Anleger feiern den Rohstoffmarkt ungebrochen. Das gilt vor allem für Industriemetalle. Die harten Fakten sagen allerdings: die Party ist schon vorbei.
Bei Industriemetallen zeigt sich wieder einmal, dass der Markt kein gutes Langzeitgedächtnis hat. Gerade einmal vor zwei Jahren griff Panik um sich. Die Preise von Industriemetallen, die sich schon davor in einem Abwärtstrend befanden, fielen wie ein Stein.
Die Folgen waren weitreichend. Rohstoffunternehmen standen plötzlich vor dem Ruin. Größen wie Rio Tinto (WKN: 852147 / ISIN: GB0007188757), BHP Biliton (WKN: 908101 / ISIN: GB0000566504), Glencore (WKN: A1JAGV / ISIN: JE00B4T3BW64) und FreeportMcMorRan (WKN: 896476 / ISIN: US35671D8570) standen teils kurz vor der Insolvenz. Der Aktienkurs von Freeport stürzte in der letzten Phase des Abwärtstrends von fast 40 Dollar auf 5 Dollar ab. Auch die Aktie von Glencore verlor 80 % in drei Quartalen. Bei Rio Tinto und BHP lagen die Verluste bei „nur“ 50 %.
Inzwischen ist alles vergessen. So mancher Aktienkurs hat die Krise nicht nur abgehakt, sondern versprüht großen Optimismus. Bis zu einem gewissen Grad ist das nachvollziehbar. Der Druck, der durch den Preiskollaps der Rohstoffe entstand, zwang die Minen zu Sparmaßnahmen und einem Schuldenabbau. Heute sind die Bilanzen sehr viel gesünder und die Margen sind auch bei niedrigeren Preisen auskömmlich.
Inzwischen drängt sich aber der Verdacht auf, dass Risiken einfach nicht gesehen werden. Ein Risiko besteht in den Preisen der Rohstoffe selbst. Der Kohlepreis steht heute wieder dort, wo er auch vor 5 Jahren stand. Dabei mangelt es gerade an Kohle überhaupt nicht. Die Nachfrage aus der Industrie ist begrenzt und als Energierohstoff wird Kohle immer unbeliebter.
China hat mehrere Minen geschlossen. Das Angebot wurde dadurch künstlich verknappt. Wie lange das anhält, kann man nicht sagen. Bei anderen Rohstoffen ist das Angebot nicht einmal knapp. Die ganz große Überkapazität ist zwar abgebaut, doch von Knappheit kann keine Rede sein. So kennt der Kupferpreis nur den Weg nach oben, doch die weltweiten Lager füllen sich in atemberaubenden Tempo.
Anleger scheinen etwas zu optimistisch zu sein. Das gilt bereits für den Status Quo. Dass die Nachfrage im kommenden Jahr noch zusätzlich sinken dürfte, hat kaum jemand auf dem Radar. Größter Konsument von Rohstoffen ist China. Hier beginnen die Investitionen in Immobilien und Infrastruktur zu bröckeln (siehe Grafik). Es fehlt nicht mehr viel und die Investitionen gehen zurück.
Seit 2006 gingen Rohstoffpreise und Investitionstätigkeit in China Hand in Hand. Seit April 2017 ist das nicht mehr der Fall. Es ist inzwischen eine ziemlich große Divergenz entstanden. Da es keinen Verbraucher auf der Welt gibt, der Chinas sinkende Nachfrage auffangen kann, sollte man die Divergenz ernst nehmen. Der Disconnect wird sich 2018 höchstwahrscheinlich nach unten auflösen. Anleger sollten das in ihrer Planung berücksichtigen.
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Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de
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Bildquelle: Pressefoto Glencore