Schwellenländer – Die Risiken nehmen zu

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Als US-Notenbankchef Ben Bernanke kürzlich ein baldiges Ende der monatlichen Anleihekäufe der Fed ins Spiel brachte, sorgte er damit für große Turbulenzen an den Finanzmärkten. In wenigen Tagen schossen die Renditen für US-Staatsanleihen nach oben, weil immer mehr Investoren ihr Geld aus den Schwellenländern umschichteten. Es waren jedoch nicht nur die Aussagen des Fed-Chefs, die die Anleger dazu brachten, ihre Investments in den Emerging Markets zu überdenken und massiv Kapital aus den aufstrebenden Wirtschaftsnationen abzuziehen. Vielmehr scheint sich die Erfolgsgeschichte in Ländern wie China, Brasilien, Indien oder Russland so langsam ihrem Ende zuzuneigen, während die USA zur gleichen Zeit möglicherweise eine Industrierevolution erleben könnten.

Schmerzhafter Anpassungsprozess

In den vergangenen Jahren konnten die Schwellenländer mit traumhaften Wachstumsraten aufwarten. Aus diesem Grund interessierten sich immer mehr Investoren aus den Industrieländern für Investments in den aufstrebenden Wirtschaftsnationen. Während diesen Ländern eine rosige Zukunft vorhergesagt wurde, kämpfte Europa mit einer Schuldenkrise und selbst die Wirtschaftsmacht USA konnte nur noch mickrige Zuwachsraten beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) verbuchen.

Schlagworte wie BRIC, Next 11 oder MIST wurden für die vielversprechendsten Wachstumskandidaten unter den aufstrebenden Schwellenländern erfunden. Sie alle zeichnen sich auch heute noch durch Aspekte wie ein im Vergleich zu den Industrieländern sehr hohes Wirtschaftswachstum, eine geringe Staatsverschuldung und eine junge sowie nach Erfolg strebende Bevölkerung aus.

Im Zuge ihres wirtschaftlichen Aufstiegs konnten sich die Schwellenländer beispielsweise im Rahmen der G20 auf der weltweiten wirtschaftspolitischen Bühne Gehör zu verschaffen, während an den Finanzmärkten immer mehr Anlage-Vehikel aufgelegt wurden, die sich der Investition in diese Volkswirtschaften verschrieben hatten.

Erfolgsgeschichte in Gefahr

Die Erfolgsgeschichte scheint jedoch in Gefahr zu sein. In der Vergangenheit haben Anleger bei Schwellenländer-Investments häufig alle Probleme ausgeblendet, so lange die jeweiligen Volkswirtschaften mit einem starken BIP-Wachstum überzeugen konnten. Jetzt, da die Wachstumsraten immer schwächer werden und bei einigen der einstigen Hoffnungsträger sogar bereits auf das Niveau von Industrieländern abgesunken sind, treten auch andere Schwierigkeiten in den Vordergrund. Dazu gehören je nach Schwellenland eine hohe Inflation, soziale Spannungen, hohe Leistungsbilanzdefizite oder Ungleichgewichte auf den heimischen Kapitalmärkten. Während die Schwellenländer mit einem immer schwächer werdenden Wirtschaftswachstum und einer Reihe weiterer Probleme zu kämpfen haben, scheinen sich die Anleger wieder verstärkt Investments in den USA zuzuwenden. Dabei war es bis vor kurzem sogar in Mode gekommen, das baldige Ende der wirtschaftlichen Vormachtstellung der USA auszurufen.

Neben den negativen Auswirkungen der europäischen Staatsschuldenkrise auf die weltweite Konjunktur und den damit verbundenen Schwächen beim Export in den Schwellenländern, ist das mögliche Ende des Booms in den Emerging Markets vor allem mit der abnehmenden Wachstumsdynamik der chinesischen Wirtschaft verbunden. Im zweiten Quartal wuchs die chinesische Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahr nur noch um 7,5 Prozent. Zum Jahresauftakt lag die jährliche Wachstumsrate noch bei 7,7 Prozent. Damit gerät der Wachstumsmotor der Weltwirtschaft der vergangenen Jahre immer mehr ins Stocken und zieht die anderen Schwellenländer gleicht mit. Mit einem Plus von 7,8 Prozent wuchs die chinesische Wirtschaft im vergangenen Jahr so schwach wie seit 1999 nicht mehr. Dabei hatte man sich auf Anlegerseite mittlerweile an zweistellige Wachstumsraten gewöhnt.

Die wachsenden Probleme der BRIC-Staaten

In der Vergangenheit konnte man davon ausgehen, dass die chinesische Zentralregierung schon eingreifen würde, wenn das Wachstum einmal unter den Erwartungen geblieben war. Allerdings will die Regierung weg von dem Prinzip des Wachstums auf Pump. Deshalb sollen vor allem die Regionalhaushalte auf den Prüfstand kommen. Zudem löste die chinesische Notenbank zuletzt große Turbulenzen auf dem Kreditmarkt aus, als sie gegen die ausufernde Kreditvergabe der Banken vorgehen wollte. An den Finanzmärkten ging schon die Angst vor einer Kreditklemme um.

Manche Marktteilnehmer hatten Indien langfristig sogar noch bessere Wachstumschancen als China bescheinigt. Das Land muss derzeit jedoch mit der Inflation und einem hohen Leistungsbilanzdefizit kämpfen. Gleichzeitig erreicht das Wirtschaftswachstum nicht mehr die hohen Werte früherer Tage, während immer noch ein Großteil der Bevölkerung in Armut lebt und Potenziale auf diese Weise nicht genutzt werden. Brasilien, ein weiteres Mitglied in dem Club der so genannten BRIC-Staaten, erlebte jüngst Massendemonstrationen gegen die Verschwendung im Zuge der Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Spiele 2016. So lange die Wirtschaft florierte und traumhafte Wachstumsraten erzielt wurden, konnten die sozialen Ungleichgewichte noch überdeckt werden. Schließlich kann Russland immer noch hohe BIP-Zuwächse vorweisen, jedoch schrecken die Rohstoffabhängigkeit des Landes und die unsichere Rechtslage viele Investoren davor ab ihr Geld, in dem flächenmäßig größten Land der Erde zu investieren.

USA vor dem Comeback

Am Ende war es nicht nur die Aussicht auf ein baldiges Ende der lockeren Geldpolitik der Fed, die die Anleger dazu veranlasste, den Blick wieder stärker auf das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu richten. Nachdem viele die USA angesichts eines anhaltenden Haushaltsstreits der Parteien in Washington, einer maroden Infrastruktur, einer hohen Arbeitslosenquote oder der jüngsten Finanzkrise abschreiben wollten, werden sie allmählich eines besseren belehrt.

Die Erholung am Arbeits- und Immobilienmarkt signalisiert, dass sich die größte Volkswirtschaft der Welt wieder auf einem soliden Wachstumskurs befindet. Gleichzeitig ist dort eine Energierevolution im Gange, die die Energiekosten für die Industrie deutlich senken und das ganze Land langfristig von Ölimporten unabhängig machen soll. Laut Prognosen der Internationalen Energie-Agentur (IEA) sollen die USA in wenigen Jahren Saudi-Arabien und Russland überholen und 2017 zur weltweit größten Ölfördernation aufsteigen. Schon heute ist zu beobachten wie US-Industrieunternehmen angesichts der Aussicht auf niedrigere Energiekosten ihre Produktion aus dem Ausland zurück in die USA verlagern.

Schließlich konnten gerade die US-Börsen zuletzt eine sehr starke Performance hinlegen und zu neuen Rekordhochs aufbrechen. Immerhin schafften es die US-Konzerne trotz des weltweit schwierigen Konjunkturumfeldes steigende Gewinne einzufahren. Zudem befindet sich die US-Wirtschaft auf einem stabilen Erholungskurs. Dies zeigt sich unter anderem an der positiven Entwicklung am Arbeits- und Immobilienmarkt. Somit konnte die größte Volkswirtschaft der Welt zwischen April und Juni auf das Jahr hochgerechnet um 1,7 Prozent wachsen. Marktexperten hatten dagegen lediglich mit einem BIP-Wachstum um 1,0 Prozent.

Fazit

Lange Zeit wollte man vor allem in Europa das Ende der Vormachtstellung der USA ausrufen. Doch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten scheint derzeit, nicht nur wegen der anstehenden Energierevolution, zu einem beeindruckenden Comeback anzusetzen. Während die US-Konzerne Rekordgewinne einfahren und die Aktienbewertungen trotz des jüngsten Höhenflugs im historischen Vergleich nicht überteuert erscheinen, bieten die Alternativen immer mehr Risiken. Die Eurozone steckt in einer Rezession und kämpft immer noch mit den Folgen der Staatsschuldenkrise. Gleichzeitig treten in den Schwellenländern die spezifischen Risiken immer mehr in den Vordergrund, da das Wirtschaftswachstum nicht mehr so üppig ausfällt wie in den Jahren zuvor. Anleger, die von diesem Trend profitieren, jedoch auf das Risiko der Einzeltitelwahl verzichten möchten, können zum Beispiel mit Hilfe des „Fidelity America Fund“ (WKN A0J22G) auf eine Aktienstrategie setzen. Der Fonds investiert in US-Standardwerte. Daneben kann man aber auch gleich in einen Fonds wie den iShares S&P 500 (WKN 622391) investieren, der die Entwicklung des US-Leitindex S&P 500 abbildet.

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