Schlussgong: Thomas Mayer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, spricht von Staatsbankrott und Inflation

Am letzten Handelstag der Woche gab es den ersten Aufreger am Aktienmarkt: Nach der Veröffentlichung der neuen US-Arbeitsmarktdaten rauschte der DAX innerhalb weniger Minuten um über 1% in die Tiefe und sackte deutlich unter die Marke von 6.000 Punkten.

Als die Investoren in Europa dann jedoch registrierten, dass die US-Börse die schwachen Konjunkturdaten fast vollständig ignoriert, sprangen auch die Kurse in Europa wieder auf das alte Niveau. Der DAX ist sogar mit einem kleinen Plus ins Wochenende gegangen.

Die Schwankungen werden an der Börse wieder zunehmen

Die Seitwärtsbewegung ist aber nur die Ruhe vor dem Sturm. Schon in der nächsten Woche erwarte ich von einigen Unternehmen die ersten Vorabzahlen für das Geschäftsjahr 2009 und Ausblicke auf die Perspektiven 2010. Dann wird die Schwankungsstärke schlagartig zulegen.

Die Marktteilnehmer scheinen sich aber ein dickes Fell zugelegt zu haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass es heute kaum Reaktionen auf ein bemerkenswertes Interview gab, dass Thomas Mayer, der neue Chefvolkswirt der Deutschen Bank, dem Handelsblatt gab. Der Nachfolger des charismatischen Norbert Walter forderte die Staaten auf, die Haushalte zu sanieren. Die düstere Vorahnung von Mayer: „Tun die Industrieländer das nicht, droht ihnen über kurz oder lang die Insolvenz.“

Der neue Chefvolkswirt der Deutschen Bank sorgt für Schlagzeilen

Starker Tobak! Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank spricht ganz offen von Staatsbankrott. Der Hinweis auf die Industrieländer unterstreicht, dass Mayer nicht Problemstaaten in Asien, Lateinamerika oder Afrika anspricht, sondern die „Dickschiffe“ der Weltwirtschaft. Keine rosigen Aussichten.

Von Norbert Walter waren wir sehr markige Worte gewohnt. Der Ex-Chefvolkswirt war ein unabhängiger Querdenker, der ganz gerne für Schlagzeilen gesorgt hat. Mayer gilt dagegen als ein ruhiger Stratege. Wenn er jetzt öffentlich vor der Insolvenz von Industriestaaten warnt, ist es 5 vor 12. Hoffentlich nicht noch später.

Japan und Großbritannien: Ausweg Inflation

Das Interview von Mayer wird in den nächsten Tagen noch für Gesprächsstoff sorgen. Sehr interessant war auch die Passage, wo er Ross und Reiter nennt. Besonders kritisch sei die Lage in Japan und Großbritannien. Auf die Frage, was in diesen beiden Ländern im Notfall passieren könnte, hatte Mayer eine sehr kurze und direkte Antwort: „Die Entwertung der Staatsschuld durch Inflation.“

Das ist exakt der Punkt, den ich gestern im Schlussgong angesprochen habe. Viele Probleme lassen sich im Prinzip nur noch „weginflationieren“. Egal, ob es sich um Löcher in der Pensionskasse, oder um die dramatische Staatsverschuldung handelt, ein anderer „Ausweg“ als Inflation ist kaum noch in Sicht (ein echter Ausweg ist das nicht, da Sparer und Bezieher von Geldleistungen indirekt enteignet werden). Alternativ müssten unsere Regierungen und Notenbanken über Nacht zu soliden Musterschülern werden und die Haushalte und Währungen sanieren. Der Glaube daran fehlt mir aber.

Die Konsequenz kann nur lauten: Stellen Sie sich auf steigende Inflationszahlen ein. Investieren Sie in Sachwerte und meiden Sie Staatsanleihen mit langen Laufzeiten.