Schwellenländer – Eine echte Chance oder nur wieder ein Modethema?

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BRIC oder BRICS, MIST und die NEXT ELEVEN (N-11). Auch wenn Anleger bei der Vielzahl an Bezeichnungen und Einteilungen für die aufstrebenden Volkswirtschaften der Erde manchmal ziemlich durcheinanderkommen, kann man eines relativ sicher behaupten: Die ganz großen Wachstumschancen liegen zum Teil in den Schwellenländern. Wir geben EINBLICKE – es lauern auch einige Fallen.

Immer noch sehr beeindruckend

Lange Zeit konnte man sich darauf verlassen, dass die chinesische Wirtschaft im zweistelligen Prozentbereich wächst und damit gleichzeitig als Wachstumsmotor der gesamten Weltwirtschaft fungiert. Diese Zeiten sind vorbei. Das Aushängeschild der Emerging Markets musste zuletzt mit deutlich geringeren Wachstumsraten vorliebnehmen. Mitte 2015 und Anfang 2016 reagierten Börsianer weltweit sehr nervös. Sie befürchteten eine so genannte harte Landung und damit einen abrupten Abfall des Wirtschaftswachstums. Allerdings scheinen sich die Sorgen als übertrieben herausgestellt zu haben. Schließlich will die Pekinger Regierung, gemessen am Wert aus dem Jahr 2010, bis 2020 eine Verdopplung des Pro-Kopf-Einkommens bewerkstelligen. Dafür soll die durchschnittliche BIP-Wachstumsrate bis zum Ende dieses Jahrzehnts bei mindestens 6,5 Prozent liegen. Von einem solchen Wert können die Industriestaaten nur träumen. Außerdem soll der Konsum in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt angekurbelt werden, so dass man sich nicht mehr nur auf den Export verlassen muss. Gleichzeitig zeigte sich die Zentralregierung zuletzt immer wieder bereit einzugreifen, wenn die Konjunktur gestützt werden sollte.

Politische Dimension

Neben China machten viele weitere Schwellenländer von sich reden. Im Allgemeinen zeichnen sich Emerging Markets durch ein hohes Wirtschaftswachstum, eine geringe Staatsverschuldung und eine junge Bevölkerung aus. Daher haben viele Investoren die Emerging Markets für ihre Portfolios entdeckt. Damit die Erfolgsgeschichte der Schwellenländer für Investoren noch besser greifbar werden konnte, war es Jim O’Neill, damals Chefvolkswirt der US-Investmentbank Goldman Sachs, der die Abkürzung BRIC vor fast sechzehn Jahren berühmt machte. Die vier Buchstaben stehen für die vier Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien und China, denen O’Neill unter den Schwellenländern damals die größten Wachstumschancen und eine zukünftig führende Position in der Weltwirtschaft bescheinigte. Von da an stand dieses Akronym stellvertretend für den wirtschaftlichen und politischen Aufstieg der Schwellenländer. Nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung wurde zu einem Erfolg, sondern auch die verschiedenen Anlage-Vehikel wie Investmentfonds oder Exchange Traded Funds (ETFs), die sich der Investition in diese Volkswirtschaften verschrieben hatten. Heutzutage hat das Akronym BRIC sogar eine enorme politische Dimension. Zuletzt wurde Südafrika in diesen Kreis aufgenommen. Die BRICS sollen eine Art Gegengewicht zu Europa und den USA auf der weltpolitischen Bühne darstellen.

Die BRICS sollen eine Art Gegengewicht zu Europa und den USA auf der weltpolitischen Bühne darstellen

Nicht nur hausgemachte Probleme

Die Geschichte der BRICS-Staaten verlief zuletzt jedoch alles andere als reibungslos. Neben weltpolitischen Ereignissen, einer Finanz- und Wirtschaftskrise sowie der Euro-Krise waren es in vielen Fällen auch hausgemachte Probleme, die dazu führten, dass die BRICS etwas von ihrem früheren Glanz verloren haben. An erster Stelle ist natürlich die geringere Wachstumsdynamik der chinesischen Volkswirtschaft zu nennen. Das schwächere Wirtschaftswachstum färbt auch auf die anderen Schwellenländer ab, vor allem in Asien. Aber auch Indien, Russland, Südafrika oder Brasilien hinken mit ihrer wirtschaftlichen Entwicklung den hochgesteckten Zielen von früher hinterher. Russland kamen in den vergangenen Jahren die Ukraine-Krise und das abgekühlte Verhältnis zum Westen mit den auferlegten Sanktionen in die Quere. Außerdem machte dem flächenmäßig größten Land der Erde der seit Mitte 2014 am Boden liegende Ölpreis zu schaffen. In diesem Fall machte sich die große Rohstoffabhängigkeit der Wirtschaft negativ bemerkbar. Der Rubel erlebte eine beispiellose Talfahrt. Die Wirtschaft rutschte in die Rezession. 2015 schrumpfte das BIP um 3,7 Prozent. Wenigstens konnte zum Jahresende 2016 eine Stabilisierung festgestellt werden. Auch Brasilien leidet unter den niedrigen Rohstoffpreisen. Südafrika wurde wiederum von mehreren Korruptionsaffären heimgesucht. Diese haben das Vertrauen in die Regierung der größten Volkswirtschaft auf dem afrikanischen Kontinent erschüttert.

Gehört MIST die Zukunft?

Aufgrund des bröckelnden Glanzes der BRICS-Staaten haben sich Investoren in den vergangenen Jahren auf die Suche nach den neuen Stars unter den Emerging Markets gemacht. Bekanntheit haben zuletzt beispielsweise die so genannten MIST-Staaten oder die NEXT ELEVEN erlangt. Da man in der Finanzwelt sehr gerne mit markanten Begriffen oder Abkürzungen hantiert, bot es sich an die zukünftigen Stars unter den Schwellenländern ebenfalls unter einprägsamen Begriffen zusammenfassen. Dabei ist die Abkürzung MIST gerade für den deutschsprachigen Raum sehr unglücklich gewählt. Diese vier Buchstaben stehen für die vier Volkswirtschaften Mexiko, Indonesien, Südkorea und die Türkei. Die Frage nach den zukünftigen Wachstumschancen der MIST-Staaten kann jedoch nicht für die Länder-Gruppe als Ganzes beantwortet werden, da ihre Mitglieder alles andere als homogen sind. Beispielsweise ist bereits die Zusammenstellung dieser Gruppe fragwürdig, da Südkorea heutzutage eher zu den Industriestaaten zu zählen ist als zu den Schwellenländern. Das Land hat mit seiner alternden Bevölkerung und dem schwächer werdenden Wirtschaftswachstum immer mehr Merkmale westlicher Industriestaaten aufzuweisen. Zu den NEXT ELEVEN zählen wiederum die vier MIST-Länder, außerdem kommen Ägypten, Bangladesch, Iran, Nigeria, Pakistan, die Philippinen und Vietnam hinzu. Auch sie sollen eines Tages in die Fußstapfen der BRICS treten.

Zu den NEXT ELEVEN zählen wiederum die vier MIST-Länder, außerdem kommen Ägypten, Bangladesch, Iran, Nigeria, Pakistan, die Philippinen und Vietnam hinzu

Höhere Schwankungsbreite

Auch wenn Themen wie BRICS, MIST oder NEXT ELEVEN an den Aktienmärkten einmal mehr als große Investmentideen gefeiert werden, ist es fraglich, ob sich auch Kleinaktionäre gleich auf sie stürzen sollten. Allgemein ist festzuhalten, dass die Ausschläge an den Aktienmärkten der Schwellenländer in der Regel wesentlich höher ausfallen als an den Märkten in den USA oder in Europa. Dies hat sich sowohl bei den jüngsten Aufschwüngen, aber dann auch bei den Abschwüngen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers oder den Turbulenzen infolge der Euro-Krise und später nach der Brexit-Abstimmung sowie nach der überraschenden Wahl des Immobilienmoguls Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA gezeigt. Daneben ist die Gefahr einer hohen Inflation in den Schwellenländern deutlich höher. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist diese Gefahr zwar nicht extrem hoch, allerdings könnten bei einem entsprechend auf viele Jahre und Jahrzehnte angelegten Anlagehorizont auch die Themen wie steigende Zinsen wieder auf die Tagesordnung zurückkehren. Sollte der weltweite Konjunkturmotor wieder anspringen und die Schwellenländer stärker wachsen, könnten Überhitzungstendenzen in den Schwellenländern auch für Investoren eine Gefahr darstellen.

Nicht nur Modeerscheinungen folgen

Außerdem ist es gerade bei wenig entwickelten Volkswirtschaften zu beobachten, dass ein großer Teil des Einkommens der Bevölkerung für landwirtschaftliche Rohstoffe und Nahrungsmittel verbraucht wird. Wenn dann die weltweiten Nahrungsmittelpreise anziehen sollten, wirkt sich dies vor allem in den Schwellenländern preistreibend aus. Zumal sie ohnehin ein größeres Bevölkerungswachstum vorzuweisen haben. Eine solche Entwicklung kann inflationstreibend sein. Um einer höheren Inflation zu begegnen, könnten die regionalen Zentralbanken versucht sein die Leitzinsen zu erhöhen, was sich letztlich negativ auf das Investitionsverhalten und das Wirtschaftswachstum dieser Länder auswirken würde. In einem solchen Fall könnte die Erfolgsgeschichte der Schwellenländer in Gefahr geraten. Im speziellen Fall der MIST-Staaten bietet es sich an die möglichen Chancen und Risiken von Investitionen in diesen Staaten einzeln zu betrachten, da sie teilweise deutliche Unterschiede aufweisen. Aufgrund dieser Heterogenität sollte man als Investor weniger einer weiteren Modeerscheinung folgen und die Volkswirtschaften daher nicht nur aufgrund einer schön klingenden Abkürzung untrennbar voneinander betrachten.

Große Herausforderungen

Auch wenn die BRICS-Staaten etwas von ihrem alten Glanz verloren haben, sind die MIST-Länder nicht in der Lage ihre beeindruckende Wachstumshistorie einfach fortzuführen. Auch sie haben mit eigenen Problemen zu kämpfen. Mexiko ist die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Zuletzt reichte es jedoch gerade einmal zu einem Wirtschaftswachstum von etwas mehr als 2 Prozent. Gleichzeitig hat das Land mit dem Drogenkrieg und der Korruption zu kämpfen. Außerdem wird die Wirtschaft von staatlichen und privaten Monopolen bestimmt. Genauso zeichnet Mexiko eine enge Verbundenheit zu der US-Wirtschaft aus, was in Aufschwung-Phasen verstärkend wirken kann. Jedoch könnte ein Rückgang bei der Wachstumsdynamik der US-Wirtschaft ebenso negative Effekte für die mexikanische Konjunktur mit sich bringen. Und dann bleibt natürlich die Unbekannte Donald Trump. Der Immobilienmogul gewann überraschend die US-Präsidentschaftswahlen. Zu seinen wichtigsten Themen gehörten die Abschottung gegenüber dem südlichen Nachbarn, das Halten von US-Jobs, die sonst nach Mexiko ausgelagert worden wären oder das in seinen Augen für die USA nachteilege Freihandelsabkommen NAFTA. Gründe, warum der mexikanische Peso als Reaktion auf die Wahl Trumps gegenüber dem US-Dollar auf ein Rekordtief rutschte.

Aushängeschild unter Druck

Auch im Fall der anderen MIST-Staaten kann man nicht behaupten, dass zuletzt alles rund gelaufen sei. Südkoreas Wirtschaft hat ein Niveau erreicht, von dem aus keine hohen einstelligen Wachstumsraten wie in den Schwellenländern zu erwarten sind. Vielmehr ist das Land in vielen Punkten eher zu den Industriestaaten zu zählen. Dies zeigt sich zum Beispiel an einer alternden Bevölkerung. Darüber hinaus hat auch Südkorea mit einer weitreichenden Korruptionsaffäre zu kämpfen, während das Aushängeschild der südkoreanischen Wirtschaft, der Elektronikkonzern Samsung, zuletzt mit brennenden Akkus bei einem seiner Vorzeige-Smartphones zu kämpfen hatte und daher das Land nicht würdig vertreten konnte. Die Türkei hatte es wiederum mit einem Putschversuch und einer international in der Kritik stehenden Aufarbeitung der Krise zu tun. Außerdem befindet sich das Land in unmittelbarer Nachbarschaft Syriens und des Irak und damit der politischen Konflikte, die in diesen Ländern ausgetragen werden. Ausdruck dieser Krise sind zum Beispiel die Flüchtlingsströme, die auch uns hierzulande beschäftigen. Selbst bevor es die Türkei mit diesen Herausforderungen zu tun hatte, ist das Wirtschaftswachstum merklich zurückgegangen. 2010 und 2011 lag das BIP-Wachstum noch bei 9,2 bzw. 8,8 Prozent.

Hohe Wachstumsraten sind ein Kennzeichen der Schwellenländer

Attraktiv für Investoren

Unter den BRICS- und MIST-Staaten gehörte Indonesien zu den wenigen Kandidaten, die anhaltend hohe Wirtschaftswachstumsraten vorweisen konnten. Auch das Wirtschaftswachstum des größten muslimischen Landes der Erde ist in den vergangenen Jahren ein wenig zurückgegangen. Es lag jedoch immer noch im Bereich von 5 Prozent. Daneben punktet Indonesien mit einer jungen Bevölkerung und einer relativ stabilen politischen Situation. Zudem ist es mit rund 240 Millionen Einwohnern das viertbevölkerungsreichste Land der Erde. Darüber hinaus bleibt Indonesien als „Billiglohn-Land“ für westliche Konzerne attraktiv. Davon profitieren in erster Linie Bereiche wie die Textil- und Bekleidungsindustrie. Schließlich hat auch China in einer ähnlichen Art und Weise seinen wirtschaftlichen Aufstieg in Gang gesetzt. Besonders beeindruckend dürfte jedoch die Reaktion der indonesischen Wirtschaft auf die Finanz- und Wirtschaftskrise internationalen Investoren in Erinnerung geblieben sein. Im Jahr 2009 wuchs das Bruttoinlandsprodukt immer noch um 4,7 Prozent und damit deutlich stärker als die Wirtschaft vergleichbarer Schwellenländer, die von den Auswirkungen infolge der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers wesentlich stärker durcheinandergewirbelt wurden.

Alle in einen Topf

Die Liste der aufstrebenden Wirtschaftsnationen lässt sich fast beliebig fortsetzen. Nachdem lange Zeit Asien und Südamerika der Anlegerfokus galt, fragt man sich auf Investorenseite zum Beispiel, wann der afrikanische Kontinent, abseits von Südafrika, endlich durchstarten wird. Kenia oder Nigeria gelten als interessante Kandidaten. Allerdings verläuft auch ihr Aufstieg alles andere als reibungslos. Nigeria gehört als Mitglied der Organisation erdölexportierender Länder zu den großen Verlierern eines niedrigen Ölpreises. Damit zeigt es sich, dass mit den enormen Chancen, die Schwellenländerinvestments mitbringen können, auch sehr große Risiken verbunden sind. Die obigen Beispiele zeigen, dass eine Pauschalisierung, wie sie mit den einprägsamen Akronymen BRIC, BRICS, MIST oder NEXT ELEVEN vorgenommen wird, nicht angebracht ist. Für jedes einzelne Schwellenland lassen sich Vor- und Nachteile eines Investments finden, während sich die Einzelwertbetrachtung von Unternehmen noch einmal deutlich komplizierter gestaltet. An dieser Stelle zeigen sich weitere Herausforderungen für westliche Anleger. Die Aktienmärkte in den Emerging Marktes können nur selten in Sachen Liquidität oder Transparenz die gleichen Standards wie etablierte Börsen in Frankfurt, London, Paris oder New York bieten.

Wie erfolgreich die Einzelwertbetrachtung sein kann, zeigt der Blick auf den chinesischen E-Commerce-Giganten Alibaba

Alibaba erobert die Welt

Während sich Investoren in den Schwellenländern gute Renditechancen eröffnen, zeigen die Risiken, die BRICS- oder MIST-Investments mit sich bringen, dass europäische Kleinanleger besser fahren können, wenn sie sich nicht auf entsprechende Investmentstrategien als Ganzes stürzen. Man läuft Gefahr, Opfer von Klumpenrisiken zu werden. Gleichzeitig ist die Zusammensetzung der BRICS oder MISTs alles andere als homogen. Wie erfolgreich die Einzelwertbetrachtung sein kann, zeigt der Blick auf den chinesischen E-Commerce-Giganten Alibaba. Allerdings ist selbst die mittlerweile auch im Westen sehr bekannte Alibaba-Aktie nicht ganz einfach zu handeln. Der Zugang hat sich seit dem im Herbst 2014 erfolgten Börsengang in New York jedoch geändert. Im Fall anderer attraktiver Titel ist dies weiterhin nicht ganz einfach. Selbst in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist der Zugang von ausländischen Investoren zum Aktienmarkt begrenzt. Es gibt jedoch Wege und Mittel. Ein Weg, chinesische Aktien zu handeln, führt über die so genannten H-Aktien. Dabei werden Papiere von Unternehmen vom chinesischen Festland an der Börse in Hongkong gehandelt. Der wichtigste Index für die H-Aktien ist der Hang Seng China Enterprises Index (HSCEI), während zum Beispiel im Hang Seng Index auch Unternehmen aus Hong Kong zu finden sind.

Auf Einkaufstour

Während Investoren aus den USA oder Europa noch nach Wegen suchen, ihr Geld in Konzerne aus den aufstrebenden Wirtschaftsnationen dieser Welt zu stecken, haben diese Unternehmen bereist den Weg in den Westen gefunden. Die chinesische Einkaufstour in den USA und Europa hat sogar dazu geführt, dass die Furcht vor einer Einflussnahme Chinas auf die heimische Wirtschaft angestiegen ist. Im Zuge einer seiner letzten Amtshandlungen hatte US-Präsident Brack Obama die geplante Übernahme des deutschen Chipanlagenbauers Aixtron (WKN: A0WMPJ / ISIN: DE000A0WMPJ6) durch ein chinesisches Unternehmen wegen möglicher Risiken für die nationale Sicherheit gestoppt. Im Gegensatz dazu ging die Übernahme Roboterherstellers KUKA trotz einiger Bedenken aus der deutschen Politik durch den Haushaltsgeräte-Hersteller Midea über die Bühne. Während im Fall von Aixtron US-Sicherheitsinteressen eine Rolle spielen, hat man hierzulande die Sorge, dass China mit der KUKA-Übernahme mithilfe seiner Unternehmen die Devisenreserven des Landes nutzt, um verstärkt Know-how einzukaufen und in die Heimat zu transferieren. Zumindest in der Politik wurde dies in der Form thematisiert. Aus Unternehmenssicht besteht jedoch kein Grund nervös zu werden. Im Fall von KUKA ist man schon geraume Zeit an den Großinvestor aus China gewöhnt und sollte daher etwas weniger von Angstgefühlen geleitet sein.

Alibaba sorgt wieder für Furore

Nach einem fulminanten Börsendebut im Herbst 2014 in New York hatten Investoren zwischendurch ein wenig das Vertrauen in Alibaba (WKN: A117ME / ISIN: US01609W1027) verloren. Allerdings hat sich der chinesische E-Commerce-Riese zuletzt mit sehr starken Quartalsberichten eindrucksvoll zurückgemeldet. Zu dem zwischenzeitlichen Vertrauensverlust hatten die chinesischen Wachstumssorgen beigetragen. Das chinesische BIP wächst nicht mehr zweistellig. Außerdem ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt mit enormen Umwälzungen innerhalb der eigenen Bevölkerung beschäftigt.

Schwieriger Anpassungsprozess

Das von dem ehemaligen Englischlehrer Jack Ma gegründete Unternehmen ist trotz vieler Versuche, sich außerhalb Chinas zu etablieren, immer noch extrem stark vom heimischen Geschäft abhängig. Daher treffen Alibaba Zweifel am chinesischen Wachstumsmodell in besonderer Weise. Außerdem hatten beispielsweise die Analysten bei MKM Partners in einer kürzlich erschienenen Analyse den Wechsel, weg von Desktop-PCs hin zum mobilen Internet, und die damit einhergehenden Herausforderungen als weiteren Grund für die zwischenzeitliche Kursschwäche der Alibaba-Aktie nach der Anfangseuphorie rund um das Rekord-IPO gesehen.

Rosige Zukunft

Sie vergleichen Alibaba in dieser Hinsicht mit Facebook. Doch genauso wie Facebook soll auch Alibaba letztlich von der Verbreitung mobiler Geräte wie Smartphones und Tablets profitieren. Außerdem hält die Alibaba-Aktie aus Analystensicht auch aus anderen Gründen reichlich Kurspotenzial bereit. Demnach seien die Anteilsscheine im Branchenvergleich bei Fonds, die sich mit aufstrebenden Internetunternehmen beschäftigen, deutlich unterrepräsentiert. Mit der Zeit sollten Fondsmanager ihre Alibaba-Positionen aufstocken und so zu weiteren Kurssteigerungen beitragen.

Enormes Potenzial

Schließlich sollten wir die Möglichkeiten, die die chinesische Wirtschaft weiterhin bereithält, nicht unterschätzen. Zwar hat die Wachstumsdynamik des BIP nachgelassen. Gleichzeitig wird der Konsum in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt immer mehr gestärkt, was insbesondere Online-Händlern wie Alibaba zugutekommen sollte. Außerdem hat sich zuletzt ganz besonders die Abwicklung der Käufe über mobile Geräte als ein wichtiger Wachstumstreiber erwiesen. Und dann bleibt natürlich noch der Vorstoß auf die Märkte außerhalb Chinas. Angesichts solch positiver Aussichten ging es beim einstigen Internet-Pionier Yahoo lange Zeit nicht umsonst weniger um das eigentliche operative Geschäft, sondern lediglich um die Frage, was der Konzern in Bezug auf seine sehr attraktive Beteiligung an Alibaba unternehmen würde.

Mehr als ein Handelsplatz

Darüber hinaus ist Alibaba längst nicht mehr nur ein Handelsplatz. Ähnlich wie der große US-Rivale Amazon, erobert auch Alibaba verschiedene Märkte abseits des traditionellen Kerngeschäfts. Dazu gehört inzwischen auch der Bereich Cloud Computing. Genauso wie bei Amazon konnte dieser zuletzt für hohe Wachstumsraten sorgen und damit das gesamte Konzernwachstum ankurbeln. Es sollte jedoch nicht der letzte Bereich sein, den das Unternehmen erobern wird.

Dieser Beitrag ist ein Stück aus EINBLICKE – dem neuen Magazin von markteinblicke.de. Unter markteinblicke.de finden Sie das gesamte Magazin. Dort können Sie in der Ausgabe blättern oder Sie laden es sich als PDF herunter. Künftig wird EINBLICKE einmal im Quartal erscheinen.

Bildquellen: markteinblicke.de / Pressefoto Alibaba