Im Fokus: Brenntag, Kabel Deutschland und Tom Tailor – gelingt der Start ins IPO-Jahr 2010?

Die nächsten beiden Wochen werden zeigen, wie stabil der deutsche Kapitalmarkt tatsächlich. Am Montag startet die große IPO-Saison 2010 – wenn nichts dazwischen kommt. Den Anfang macht am Montag (22.3.) der Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland, es folgt am Freitag (26.3.) die Modekette Tom Tailor und schließlich am Montag darauf (29.3.) will der Chemikalienhändler Brenntag den Sprung aufs Parket schaffen. Gelingt auch nur einer dieser Börsengänge, wäre dies der erste Große seit dem HHLA-IPO im November 2007. Alle drei Unternehmen sind i.Ü. auch Aspiranten auf dem MDAX bzw. SDAX. Schon allein daher wäre jede Menge Bewegung vorprogrammiert. Ein Grund mal etwas näher hinzusehen.

Kabel Deutschland lockt vor allem mit der Marktstellung

Die Stimmung für den größten deutschen Kabelnetzbetreiber ist eher durchwachsen. Während bspw. der “Performaxx-Anlegerbrief” empfiehlt die Aktie nicht zu zeichnen, geht nigecus zumindest vom Erfolg des IPO aus. So wird allgemein die fehlende “Equity Story” bemängelt. Zugleich dürfte aber der “Hunger der Märkte” in Form des vielen Geldes für eine erfolgreiche Erstnotierung sorgen.

Allerdings sollte man sich auch die Bilanzen etwas näher ansehen. In der WirtschaftsWoche wies man bereits Anfang März auf die immens hohe Verschuldung hin, die auch durch den Börsengang nicht gesenkt wird, da alles Geld an die bisherigen Eigentümer v.a. den Finanzinvestor Providence fließt. Allerdings wird es weniger sein, als zunächst erhofft. Dieses “Cash-Abgreifen” haben wir nicht ohne Grund in unserem Grundlagen-Artikel IPO und Börsengang – Basiswissen und Hintergründe als Warnsignal bezeichnet.

Punkten kann Kabel Deutschland vor allem mit seiner Marktstellung. Solange die Deutsche Telekom mit ihrem TV per DSL nicht so recht vom Fleck kommt, blickt man bei Kabel Deutschland auf stabile Erträge aus dem Kabel-TV und Internet-Geschäft. Stabile Cash-flows die in unruhigen wirtschaftlichen Zeiten gern gesehen werden. Das ist wohl auch einer Gründe, warum die Aktie schon drei Tage vor Ende der Zeichnungsfrist komplett gezeichnet war – so zumindest die FTD. Man kann also davon ausgehen, dass der Börsengang gelingt. Wahrscheinlich reicht es auch für eine baldige MDAX-Aufnahme – je nach Kursverlauf. Kleinanleger sollten sich aber erst dann mit der Aktie näher befassen. Dann dürfte vor allem klar sein, wohin die Reise beim Thema Verschuldung geht.

Mehr Informationen zum IPO unter www.kabeldeutschland.com

Tom Tailor bringt Farbe an die Börse

Nach der Insolvenz von Escada war es im Modebereich der Börse doch etwas still geworden. Dies will nun die Modekette Tom Tailor ändern. Der SDAX-Aspirant soll ebenfalls aus den Händen der Finanzinvestoren Alpha Groupe und Morgan Finance in die Freiheit entlassen werden. Angesichts seiner Größe und seiner Branche dürfte das Unternehmen am ehesten Kleinanleger begeistern.

Interessant ist hier vor allem die angestrebte Wachstums-Story und die Dividendenphantasie. Axel Rebien, der Finanzchef von Tom Tailor, erklärte gegenüber der Börsen-Zeitung: “Wir können uns vorstellen, 2011/12 etwa 30 bis 40 Prozent des Gewinns auszuschütten.” Zudem soll der Anteil des Streubesitzes nach dem Börsengang mind. 60 Prozent betragen. Da derzeit aber auch noch keine genauen Preise feststehen wird man wohl auch mit Argus-Augen auf den Einsteiger Kabel Deutschland schauen. Alles in allem ein durchaus würdiger Börsenaspirant.

Mehr Informationen zum IPO unter ir.tom-tailor.com.

Brenntag sorgt für gespannte Neugier

Mit Brenntag strebt ein weitgehend unbekanntes Unternehmen an die Börse. Es handelt sich jedoch immerhin um den Weltmarktführer in der Chemiedistribution. Also durchaus börsenwürdig. Brenntag-Chef Stephen Clark erklärte in der Börsen-Zeitung das Geschäftsmodell mit den Worten: “Wir haben ein stabiles Geschäftsmodell, das weitgehend unabhängig ist von der zyklischen Chemieindustrie.” Aufgrund der Größe des IPO bewirbt sich die Aktie auch gleich für den MDAX. Somit könnte der MidCap-Index um einen interessanten Chemie-Titel reicher werden. Denn mit dem eingenommen Geld will man vorrangig seine Marktposition global ausbauen und Wachstumschancen besonders in Asien, Lateinamerika und Osteuropa nutzen.

Zudem lockt auch eine Dividende. Ähnlich wie Tom Tailor will man 30 bis 45 Prozent des Nettogewinns ausschütten. Positiv ist zudem, dass das Geschäft als nicht-zyklisch für einen stabilen Cash-flow sorgt. Nachdem nun auch Alteigentümer BC Partners weniger Aktien auf einmal loswerden will, dürfte Brenntag das interessanteste IPO vor Ostern sein. Das Handelsblatt verweist zudem auf die lange Erfahrung des Managements:

Von Seiten der Investoren, bei denen das Management bereits in den vergangenen Wochen auf Roadshow war, sind die Reaktionen durchaus wohlwollend. Weil die aktuelle Marktlage allerdings eher den Käufern in die Karten spielt, übt man sich dort offiziell in Zurückhaltung. Hinter vorgehaltener Hand lobt so mancher Fondsmanager indes die Solidität des Geschäfts, die übersichtliche Verschuldung und die große Erfahrung des langjährigen Managements.

Kleinanleger sollten aber auch hier den Börsengang von Kabel Deutschland abwarten und dann sich für oder gegen eine Zeichnung entscheiden. Die Zeichnungsfrist läuft ja voraussichtlich bis zum 26. März. Und bis dahin kann man auch in Ruhe entscheiden, ob die Preisspanne von 46 bis 56 Euro wirklich ausgeschöpft werden sollte oder nicht. Je nach Börsenumfeld, kann man nach erfolgreichem IPO, noch günstiger einsteigen.

Mehr Informationen zum IPO unter brenntag.com.

FAZIT

Alle drei Börsengänge dürften nach jetztigem Anschein stattfinden. Der unsicherste Kandidat Kabel Deutschland scheint schon “eingetütet” zu sein – ein gutes Zeichen. Je nach dem, wie die Erstnotiz am Montag ausfällt sollte man sich auch die anderen beiden Aktien genau anschauen. Zeichnungsgewinne müssen ja nicht unbedingt an institutionelle Anleger verschenkt werden, wenn man schon mal wieder die Möglichkeit dazu hat. So oder so bekommt die deutsche Börsenlandschaft durch die drei Neuemissionen interessante neue Gesichter. Und davon lebt schließlich ein attraktiver Aktienstandort. Ein positiver Auftakt vor Ostern würde damit auch anderen Unternehmen signalisieren, dass die Kapitalbeschaffung in Deutschland auch durchaus wieder über die Börse erfolgen kann. Gerade in Zeiten von Kreditzurückhaltung durch die Banken – eine Kreditklemme wird ja von Banken immer negiert – könnte hier ein spannendes neues Finanzierungsfeld eröffnet werden. Man muss ja nicht gleich zu Zeiten des Neuen Marktes zurückkehren…