Steigende Immobilienpreise, Wohnungsmangel und Leerstand – ja was denn nun?

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Die jüngsten Nachrichten vom Immobilienmarkt sind zum Teil sehr ambivalent. Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) warnt einerseits vor drohendem Leerstand auf dem flachen Land. Gleichzeitig steigen die Preise jedoch im Süden Deutschlands erheblich, wie die aktuelle Frühjahrsumfrage unter 600 Immobilienmarktexperten von LBS und Sparkassen resümmiert.

Boom auf dem Land. Bautätigkeit und Baubedarf fallen in Deutschland räumlich auseinander. Während es in allen Großstädten an Wohnungen mangelt, werden in vielen ländlichen Regionen deutlich zu viele Einfamilienhäuser gebaut. Im Landkreis Emsland sind etwa laut IW zwischen 2011 und 2015 mehr als 1.060 Wohnungen mehr entstanden, als auf Basis der demografischen Entwicklung und der Leerstände zu erwarten gewesen wäre.

Zu rund 80 Prozent handelt es sich dabei um große Wohnungen beziehungsweise Einfamilienhäuser. Ähnlich sieht es im Landkreis Steinfurt (plus 705 Wohnungen) oder im Landkreis Vorpommern-Greifswald (plus 660 Wohnungen) aus. Insgesamt sind in den ländlichen Kreisen 20 Prozent mehr Wohnungen gebaut worden als benötigt werden. Bei den Einfamilienhäusern sind es sogar mehr als doppelt so viele.

Vielfältige Ursachen. Laut IW sind die Ursachen für diese Überbauung des ländlichen Raums vielfältig. Sehr stark wirken hier die Niedrigzinsen, welche die Finanzierung günstiger und damit den Kauf einer Immobilie attraktiver machen. Auch die Erschwinglichkeit von großen Einfamilienhäusern ist damit in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Wenngleich die Baukosten in der Vergangenheit ebenfalls stetig angezogen sind, wirkt der Zinseffekt der letzten Jahre deutlich stärker auf die Gesamtkosten beim Kauf eines Hauses. Hinzu kommt, dass in ländlichen Räumen Bauland reichlich vorhanden ist.

Wohnungsnot in den Städten. Dagegen liegt die Bautätigkeit liegt gerade in den Großstädten deutlich unter den Bedarfen, die durch die Bevölkerungsveränderungen bestimmt werden. Mithilfe des IW-Baubedarfsmodells wurde berechnet, dass im Zeitraum 2011 und 2015 allein in den sieben größten Städten in Deutschland nur 32 Prozent der benötigten Wohnungen auch gebaut worden sind. Insgesamt sind allein in diesen Städten 60.000 Wohnungen zu wenig gebaut worden.

Besonders gravierend ist der Mangel an kleinen Wohnungen, von den benötigten Zweiraumwohnungen wurde nur ein Fünftel gebaut. Dieser Mangel wird sich 2016 weiter vergrößert haben, denn die entsprechenden Fertigstellungen sind deutschlandweit nur moderat gestiegen. Der enorme Wohnungsmangel in den Großstädten macht eine scharfe Preiskorrektur unwahrscheinlich.

Selbst wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, die Zinsen wieder leicht steigen und die Wanderung in die Städte nachlässt, bleibt Wohnraum knapp.

Infografik: Im Süden steigen die Preise am stärksten | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Nord-Süd-Gefälle. Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist geprägt von enormen Preisunterschieden von Region zu Region. Dies gilt traditionell für gebrauchte frei stehende Einfamilienhäuser, meist in attraktiver Lage, die auf der Beliebtheitsskala ganz oben stehen. An der Preisspitze bundesdeutscher Großstädte erscheint laut LBS-Immobilienpreisspiegel München, wo es mit 1,2 Millionen Euro mehr als zehnmal so teuer ist wie in einzelnen ostdeutschen Mittelstädten.

Hinter der bayerischen Landeshauptstadt folgen bei den Großstädten der Südwesten mit Stuttgart (810.000 Euro), Heidelberg und Wiesbaden (790.000 Euro), Freiburg im Breisgau (770.000 Euro) und Frankfurt (745.000 Euro). Teils noch teurer sind Immobilien in attraktiven Umlandgemeinden. So weist der Münchener Nobel-Vorort Grünwald mit 1,65 Millionen Euro sogar den absoluten Rekord auf. Und in Meerbusch sind die typischen Objekte mit 650.000 Euro um 150.000 Euro teurer als in Düsseldorf.

Spitzenpreise gibt es nach Aussage der LBS-Experten auch in Regionen mit besonders reizvoller Landschaft: in den Voralpen Starnberg mit 1,25 Millionen Euro, am Bodensee Konstanz und Lindau mit 850.000 bzw. 670.000 Euro.

Klein und Billig. Auf der anderen Seite verzeichnet der Immobilienpreisspiegel der LBS auch Halbmillionen-Städte, bei denen relativ günstige gebrauchte Einfamilienhäuser verfügbar sind. Typische Preise bewegen sich in Leipzig, Hannover, Bremen, Dortmund und Dresden, aber auch in Berlin in einer Bandbreite zwischen 280.000 und 370.000 Euro.

In manchen Großstädten liegt das Preisniveau noch einmal deutlich niedriger, nicht nur in den neuen Ländern mit Halle und Magdeburg (160.000 bzw.180.000 Euro), sondern vereinzelt auch im Norden (Bremerhaven mit 140.000 Euro) und im Westen (Siegen mit 185.000 Euro). In den Mittelstädten markieren Eisleben und Grimma mit jeweils 60.000 Euro das untere Ende der Preisskala.

Man sieht: Immobilie ist nicht gleich Immobilie. Eine Eigentumswohnung in Sachsen-Anhalt erscheint günstig, aber der Preis entscheidet nicht über eine solche Anschaffung – das machen eher Frage wie die Selbstnutzung. Mit Blick auf die mögliche Preisentwicklung taugen solche Investments eher nicht. Objekte in Großstädten wiederum sind bereits deutlich im Preis gestiegen, wobei unklar ist, wie lange diese Entwicklung noch anhält.

Grundsätzlich halten wir uns beim Thema langfristigem Vermögensaufbau an drei Säulen: Solide Aktien, Gold und ggf. die selbstgenutzte Immobilie. Alles andere ist für eine Privatperson mit zu vielen Unwägbarkeiten verbunden. Dabei ist das Klumpenrisiko stets zu beachten. Anleger sollten in keinem Einzelinvestment mehr als 50 Prozent ihres Vermögens unterbringen, auch nicht der Immobilie.

In diesem Sinne,
weiterhin viel Erfolg bei der Geldanlage

Ihre markteinblicke.de-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt

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