Von der Geldanlage, loyalen Aktionären und den Zockern

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Vermutlich haben Sie die Meldung in den Tagesmedien übersehen – viele haben die Information auch einfach verschwiegen, weil sie diese für nicht wichtig genug gehalten haben: Anfang Mai hat der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments einen Gesetzesvorschlag verabschiedet, der sich wieder einmal mit dem Thema Geldanlage beschäftigt. In Kenntnis der an dieser Stelle bereits mehrfach „gelobten“ Fähigkeiten und Kenntnisse unserer Politiker im Allgemeinen und der Europa-Abgeordneten im Besonderen lässt das wieder einmal nur Unsinn erwarten.

Tatsächlich klingen die Ideen der Abgeordneten bei erstem Hinhören aber gar nicht schlecht: „Loyale“ Aktionäre sollen belohnt, „Zocker“, die Aktien nur kurzfristig behalten, sollen bestraft werden. Die Grundidee dabei ist gar nicht so schlecht und wurde an dieser Stelle bereits mehrfach als Vorschlag formuliert: Wer sich mit Aktieninvestments beschäftigen will, soll über eine ruhige Hand und langen Atem verfügen. Wer ausreichend Geduld besitzt, wird auch die schlimmsten Krisen überstehen und in einem Börsencrash nichts verlieren. Die Phase 2007 bis 2015 beweist das ganz klar, und Investmentgenie Warren Buffett wurde mit dieser Strategie zu einem der reichsten Männer der Welt. Unbestritten ist auch das über weite Strecken schädliche Wirken von Hedgefonds (die allerdings auch eine wichtige Funktion an den Finanzmärkten wahrnehmen können).

Die EU-Parlamentarier rufen also zum Kreuzzug gegen die Zocker auf. Wie moralisch! Die Idee dafür kommt – wie könnte es anders sein – aus Frankreich, dem Mutterland des bürokratischen Zentralismus und Dirigismus, und so lehnen sich die geforderten Maßnahmen an entsprechende französische Regeln an. So sollen langfristig engagierte Aktionäre steuerlich bevorzugt werden. Das ist eine gute Idee, die der Austria Börsenbrief erst vor nicht allzu langer Zeit vorgeschlagen hat. Doch wie Österreichs Politiker eben einmal sind haben sie bei der vorletzten Steuerreform aber genau das Gegenteil gemacht: Sie haben allen Ernstes die Besteuerung der Kurzfrist-Aktionäre halbiert und dafür erstmals eine Besteuerung für Langfrist-Aktionäre eingeführt.

Von der EU vorgeschlagen wird aber auch eine Bevorzugung der Stimmrechte von Langfrist-Anlegern, die ihre Papiere länger als zwei Jahre halten, eine zusätzliche Vorzugs-Dividende und Vorzugs-Aktien. Hier sollten alle Alarmglocken schrillen. Solche Maßnahmen würden dazu dienen, in Hauptversammlungen starre Mehrheiten zu zementieren, sie würden die Liquidität der Börsen einschränken und sie würden den Kleinanlegern kein Plus, sondern eher ein Minus an Aktionärsdemokratie bringen. Klar ist auch, dass institutionelle Investoren durchaus kurzfristig orientiert sein können und dabei auch erfolgreicher agieren als die meisten Privatanleger, denen häufiges Kaufen und Verkaufen oft nur mehr Spesen bringt. Für die Märkte sind solche Institutionelle aber von großer Bedeutung, sie tragen auch zur Effizienz der Märkte bei.

Was wird bleiben? Wir können natürlich ein sinnvolles Positiv-Szenario denken: Die Steuerreform wird adaptiert, die Dividendenbesteuerung bei 25 Prozent belassen, die Kest II auf Transaktionen über einem Jahr wieder abgeschafft und für Transaktionen unter einem Jahr auf bis zu 50 Prozent – entsprechend dem Einkommen-Steuersatz – angehoben. Was werden die österreichischen Politiker machen? Wahrscheinlich einfach nur wieder irgendeine Steuer erhöhen, denn Anderes fällt Ihnen seit Jahren nicht ein – mit dem sichtbaren Erfolg, dass die Konjunktur einbricht und die Arbeitslosenraten steigen. Bleibt die Hoffnung, dass diese EU-Initiative in Österreich ignoriert wird.

Franz C . Bauer, Trend RedakteurEin Beitrag von Franz C. Bauer

Franz C. Bauer ist Chefkolumnist des Austria Börsenbriefs

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