, einen Blick auf die Krise zu werfen. Die Lehman-Pleite als Symbol der Finanzkrise erlebte im September den ersten Jahrestag. Welche Konsequenzen wurden gezogen? Die betrübliche Antwort: Der ganz große Wurf ist ausgeblieben. Der Reformeifer schläft schon wieder ein. Auch wenn es hart klingt: Vielleicht kam die Wende an den Finanzmärkten im März 2009 zu früh.

Sichtbar werden die neuen Regeln fast nur bei den Banken, die Staatshilfen erhalten haben. Hier darf der Staat mitreden. Boni wurden gestrichen, Gehaltsobergrenzen eingeführt und die verschachtelten Strukturen sollen aufgelöst werden (Stichwort: Aufspaltung ING in Bank und Versicherung). In Großbritannien will der Staat die heimische Bankenbranche neu ordnen und mehr Wettbewerb fördern.

Allerdings habe ich den leisen Verdacht, dass der plötzliche Reformeifer damit zusammenhängen könnte, dass die aktuell schwächelnde Regierung das Thema “Banken und Banker” als letzten Rettungsanker im Wahlkampf betrachtet. Aber egal! Kommt es zu einer Neuordnung der britischen Bankenbranche, könnte das ein sehr interessantes Versuchslabor werden.

Deutschland: Commerzbank am Staatstropf, Deutsche Bank im Kauf-Rausch

In Deutschland ist die Wahl dagegen schon gelaufen. Große Veränderungen erwarte ich daher nicht mehr. Speziell in der Bankenbranche sind die Karten klar verteilt. Die Commerzbank ist mit dem Krisenmanagement bei der Dresdner Bank und der Eurohypo vollkommen ausgelastet.

Zeitgleich kauft sich die Deutsche Bank in der Krise munter ein kleines Banken-Imperium zusammen. Sal. Oppenheim wurde geschluckt, die Postbank wird übernommen, in den Niederlanden will die Bank durch Zukäufe wachsen und auch in Italien soll es Übernahmekandidaten geben.

Während bei der Commerzbank aufgrund der Staatshilfe die Gehaltsobergrenze greift, verzichtete Josef Ackermann freiwillig auf seinen Bonus. Eine wirkliche Neuordnung der Entlohnungssysteme ist aber (noch) nicht in Sicht.

BMW nutzt den Reformstau und erntet die positiven Schlagzeilen

In diese Lücke stößt ausgerechnet der konservative BMW-Konzern. Der Autobauer will freiwillig sein Gehaltsmodell umbauen und feste Grundsätze aufstellen. So sollen zukünftig die Spitzenverdiener bei BMW maximal 25-mal so viel verdienen wie ein Arbeiter. Da der Durchschnittsverdienst bei BMW bei 40.000 Euro liegt, würde das eine Obergrenze von 1 Mio. Euro pro Jahr bedeuten. Die Vorstandsmitglieder müssen also auch zukünftig nicht am Hungertuch nagen.

Über den Faktor 25 lässt sich dann auch streiten. Das ist üppig. Ein Faktor 15 bis 20 würde die Akzeptanz wahrscheinlich noch steigern. Aber noch wichtiger als die absolute Höhe ist der zukünftige Effekt: Die Lohnschere öffnet sich nicht noch weiter. Fließbandarbeiter und Vorstandsmitglieder erhalten zukünftig im Gleichschritt Lohnanpassungen.

Gehaltsobergrenze: Es wird keine Massenflucht der Manager geben

Damit wird ein Trend gestoppt, der seit etwa 20 Jahren zu beobachten ist: Während die Arbeitnehmer oft mit kleinen Erhöhungen abgespeist wurden, gab es bei Vorstandsmitgliedern den großen Schluck aus der Pulle. Begründet wurde das fast immer damit, dass der Vorstand mit Geldgeschenken an das Unternehmen gebunden werden muss.

In 9 von 10 Fällen war die Begründung natürlich lächerlich. Können Sie 10, 5 oder auch nur 3 deutsche Spitzenmanager aufzählen, die in den USA Führungspositionen bekleiden? Mir fällt spontan Klaus Kleinfeld ein, der den Aluminium-Riesen Alcoa führt. Sein Wechsel von Siemens zu Alcoa hatte jedoch nicht unbedingt finanzielle Gründe. Nach der Schmiergeldaffäre bei Siemens konnte Kleinfeld eine Luftveränderung gut gebrauchen.

Deutsche Banker oder Manager sind sicherlich nicht die absoluten Top-Favoriten, wenn in den USA oder in anderen Ländern Spitzenpositionen zu vergeben sind. Und Manager, die ein Jahresgehalt, das 25-mal so hoch ist wie ein Durchschnittsgehalt, als persönliche Beleidigung empfinden und deshalb kündigen, hängen ohnehin nicht mit sehr viel Herzblut am Unternehmen.

In der Krise alte Verhaltensweisen kritisch hinterfragen

BMW hat mit dem neuen Entlohnungsvorschlag einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Ohne Finanzkrise würden wir heute über ein solches Thema nicht einmal diskutieren. Jede Krise hat daher auch positive Folgen.