US-Wachstum glänzt

Bildquelle: markteinblicke.de

Die erste Reaktion des Marktes auf die Veröffentlichung des Wirtschaftswachstums der USA war negativ. Auf den ersten Blick war das Wachstum auch ungewöhnlich schwach. Die erste Schätzung des Bureau of Eoconomic Analysis (BEA) zeigt ein annualisiertes Wachstum von 2,3% für das zweite Quartal. Das liegt deutlich unter der Schätzung viele Analysten, die mit 2,8% gerechnet hatten.

Der Markt reagierte auf diese Enttäuschung prompt. Die Hoffnungen auf eine deutlich höhere Zahl waren groß, vor allem, weil die US Wirtschaft im ersten Quartal enttäuschte. Analysten hatten für Q2 mit einem “Zurückschnappen” der Wirtschaft gerechnet. Nach einem langen und schneereichen Winter sollte das zweite Quartal ein überdurchschnittlich hohes Wachstum zeigen. Das war auch im vergangenen Jahr so und die Parallelen von Anfang 2015 zu Anfang 2014 waren so groß, dass man von einer Wiederholung der Geschichte ausging. In Q1 2014 schrumpfte die US Wirtschaft mit einer Jahresrate von 2,1%. Daraufhin lag das Wachstum in Q2 und Q3 mit 4,6 und 5% deutlich über dem Durchschnitt.

Dieses Jahr ist nun alles anders. Das hat inzwischen auch der Markt bemerkt. Die Zahlen sind nicht mit denen aus dem Vorjahr zu vergleichen. Das BEA hat in diesem Jahr eine neue Berechnungsmethode eingeführt. Über die genauen Hintergründe hatte ich bereits berichtet. Im Kern geht es darum, dass dem BEA das Wachstum im ersten Quartal systematisch zu niedrig vorkam.

Im Winter ist das Wachstum tendenziell niedriger als im Sommer. Das liegt an saisonalen Faktoren. Liegt meterweise Schnee, dann wird weniger gebaut. Das macht sich in den Wachstumszahlen bemerkbar. Der Bau ist natürlich nur ein Sektor, der dazu beiträgt, er ist aber ein gutes Beispiel für die Problematik.
Damit das Wachstum über das Jahr gleichverteilter ist werden die Daten um saisonale Faktoren bereinigt. Das BEA bekommt von anderen Behörden bereits bereinigte Daten. Trotzdem kam es immer noch zu diesen Ausreißern im ersten Quartal.

Das BEA hat aus diesem Grund eine weitere saisonale Bereinigung eingeführt. Das zweite Quartal 2015 ist das erste, bei dem diese neue Berechnungsmethode zum Einsatz kommt. In der Tendenz lässt sich der Effekt der neuen Methode wie folgt beschreiben: im Winter wird das Wachstum zukünftig höher ausfallen, im Sommer dafür geringer.

Die folgende Grafik zeigt die Wachstumszahlen seit Anfang 2012 mit der alten und der neuen Berechnungsweise. Die Veränderung der Wachstumsberechnung bewirkt dabei große Wunder. Bisher war man von negativem Wachstum in Q1 2015 ausgegangen. Jetzt ist das Wachstum positiv – mit 0,6% sogar merklich positiv. Das zweite Quartal zeigt nun dafür einen etwas niedrigeren Wert als vor der Anpassung des BEA.

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Wie hoch das BIP Wachstum in Q2 nach der alten Methode gewesen wäre kann man nur schätzen. Dazu gibt es (noch) keine offiziellen Daten. Zieht man die Änderungen zwischen der alten und neuen Methode in den Vorquartalen als Vergleichsmaßstab heran, dann dürfte das Wachstum bei mindestens 2,7% gelegen haben. Denkbar sind Werte bis 3,1%. Würde man also gleiches mit gleichem vergleichen, dann sieht die Sache gar nicht so schlecht aus.

Die meisten Analysten dürften mit der Neuberechnung noch ihre Probleme haben. Die Schätzungen für Q2 beruhten Größtenteils auf der alten Methodologie. Das hat der Markt inzwischen auch erkannt und korrigiert die erste Reaktion auf die Daten. Das Wachstum ist robust. Das ist eine gute Nachricht. Es ist aber auch nicht so hoch, dass die Fed gleich gezwungen wäre die Zinsen im September sprunghaft anzuheben. Alles in allem ist das für die Marktteilnehmer eine gute Nachricht.

Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de.

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