Russland: Totalabsturz ist unwahrscheinlich

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Seit dem mutmaßlichen Abschuss des malaysischen Flugs MH17 über dem ostukrai-nischen Krisengebiet durch prorussische Separatisten haben sich die Fronten zwischen Russland und der EU verhärtet. Die EU-Botschafter verständigten sich darauf, gegen weitere Personen Einreiseverbote und Kontensperrungen zu verhängen. Erstmals wurden auch 18 Organisationen und Unternehmen auf eine schwarze Liste der EU gesetzt. Sie dürfen auf dem Unionsgebiet keine Geschäfte mehr machen.

Die Experten von Deutsche Asset & Wealth Management (DeAWM) haben verschiedene Szenarien untersucht. Im Worst Case gehen die Analysten davon aus, dass sich die politischen Beziehungen zwischen Russland und dem Westen deutlich verschlechtern. Im Best Case könnte es zu einem Umdenken bei Vladimir Putin kommen: Der russische Präsident wendet sich von den Separatisten ab und arbeitet stattdessen ernsthaft an einem permanenten Waffenstillstand.

Für am wahrscheinlichsten halten die DeAWM-Experten eine anhaltende „Hänge-partie“: Auf der einen Seite stünden politische Zeichen des guten Willens, die aber stets durch konkrete Handlungen enttäuscht würden. Daraus resultierten andauernde Spannungen innerhalb der Ukraine – was ungefähr der jetzigen Situation entspricht.

Was weitere Sanktionen betrifft, hat es die EU Medienberichten zufolge derzeit vor allem auf russische Banken abgesehen. In diesem Fall könnte Russland möglicher-weise in eine Rezession abdriften – mit entsprechenden Risiken für den russischen Aktienmarkt. Allerdings ist fraglich, ob es überhaupt so weit kommt. Denn aufgrund der engen Verflechtung der EU mit der russischen Wirtschaft und der großen gegenseitigen Abhängigkeiten dürfte es wohl bei einem Säbelrasseln bleiben.

Dennoch sind die Folgen für die russische Wirtschaft bereits jetzt enorm. Aufgrund der großen Kapitalflucht ist der Rubel in den vergangenen Monaten stark unter Druck gewesen. Dadurch sind Importe teurer geworden. Weil das mittelfristige Inflationsziel von vier Prozent derzeit klar überschritten wird, musste nun sogar die russische Notenbank den Leitzins anheben. Aufgrund der politischen Spannungen hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Wachstumsaussichten für Russland stark nach unten gesetzt. Für 2014 geht er nur noch von etwas mehr als Stagnation aus.

Angesichts der Gemengelage ist der Optimismus, der zeitweise gegenüber russischen Aktien herrschte, mehr als überraschend: Der von der Wiener Börse berechnete Russian Depositary Index (RDX) ist zwischen Ende April und Ende Juni um satte 30 Prozent gestiegen. Doch damit ist es nun vorbei. Seit sich die Spannungen wieder verschärft haben, ist der RDX im Rückwärtsgang. Gegenüber dem Juni-Hoch fehlen dem Auswahlbarometer nun schon mehr als zehn Prozent.

Quelle: Guidants Index-Analysen
Quelle: Guidants Index-Analysen

Nach dem Bruch der Unterstützung um 1.225/1.250 Punkte sind beim RDX, der die liquidesten an der London Stock Exchange gehandelten Global Depositary Receipts
(GDRs) von russischen Firmen zusammenfasst, alle Dämme gebrochen. Die Talfahrt stoppte erst bei rund 1.000 Zählern. Der ersten Erholung, die bis Mitte April dauerte, folgte im Mai die Vollendung eines Doppelbodens. Anschließend startete eine stürmische Rallye. Mitte Juli wurde die Aufwärtsbewegung jäh gestoppt. Nach dem Bruch der 200-Tage-Durchschnittslinie sind die Blicke nun wieder nach unten gerichtet. Aktuell kämpft der Index erneut mit der „alten“ Unterstützungszone.

Für Anleger ergibt sich daraus eine neue Einstiegsgelegenheit in Zertifikate mit Teilschutz. Unsere erste Wahl bleiben Capped Bonus-Zertifikate. Ein bis März 2015 laufendes Papier (ISIN DE000SG5W4G1) von der Société Générale ermöglicht eine Renditechance von 12,8 Prozent bei einem Puffer von 16,4 Prozent. Dies impliziert unsere Einschätzung, dass selbst bei einer leichten Verschärfung der Lage ein Totalabsturz des russischen Aktienmarkts wegen der äußerst niedrigen Bewertung nicht zu erwarten ist.

Fazit: Das Capped Bonus-Zertifikat auf den RDX ermöglicht eine Rendite von 12,8 Prozent, wenn der russische Index während der gesamten Laufzeit bis März 2015 stets oberhalb der Marke von 1.025 Punkten notiert. Der von der Wiener Börse berechnete Index darf um bis zu 16,4 Prozent fallen, ohne die Maximalrendite zu gefährden. Sollte der RDX seine Ende April begonnene Erholung fortsetzen, partizipieren Anleger nur bis zum Cap von 1.500 Punkten an den Gewinnen. Das Bonus-Zertifikat wird mit einem Aufgeld von 8,4 Prozent gehandelt. Sollte die Barriere brechen, würden die Verluste entsprechend höher ausfallen als mit dem Direktinvestment.

Ein Beitrag von Christian Scheid. Er ist Chefredakteur von Zertifikate // Austria und freier Wirtschafts- und Finanzjournalist. Er schreibt für mehrere österreichische und deutsche Fachmagazine und -zeitungen. Sein Gratis-Newsletter ZERTIFIKATE // AUSTRIA ist mehr als lesenswert. Hier geht es zur Anmeldung.

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