Inflation ja, Zinswende nein! – Der einzige Weg aus der Schuldenfalle

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Warum Gold und Silber vor einem neuen Bullenmarkt stehen könnten

Zinswende – eines der meist gehörten Worte an der Börse in diesen Tagen. Das was Anlegern aktuell die Angst vor einem Ende der Hausse einjagt, ist in Wirklichkeit eine Chimäre. Denn die Notenbanken als verlängerter Arm der Regierungen wollen und müssen die Staaten dadurch entschulden, dass sie die Zinsen tiefer halten als die Inflation. Man hat eingesehen, dass die nominale Schuldenlast weiter zunehmen wird – unabhängig davon, ob es wirtschaftlich gut oder schlecht läuft. Die weltweite Verschuldung steigt aktuell um jährlich elf Prozent und lag im dritten Quartal bei 318 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Mit anderen Worten: Es gibt drei Mal mehr Schulden, als alle Menschen auf dem Globus mit Arbeit an Werten schaffen.

Selbst mit einem starkem Wirtschaftswachstum und ökonomischen Aufschwüngen in vielen Ländern ist es nicht möglich, das Schuldenwachstum aufzuhalten. Da man dagegen nichts tun kann, bleibt nur eine reale Kaufkraftentwertung, die heute bereits jeder zu spüren bekommt, der eine neue Wohnung mieten oder kaufen oder am Aktienmarkt einsteigen möchte. Für 1.000 Euro kann man heute weitaus weniger Quadratmeter mieten und für 300.000 Euro fällt die Eigentumswohnung sehr viel kleiner aus als noch vor zehn Jahren. Für einen Euro, den ein Unternehmen als Überschuss erwirtschaftet, muss man mit Blick auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis bereits das 25-fache bezahlen. Diese Kaufkraftentwertung schlägt voll auf alle durch, deren Einkommen nicht entsprechend zugelegt haben und die nicht durch Aktieninvestments von dieser Entwicklung gleichermaßen profitiert haben.

Offiziell fallen diese Zahlen zwar weitaus kleiner aus, aber der Trend geht in die gleiche Richtung. Auf eine Teuerungsrate in der Eurozone von 0,1 Prozent noch im Jahr 2015 folgten 0,6 Prozent in 2016 und 1,7 Prozent im vergangenen Jahr. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank bleibt dennoch bei Null und man hat in der Zeit steigender Inflationsraten sogar noch großangelegte Anleihekaufprogramme begonnen. In Großbritannien liegt die Inflationsrate bereits bei drei Prozent. Die Notenbank dort erhöhte den Leitzins lediglich von 0,25 auf 0,5 Prozent und in einem halben Jahr könnte man – so heißt es – eventuell darüber nachdenken, die Zinsen auf 0,75 Prozent anzuheben. Geldpolitik sah in der Vergangenheit anders aus. Jetzt aber gilt: Einen Ausgleich zur Inflation durch den Zins können Anleger nicht mehr erwarten. Es ist einfach nicht mehr möglich.

In diesem Jahr könnte die Teuerung in der Eurozone auf über zwei Prozent steigen. Die Zentralbanken wollen genau diese Entwicklung. Sie möchten, dass die Verschuldung relativ zur weltweiten Wirtschaftsleistung deutlich unter die 300-Prozent-Marke fällt. In den USA denkt man innerhalb der Notenbank darüber nach, das Inflationsziel von zwei Prozent durch einen Preisbereich zu ersetzen, der dann innerhalb eines längeren Zeitraums überwacht wird, etwa über ein Band von 1,9 bis 2,9 Prozent. Das würde bedeuten, dass man den laxeren Umgang mit der Inflation quasi institutionalisiert. Einige Monate mit Inflationsraten von über drei Prozent wären nach dieser Maßgabe auch kein Problem mehr.

Es ist vor diesem Hintergrund wenig erstaunlich, dass die Edelmetalle nach einem langjährigen Bärenmarkt gerade jetzt an ihren ebenso langen Abwärtstrendlinien kratzen. Brechen sie darüber aus (bei Silber liegt die Linie bei 19 US-Dollar, bei Gold bei 1.350 US-Dollar), dürften die Edelmetalle wieder in den Fokus der Wall Street und der Anleger rücken. Ob daraus dann eine größere Aufwärtsbewegung wird, muss man abwarten. Aber Edelmetalle sind als Modethema vollständig aus dem täglichen Gespräch zwischen Anlegern verschwunden. Sie sind sogar geradezu langweilig geworden. Wer an der Börse aber erfolgreich sein will, muss einsteigen, bevor es andere tun. Ob dieser Zeitpunkt bei den Edelmetallen gekommen ist, wage ich nicht zu sagen. Die fundamentale und technische Umgebung hat jedoch ins Positive gedreht. Tatsächlich waren Phasen sinkender Realzinsen empirisch betrachtet die besten Phasen für Gold und Silber. Sie gehören deshalb ab sofort wieder auf die Beobachtungsliste.

Jochen StanzlEin Beitrag von Jochen Stanzl

Er ist Chef-Marktanalyst bei CMC Markets, Frankfurt. Davor war Jochen Stanzl über 15 Jahre bei der BoerseGo AG als Finanzmarktanalyst tätig und hat unter anderem die Portale GodmodeTrader, Jandaya und die Investment- und Analyseplattform Guidants mit aufgebaut und als erfolgreiche Kanäle in der deutschen Trading-Community etabliert. Sein analytischer Fokus liegt auf der Kombination aus technischer und fundamentaler Analyse von Währungen, Rohstoffen, Anleihen und der weltweiten Aktienmärkte.

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Bildquellen: CMC Markets / markteinblicke.de