Zypern: Neue Stufe der Eskalation erreicht – und die „eigene Nase“ bleibt dabei nicht ganz fern!

Die Pleite Zyperns und die Maßnahmen, die ergriffen werden sollen um das Land zu retten haben nun eine neue Stufe der Eskalation in der europäische Schuldenkrise erreicht. Dadurch, dass Spareinlagen der kleinen Sparer nun anteilig genutzt werden soll(t)en um die finanzielle Krise der zypriotischen Banken, sowie der Staatsverschuldung zu lindern ist ein neues Ausmaß an Mitteln gegen die aktuelle und akute Krise erreicht worden. Auch wenn Präsident Anastasiades direkt klarstellte, dass Spareinlagen unter 20.000€ (Merkel plädiert für Einlagen erst über 100.000€) nicht angefasst werden sollten tobt mittlerweile ein Proteststurm durch die Straßen von Nikosia.

Hauptsächlich entlädt sich der Frust der Einwohner Zyperns auf die Troika und allen voran natürlich, wie soll es anders sein, mal wieder gegen Angela Merkel sowie Finanzminister Wolfgang Schäuble. Beide hatten bekundet, dass zur Rettung des Landes und für den Erhalt von Hilfsmaßnahmen der EU ebenso eine Eigenleistung erbracht werden muss. Schäuble bezifferte diese auf ca. 7 Mrd.€!

Ebenso entlud sich die Wut gestern in den Aussprachen zur Abstimmung im zypriotischen Parlament. Fast geschlossen wurde auch hier gegen, vor allem die deutsche Regierung mit Ihren Auflagen gewettert. Daher fragt man sich warum die Politiker im kleinen Inselstaat, der gerade mal die Hälfte der Bremer Wirtschaftsleistung erbringt, nicht auch anfangen vor der eigenen Tür zu kehren und im eigenen Land nach Ursachen zu forschen. Getreu dem Motto „lieber stehend zu sterben als kniend zu leben“ hat auch das Ergebnis der Abstimmung von gestern Abend gezeigt, dass sich niemand den Forderungen der EU beugen will. Eine stolze Einstellung, die am Ende jedoch zum Negativen führen könnte.

Hier tut sich nun jedoch die Frage auf, ob sich Zypern damit nicht selber ein Bein stellt. Im Falle, dass die beiden größten Banken, die „Bank of Cyprus“, sowie die „Cyprus Popular Bank“ insolvent gehen, was momentan als sehr wahrscheinlich gilt, stehen die Chancen für Spareinlagen um ein vielfaches schlechter. In diesem Falle gehören die angesparten Beträge der zypriotischen Bevölkerung zur Gläubigermasse und ein Ausfall um ein vielfaches wäre sicher. Der Hintergrund einer Rettung wäre u.a. also auch der Schutz der Spareinlagen.

Nimmt man sich nun noch die Gründe für die aktuelle Lage Zyperns, muss man feststellen, dass viele Probleme hausgemacht sind. So hat der vorherige kommunistische(!) Präsident eine zu riskante Politik im Finanzsektor gefahren. Des Weiteren gibt es Zustände unter den Steuereinnahmen, die zu den attraktivsten der Eurozone gehören. Somit hat Zypern (zusammen mit Bulgarien) zum Beispiel die geringste Besteuerung von Unternehmen mit lediglich 10%. Es gäbe also genügend Stellschrauben um die Einnahmen im eigenen Land auf Vordermann zu bringen.

Daher bin Ich mir auch sicher, dass Zypern am langen Ende keine Wahl hat auf Kompromisse der Troika (Zusammenschluss aus EU, IWF und EZB) einzugehen, da nicht wirklich ein Druckmittel zur Verhandlung vorliegt. Zypern, wie bereits beschrieben, ist von seiner wirtschaftlichen Leistung her unbedeutend für die EU und ein Ausschluss des Landes würde wirtschaftlich keine großen Spuren hinterlassen. Lediglich in Grundsatzfragen würde es für Einfluss sorgen, da wieder einmal klar wird, dass eine gemeinsame Währung nur schwer mit einer gemeinsamen Währungspolitik einhergeht. Jedoch auch die Börsen zeigen sich unbeeindruckt, die trotz der ungewissen Lage mit einem steigenden Euro von aktuell +0,7% sowie EuroStoxx50 mit momentan +1,1% zulegen können.

Die Einschätzung geht also dahin, dass Zypern nachgeben wird, sei es vor den Russen oder der Troika. Ist dies nicht der Fall und Zypern verlässt die Währungsunion sehe auch ich keinen großen Einfluss auf die Entwicklung der Märkte. Vielleicht sogar eine Chance für das Land selbst, da mit einer eigenen, dann deutlich abgewerteten, Währung das momentan schwache Exportgeschäft neu anziehen könnte und die stärkste Branche, der Tourismus, deutlich wachsen wird. Jedoch wird auch der aktuellen Regierung nichts anderes übrig bleiben als strukturelle Probleme im Land anzugehen und anzufangen „sich an die eigene Nase zu fassen“.

Ihr Andreas Meyer

Andreas Meyer ist momentan Student der „Internationalen Betriebswirtschaftslehre“ in Frankreich und beschäftigt sich bereits seit seinem 16. Lebensjahr mit dem weltweiten Börsengeschehen. Er konnte bereits professionelle Erfahrungen im Derivategeschäft, sowie Asset Management sammeln und hat im März 2012 mit der Gründung der Firma „A.M. Capital Research“ den Weg in die Selbstständigkeit angetreten.