Schlussgong: Aktienmärkte orientierungslos – nutzen Sie Sondersituationen wie Squeeze-out

Die europäischen Aktienmärkte lagen am letzten Handelstag der Woche lange Zeit deutlich im Plus. Mit einem Tageshoch von 5.989 Punkten scheiterte der DAX nur ganz knapp an der 6.000-Punkte-Marke.

Doch am Nachmittag nahmen die Investoren die Gewinne mit und drückten die Kurse wieder Richtung Vortagesniveau. Auslöser für die Verkaufswelle waren schwache Konjunkturdaten aus den USA. Einige Anleger zeigten sich überrascht, dass das Konsumklima leicht von 73,6 auf 72,5 Punkte gesunken ist.

Ich frage mich: Woher sollte der Optimismus der US-Konsumenten kommen? Bei einer offiziellen Arbeitslosenquote von knapp 10% und inoffiziell rund 17% wäre eine Partystimmung sehr verwunderlich. Da die Aktienmärkte aktuell keinen klaren Trend vorgeben, können Sie sich stärker auf Sondersituationen wie Squeeze-Out-Verfahren konzentrieren.

Allianz und Münchener Rück machen es vor

Bereits vorgestern hatte ich hier im Schlussgong über die Veränderungen in der deutschen Finanzbranche geschrieben. Die Allianz und auch die Münchener Rück nutzen die Finanzkrise, um die Strukturen zu vereinfachen und nehmen börsennotierte Tochtergesellschaften wie Allianz Leben und jetzt ganz aktuell Ergo vom Kurszettel.

Ich habe bei dieser Gelegenheit auch von einem „Squeeze Out“ gesprochen. Da mich gleich mehrere Schlussgong-Leser um genauere Informationen hierzu gebeten haben, möchte ich Ihnen heute eine kurze Erklärung dazu liefern.

Das „Herausquetschen“ der Aktionäre

„Squeeze Out“ bezeichnet den Ausschluss von Minderheitsaktionären. Falls ein Investor mindestens 95% der Aktien eines Unternehmens besitzt, kann er von den verbliebenen Anteilseignern die restlichen Aktien verlangen. Egal, ob ein Aktionär verkaufen will oder nicht – seine Aktien werden eingezogen. Als Gegenleistung muss der Großinvestor eine „angemessene“ Entschädigung zahlen.

Die Münchener Rück hatte vor der Einleitung des Squeeze-Out-Verfahrens bereits über 99% der Aktien der Ergo Gruppe in ihrem Besitz. Jetzt will die Münchener Rück auf 100% aufstocken, um die Ergo Gruppe in den Mutterkonzern einbauen zu können und um Kosten zu sparen.

Aktionäre gewinnen fast immer

Squeeze Out und auch der deutsche Ausdruck „Herausquetschen“ klingen etwas brutal, aber das Geschäft lohnt sich fast immer für die Aktionäre: Oft wird der maximale Gewinn in 3 Etappen erreicht:

Gewinnstufe 1: Übernahmeangebot

Beim ersten Übernahmeangebot bietet der Großaktionär erfahrungsgemäß einen Aufschlag von rund 30% auf den aktuellen Aktienkurs.

Gewinnstufe 2: Großaktionär treibt durch die Nachfrage den Kurs

Reicht das erste Angebot nicht, um auf 95% zu kommen, sammelt der Großaktionär weitere Aktien am Markt ein und treibt den Kurs noch weiter nach oben. Das ist die zweite Gewinnstufe. Hat der Großaktionär die 95%-Schwelle erreicht, kann er das Squeeze-Out-Verfahren einleiten und muss ein neues Angebot vorlegen. Das fällt oft relativ bescheiden aus, ist aber auch nur das erste Angebot in der „Pokerrunde“. Da im Gesetzestext von einer „angemessenen“ Entschädigung gesprochen wird, ist klar, dass Käufer und Verkäufer verschiedene Ansichten vertreten. Das Mindestgebot der Entschädigung ist der 3 Monats-Durchschnittskurs vor Bekanntgabe des Squeeze Outs.

Gewinnstufe 3: Nachbesserung

Nach dem Squeeze Out gibt es fast immer Klagen gegen den Zwangsausschluss. Entweder entscheidet dann ein gerichtliches Gutachten, oder aber die Verhandlungsparteien einigen sich vorher. Sehr oft erfolgt eine Nachzahlung. Auch hier gibt es einen Erfahrungswert: Die am Ende gezahlte Summe liegt meistens 20 bis 50% über dem Squeeze-Out-Angebot.

Das bedeutet: Oft kann sich auch ein Einstieg noch nach der Bekanntgabe des Squeeze Out lohnen. Sie brauchen nur Geduld, da ein durchschnittliches Squeeze-Out-Verfahren bis zur letzten Einigung mehrere Jahre dauern kann. Erfolgt dann jedoch die Nachbesserung, muss der Großaktionär für den Zeitraum vom Squeeze Out bis zur Einigung üppige Zinsen zahlen.

Musterfall FAG Kugelfischer brachte fast 100% Gewinn

Ein Beispiel, wie ein abgeschlossenes Squeeze-Out-Verfahren aussehen kann, ist der ehemalige MDax-Wert FAG Kugelfischer.

Die Aktie der FAG Kugelfischer AG notierte vor der Bekanntgabe des Übernahmeangebots durch die Schaeffler Gruppe bei knapp 8 Euro. Es folgte ein kräftiger Kurssprung von 50%. Nach einer Erhöhung des offiziellen Angebots auf 12 Euro wurde das Squeeze-Out-Verfahren vollzogen. Die FAG-Aktionäre mussten ihre Aktien für 12 Euro abgeben – und hatten damit seit Beginn des Übernahmeversuchs bereits über 50% gewonnen.

Viele der Aktionäre gaben sich aber damit noch nicht zufrieden und klagten. Nach Beendigung des Abfindungsprozesses wurde das Angebot für alle vom Squeeze Out betroffenen Aktionäre schließlich noch einmal um 25% auf 15 Euro angehoben.

Attraktive Gewinn-Chancen – geringe Risiken

Wer also vor der Übernahme Aktien der FAG Kugelfischer AG besaß, hat sein Geld am Ende fast verdoppelt. Die Anlage-Chance bei Squeeze-Out-Aktien: Die möglichen Gewinne sind attraktiv und gleichzeitig gibt es fast kein Kurs-Risiko mehr, da der Großaktionär die Aktien, die an der Börse angeboten werden, aufsammelt und damit selbst in Crash-Phasen einen stärkeren Abgabedruck verhindert.