USA vs. China: Duell der Giganten

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Wenn eine Wirtschaftsmacht wie die USA plötzlich Gefahr läuft, ihre langjährige Vorherrschaft einzubüßen, in diesem Fall an China, entstehen automatisch Reibungspunkte. Nicht wenige sind der Ansicht, dass der Kampf um Ressourcen oder Handelswege unweigerlich in einem großen Krieg zwischen den Mächten enden muss. Wir hoffen alle, dass es nicht so weit kommt. Es ist zum Glück auch nicht sehr wahrscheinlich. Allerdings heißt dies nicht, dass sich China und die USA nicht auf anderen Feldern weiterhin duellieren werden.

Im November 2017 unternahm US-Präsident Donald Trump seine erste Asienreise. Dabei standen vor allem sein Besuch in China und das Treffen mit Staatschef Xi Jinping im Fokus. Im Wahlkampf hatte Trump China noch als Währungsmanipulator und für seine „unfairen“ Handelspraktiken beschimpft. Zunächst schienen die beiden Staatsoberhäupter jedoch gut miteinander auszukommen, vor allem dank milliardenschwerer Handelsvereinbarungen. Trump freuten vor allem die umfangreichen chinesischen Bestellungen von Flugzeugen bei Boeing. Außerdem sicherten die Chinesen zu, den US-amerikanischen Bauern Unmengen an Sojabohnen abzukaufen. Eine runde Sache also. Allerdings bleibt es fraglich, ob sich am Ende zwischen Donald Trump und Xi Jinping tatsächlich eine Männerfreundschaft entwickelt.

Inzwischen ist ein offener Handelskrieg ausgebrochen. Und dies ausgerechnet zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten dieser Welt. Gegenseitige Zölle auf Wareneinfuhren wurden bereits verhängt. Weitere könnten folgen. Donald Trump hat unlängst erklärt, dass es ihm nichts ausmachen würde, die gesamten, jährlich rund 500 Mrd. US-Dollar schweren chinesischen Exporte in die USA mit Zöllen zu belegen. Die beiden Wirtschaftsmächte versuchen nicht nur auf der politischen Bühne um die Vorherrschaft zu kämpfen. Unlängst hat auch China starke Unternehmen hervorgebracht, die es auf den Weltmärkten gegen die lange Zeit übermächtigen US-Konzerne aufnehmen können. Schließlich geht es auch um die Frage, in welche Länder Anleger in Zukunft ihr Geld lieber stecken möchten. Auch in dieser Frage spielen die beiden Staatschefs der USA und Chinas sowie ihr Auftritt auf der Weltbühne eine wichtige Rolle.

Die neue Galionsfigur des Freihandels

Seit Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist, hat sich auf der weltpolitischen Bühne viel verändert. Befreundete Staaten wie Kanada oder die NATO-Länder werden gerne einmal auf wichtigen Gipfeln in aller Öffentlichkeit bloßgestellt. Im Fall der NATO ist Trumps Lieblingsthema das Geld. Demnach würden die anderen NATO-Staaten nicht genug für ihre Verteidigung ausgeben. Diese muss ihnen die Weltmacht USA wiederum kostenintensiv zur Verfügung stellen, um Russland abzuschrecken. Und dann erdreistet sich auch noch Deutschland, sich von Russland mit Gas über die Pipeline Nord Stream 2 beliefern zu lassen und das von Donald Trump und der US-Regierung angepriesene Flüssiggas aus den USA links liegen zu lassen. Sehr gerne wettert Donald Trump auch gegen große Handelsabkommen wie NAFTA, CETA oder TTIP. Ebenso gerne nimmt er sich den Welthandel als solchen vor. Dieser würde in seinen Augen vor allem die USA benachteiligen. Ein Umstand, den vielleicht frühere Präsidenten hätten durchgehen lassen. Doch der New Yorker Immobilienmogul will sich nicht von den anderen Ländern dieses Planeten „über den Tisch ziehen lassen“. Aus diesem Grund hat er allerhand Wirtschaftskriege losgetreten.

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Diese Wirtschaftskriege werden mit Zöllen oder Sanktionen geführt. Donald Trump droht mit seinem Verhalten, die Welthandelsordnung völlig durcheinander zu bringen. Entsprechend wichtig ist es, dass es noch Politiker gibt, die den freien Welthandel verteidigen. Und damit ist Donald Trump möglicherweise etwas gelungen, was viele so nicht für möglich gehalten hatten. Chinas Machthaber Xi Jinping konnte das Weltwirtschaftsforum 2017 in Davos nutzen, um sich als Kämpfer für einen freien Welthandel zu profilieren. Man muss sich das vorstellen: Als Führer einer kommunistischen Planwirtschaft verteidigt er eine liberale Wirtschaftsordnung. Erst indem Donald Trump die US-Führung aus dieser Nische geführt hatte, wurde sie für Xi Jinping frei. Es ist unbestritten, dass für ein Exportland wie China, der internationale Freihandel enorm wichtig ist. Allerdings werden erst die kommenden Jahre und Jahrzehnte zeigen, ob China auch selbst dazu bereit ist, die eigene Volkswirtschaft zu öffnen.

Wenn die chinesische Führung gegen Protektionismus wettert, muss man gleichzeitig bedenken, dass die eigene Wirtschaft häufig für ausländische Unternehmen abgeschottet bleibt. Zölle auf Einfuhren, Subventionen heimischer Produzenten, der Zwang Joint Ventures einzugehen und damit einen Technologietransfer vorzunehmen sowie das Abschotten gesamter Branchen sind in China immer noch alltäglich. Schon seit Jahren wird in China von einer Öffnung der Wirtschaft für ausländische Investoren gesprochen, die Ergebnisse sind häufig jedoch enttäuschend. Entsprechend hat Donald Trump nicht ganz unrecht, wenn er Veränderungen vonseiten China, zum Beispiel in Bezug auf den Schutz des geistigen Eigentums, einfordert. Donald Trump ist sogar bereit, bis zum äußersten zu gehen und einen ausufernden Handelskrieg zwischen den inzwischen zwei weltgrößten Volkswirtschaften zu riskieren, um die Chinesen dazu zu bewegen, ihr Verhalten in einer für ihn und seiner Wirtschaftsberater genehmen Weise zu ändern.

Chinas Aufholjagd

Die Chinesen sind alles andere als wehrlos in diesem Zweikampf. In einem Handelskonflikt mit den USA haben sie viele Waffen zur Hand. China hat in den vergangenen Jahren einen riesigen Bestand von US-Staatsanleihen angehäuft. Jedes Mal, wenn sich die USA in einer für die Chinesen nicht akzeptablen Weise verhalten, braucht Peking nur mit der Staatsanleihen-Keule zu drohen. Jede Ankündigung der chinesischen Zentralbank, in Zukunft weniger oder keine US-Staatsanleihen zu kaufen oder sogar die Bestände zu reduzieren, lässt die Zinsen für US-Staatspapiere ansteigen. Dabei kann jede kleine Veränderung milliardenschwere Mehr- oder Mindereinnahmen für den US-Haushalt bedeuten. Noch immer ist der Hebel, an dem China ansetzen kann, riesig. Das Reich der Mitte bleibt laut Statistiken des US-Finanzministeriums mit einem Volumen von knapp 1.200 Milliarden US-Dollar der größte Auslandsgläubiger der USA. Außerdem hat das Land in den vergangenen Jahrzehnten einen beeindruckenden Aufstieg hingelegt.

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Zu Chinas Stärken gehört die enorme Bevölkerungszahl. Mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern lebt rund 18 Prozent der Menschheit in China. Der Beginn des wirtschaftlichen Aufstiegs des bevölkerungsreichten Landes der Welt wird mit der wirtschaftlichen Öffnung im Jahr 1978 unter Deng Xiaoping verknüpft. Seitdem hat das Land einen beeindruckenden Aufstieg hingelegt. Die Wirtschaft wuchs im Schnitt um fast 10 Prozent pro Jahr. Heute ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, hinter den USA. Mit rund 19 Billionen US-Dollar befinden sich die USA gegenüber dem rund 12 Billionen US-Dollar schweren Bruttoinlandsprodukt (BIP) Chinas noch komfortabel in Führung. Auch die Europäische Union ist mit ihren knapp 18 Billionen US-Dollar noch vor China. Allerdings hat China längst die Führung übernommen, wenn das BIP nach Kaufkraftparitäten (KKP oder englisch purchasing power parity, PPP) ermittelt wird. Aufgrund der hohen Bevölkerungszahl hat China lediglich bei einem Blick auf die Wirtschaftsleistung pro Kopf im Vergleich zu den USA oder zur EU deutliches Aufholpotenzial. Doch auch in dieser Hinsicht dürfte die Pekinger Regierung versuchen, die Lücke mithilfe der von ihr angewendeten Planwirtschaft zu schließen. Ein anderes Mittel ist die Sicherung von Ressourcen, vor allem in Afrika, aber auch der Ausbau von Handelsrouten. Um diese zu sichern und auszubauen, wurde ein ambitioniertes, weltumspannendes Infrastrukturprojekt ins Leben gerufen. Die Rede ist von der neuen Seidenstraße.

Digitalisierung im Fokus

China möchte nicht mehr nur die „Werkbank der Welt“ sein. Auch gezwungenermaßen. Zusammen mit dem wirtschaftlichen Aufschwung sind auch die Löhne gestiegen. Im Wettbewerb mit anderen Niedriglohnländern sind die Vorteile Chinas in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Entsprechend konzentriert man sich nun verstärkt auf Dienstleistungen und Zukunftssektoren. Das Thema Digitalisierung ist der Pekinger Zentralregierung ein besonders großes Anliegen. Mit rund 800 Millionen Internetnutzern und einer starken Verbreitung von internetfähigen Handys bietet China in diesem bereits den wichtigsten Wachstumsmarkt für internationale Technologieunternehmen. Allerdings möchte Peking natürlich erst einmal die heimischen Vertreter stärken. Diese sollen es am besten gleich mit den großen US-Technologiekonzernen wie Apple, Amazon oder der Google-Muttergesellschaft Alphabet aufnehmen. Entsprechend wurde das Thema Digitalisierung auch im letzten Fünfjahresplan der Regierung groß geschrieben. In Bereichen wie Industrie 4.0, Big Data oder Cloud Computing möchte China in Zukunft führend sein, was insbesondere den USA gar nicht schmeckt.

Militärischer Konflikt voraus?

An den Weltmärkten herrscht auch dank solch ambitionierter Projekte wie der neuen Seidenstraße oder der enormen Investitionen in Forschung & Entwicklung sowie Zukunftsfelder wie die Digitalisierung oder die Elektromobilität vielfach die Überzeugung, dass es nur eine Frage der Zeit sein sollte, bis China die USA auch gemessen am nominalen BIP als größte Wirtschaftsmacht der Welt ablöst. Nicht umsonst gibt es einige abenteuerlustige Strategen in den USA, die der Meinung sind, dass sich das Fenster für einen Krieg gegen China schließt und das Land irgendwann aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke auch militärisch gegenüber den USA aufgeholt haben dürfte. Ohnehin ist ein möglicher militärischer Konflikt zwischen den Supermächten China und den USA etwas, was viele Menschen umtreibt. Wenn diese beiden Länder auf so vielen Gebieten konkurrieren, liegt der Gedanke nicht fern, dass diese Konflikte irgendwann militärisch gelöst werden könnten.

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Allerdings scheint diese Gefahr in vielen Fällen übertrieben groß dargestellt zu werden. Beispielsweise liefert Prof. Dr. Sebastian Harnisch vom Institut für Politische Wissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg verschiedene Gründe, warum es nicht zum Krieg zwischen den USA und China kommen wird. Zum einen würde die militärische Abschreckung einen Krieg verhindern. Und was schreckt mehr ab, als die unglaubliche militärische Stärke, die die USA unter anderem dank des technologischen Vorsprungs oder der enormen Militärausgaben erreicht haben. Auch geteilte wirtschaftliche Interessen würden einen Krieg verhindern. Damit dürfen wir etwas ruhiger schlafen.

China und die großen Herausforderungen

Genauso wie ein militärischer Konflikt unausweichlich ist, ist es auch nicht sicher, dass China die USA eines Tages als größte Wirtschaftsmacht der Welt ablösen wird. Noch ist China nur die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt, mit einem ordentlichen Abstand zu den USA. In den 1980er-Jahren hieß es bereits, dass Japan dank seines enormen Wirtschaftswachstums die USA überholen würde. Wie wir wissen, ist dies nicht passiert. Ein ähnliches Schicksal könnte auch China ereilen. Zumal das Land trotz des beeindruckenden Aufstiegs der vergangenen Jahre auch viele Herausforderungen meistern muss. Noch immer fällt das Wirtschaftswachstum Chinas mit knapp unter 7 Prozent sehr beeindruckend aus. Allerdings fragen sich nicht wenige Marktteilnehmer, inwieweit man den offiziellen Statistiken der Regierung vertrauen kann. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass sich das Wirtschaftswachstum weiter abschwächt.

Insbesondere könnte dies dazu führen, dass die vielen Wanderarbeiter keine Beschäftigung mehr finden und sich ihr Frust möglicherweise gegen die Zentralregierung entlädt. Darüber hinaus war China jahrzehntelang damit glücklich, die Werkbank für den Rest der Welt zu sein. Auch heute noch werden viele Güter, die hierzulande konsumiert werden, in China hergestellt. Die Pekinger Regierung versucht nun seit Jahren die Abhängigkeit von der Industrie und vom Export nach unten zu fahren. In Zukunft soll der private Konsum einen deutlich größeren Teil zur Wirtschaft beitragen. Damit die Menschen jedoch mehr konsumieren, muss das soziale Netz ausgebaut werden, andernfalls würden die Chinesen ihr schwerverdientes Geld sparen, um im Alter abgesichert zu sein. Die Transformation der staatlichen Sicherungssysteme ist einer Herkulesaufgabe, vor allem in einem Land mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern.

Das Schuldenproblem

An dieser Stelle hören die Herausforderungen für die chinesische Regierung jedoch nicht auf. Der wirtschaftliche Boom der vergangenen Jahre wurde zu einem großen Teil mit Schulden finanziert. Der Blick auf die Verschuldung privater Haushalte und des chinesischen Staates ist noch nicht bedrohlich. Allerdings hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) schon 2017 vor den hohen Verbindlichkeiten chinesischer Firmen gewarnt. Dabei sind es häufig die Staatsbetriebe, die mithilfe üppiger Kredite versuchen, das Wirtschaftswachstum weiter anzukurbeln. Inzwischen hat sogar der IWF vor den zu hohen Verbindlichkeiten der chinesischen Unternehmen gewarnt. Die Verbindlichkeiten sind insbesondere in den vergangenen Jahren steil angestiegen und stellen damit nicht nur eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung in China, sondern auf der ganzen Welt dar. Es wird interessant zu sehen sein, ob er es der chinesischen Regierung gelingt, das Schuldenproblem anzugehen, ohne dabei das Wirtschaftswachstum abzuwürgen.

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Verschuldung ist aber erneut etwas, das die USA den Chinesen voraushaben. Sie sind nämlich der größte Schuldner. Während die US-Unternehmen gemessen an der Verschuldung deutlich besser dastehen als ihre chinesischen Pendants, sind es in den USA vor allem der Staat und der Privatsektor, die sich gerne verschulden, um zu konsumieren. Allzu häufig hören wir hierzulande Geschichten von Verbrauchern, die eine Kreditkarte mit einer oder mehreren anderen finanzieren. Auch hierzulande wissen wir zu gut, welche Folgen die hohen Schulden von Immobilienkäufern in den USA in den Jahren 2007 und 2008 hatten. Trotz seiner bereits sehr hohen Verschuldung hat der Staat den Unternehmen im vergangenen Jahr massive Steuererleichterungen gegönnt. Zudem sind massive Infrastrukturausgaben geplant, was die Verschuldung des Staates enorm in die Höhe treiben dürfte. Damit könnten auf die USA und China ähnliche Probleme zukommen.

FAZIT

Auch wenn die chinesische Wirtschaft in den kommenden Jahren nicht mehr ganz so stark wachsen sollte wie zuletzt und die Pekinger Regierung erst einmal mit vielen Herausforderungen wie dem Schuldenproblem der Unternehmen oder dem enormen Wandel in der Gesellschaft fertig werden muss, bleiben die Möglichkeiten für Investoren weiterhin sehr interessant. Allerdings bleibt es schwer für den einzelnen Anleger, eine Auswahl von einzelnen Aktien vorzunehmen. Diese Auswahl sollte man lieber erfahrenen Fondsmanagern überlassen. Zumal sich mithilfe von klassischen Fonds oder ETFs mit dem Schwerpunkt China das Risiko streuen lässt. Während China immer noch die Vorzüge einer schnell wachsenden Volkswirtschaft genießt, finden sich in den USA Unternehmen, die in sämtlichen Branchen auf dem Planeten zur Spitze gehören. Dabei hat zuletzt insbesondere der Technologiesektor für Aufsehen gesorgt. Allerdings gibt es in den USA viele weitere Investitionsmöglichkeiten abseits von Apple, Amazon, Google, Microsoft & Co.

Über die neue Seidenstraße geht es im Beitrag: USA vs. China: Die neue Seidenstraße

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