FONDS Kongress 2010: Wie man sich als Journalist täuschen kann…

Mensch, habe ich da was geschrieben vorletzte Woche. An dieser Stelle ein ganz großes Entschuldigung. Denn da hatte ich Kleinanlegern empfohlen, auf den FONDS Kongress 2010 nach Mannheim zu gehen. Weil da ja jede Menge Know-how und Experten im Vorfeld angekündigt waren. Nun, die Profis waren alle da. Nur gaben diese keine echten und neuen Infos ab. Die PR-Abteilungen aller Fondsgesellschaften hatten sich wohl abgesprochen – bloß keine Details und bitte erst recht keine genauen Infos. Nicht dass da mal Fondsvermittler (denn für die war der Kongress ja hauptsächlich da, nicht für Kleinanleger – hatte ich auch falsch geschrieben..) gute Infos bekommen und diese dann an den Kunden, sprich uns alle, schön weitergeben könnten. An jedem Stand nur “mainstream”.

Um es klar zu sagen: Dieser FONDS Kongress war aus Verbrauchersicht eine absolute Lachplatte. Auf jeder Internetseite von Fondsgesellschaften, bei jedem noch so kleinen Börsentag in irgendeiner deutschen Stadt bekomme ich als Anleger und auch als mittlerweile seit 10 Jahren im Geschäft tätiger Journalist mehr Infos zu Produkten, als bei diesem Kongress. Das Schlimme: Die “Profis”, sprich die Fonds- und Finanzvermittler, die Jungs mit dem wichtigen 34er Paragraph, bekamen auch nicht mehr Infos. Stattessen geht man da mal kurz an die Stände, nimmt sich ein paar Factsheets (die gleichen, die man im Internet bestellen kann) und damit geht man dann nach Hause und berät den Kunden “vor Ort”.

Ich war wirklich nach Mannheim gekommen, um Know-how und Trends mir anzuhören. Stattdessen präsentierten sich die Stars der Szene entweder mit Sprachproblemen, alten Präsentationen oder Aussagen, die schon seit sechs Monaten bekannt sind – Ausnahmen gab es natürlich. Mein persönlicher Guru Marc Faber zum Beispiel. Der nimmt kein Blatt vor den Mund, super.

Aber es gab doch sehr komische “Podiumsdiskussionen” wie beispielsweise die von AGI – Allianz Global Investors, eine Fondsgesellschaft, die ich bis dato für sehr gut hielt. “Wie aus Fakten Erfolge werden”, moderiert von “Mrs n-tv” Carola Ferstl. Die liebe Kollegin war wohl nicht soooo gut eingestellt auf den Kongress, hatte das Event wohl mit der Stuttgarter INVEST verwechselt.. Denn Sie sprach die ganze Zeit von “hier sitzen ja doch alles Privatanleger – was würden Sie denen denn empfehlen?” Hallo? Da saßen ausschließlich FONDS-Vermittler, Experten – und keine Rentner wie am Sonntag einer INVEST im Stuttgart, die auf Freibier und kostenlose Kugelschreiber aus sind! Aber genau auf diesem Niveau war diese besagte “Diskussion”. “Sie erhalten tiefgehende Einblicke in die tägliche Analyse-Arbeit der Investment-Spezialisten von AGI”, hieß es im Programm. Die gab es dann auch. Zitat: “Unser Job macht nicht nur Spaß, er ist auch anstrengend.” Ach ehrlich? Also nach dieser “Diskussion” hatte ich so meine Zweifel…

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Die “Top-Veranstaltung”, bei der ich als Finanz- und Wirtschaftsjournalist dann meinen Glauben (fast) verloren habe, gab es von Jung, DMS & Cie, einer der bekanntesten Maklerpools im deutschsprachigen Raum. Ich glaube, dem ehrenwerten Referenten war es wohl nicht so bewusst – oder egal, dass neben der “Szene” der Fonds- und Finanzvermittler, auch Journalisten und der einer oder andere Privatanleger auf diesem Kongress zugegen sein könnte.  Die Aussage, dass “die Ängste und Nöte der privaten Anleger die schönsten Anlagemöglichkeiten und Vermittlungen mit sich bringen” sagt eigentlich schon alles. Es sagt mir, dass nach Lehman, Finanzkrise, den zu Unrecht verteufelten Derivate-Produkten und dem ganzen scheinheiligen Gerede um “Beratung” es in der Szene nur um eines geht: Um die eigenen Prozente bei einem Vermittlungsauftrag.

Ich habe auf diesem Kongress in den zwei Tagen nicht selten die Aufforderung vieler Referenten gehört, “ja das Beratungsprotokoll gut und ordentlich auszufüllen”. Aber nicht des Kunden wegen, nein wegen der eigenen Sicherheit, “schließlich haben wir über 90% der Klagen gewonnen, wo es Beratungsprotokolle gegeben hat, beim Rest sieht es mau aus”, so ein Spruch eines Referenten… Bei dem besagten Jung-Vortrag mit dem schönen Titel “Markttrends 2010 – mehr Neugeschäft” wurde dem anwesenden Fondsvermittler auch die Idee nahegebracht, doch auch im Bereich der PKVs und vor allem im Zahnzusatzgeschäft tätig zu werden. Nicht zu vergessen auch die Idee, Strom-Tarife zu vermitteln. Cool – eben mehr Neugeschäft, aber was hat das mit Fonds zu tun…?

Das Schlimme für mich nach dem FONDS Kongress: Mehrere Erkenntnisse, die nicht schön sind. Zum einen die Erkenntnis, dass da draußen unverändert Menschen umherlaufen mit dem besagten 34er Paragraphen, die aber genauso (wenig/viel) Ahnung haben von Finanzen wie ein langjähriger Wirtschaftsjournalist- nur ohne 34er Paragraph. Die zweite Erkenntnis: Ich dachte, es hat sich wirklich etwas geändert nach Lehman und der Finanzkrise. Allein in Sachen Kundensicherheit. Ich weiß jetzt aber, dass diese Beratungsprotokolle eigentlich einmal mehr den Kunden nur verarschen. Es geht primär nicht um ihn, sondern um die (Ab-)sicherung des Beraters. Ich war da wohl naiv bisher. Schön ist es aber zu wissen, dass es gewiss auch gute Jungs gibt – ich möchte nämlich nicht alle Besucher und Vermittler auf dem FONDS Kongress in eine Schublade stecken. Doch wie bei so vielem im Leben. Man(n) muss suchen – und das kann dauern. Auch bei einer guten Beratung…