Das Fundament steht noch

Bildquelle: Pressefoto Deutsche Börse AG

Mir gefällt die philosophisch anmutende Analogie zur Erdbewegung. Die Erde schließt nach 365 Tagen die Umrundung der Sonne ab. Relativ gesehen befindet sie sich am Ausgangspunkt, der Jahreszeitenzyklus beginnt von vorn. Tatsächlich aber rotiert die Erde als „Gefangener“ der Sonne mit hoher Geschwindigkeit um das Zentrum der Milchstraße. Die Erde verändert ihre Position im Weltraum und kehrt nicht mehr an ihren alten Platz zurück. Es gibt keine exakten Wiederholungen.

Dennoch sind Zyklen Teil der Lebenswirklichkeit. Die Trägheit macht es möglich, dass ein Einkaufsmanagerindex nicht von einem Monat auf den anderen von 60 auf 40 Punkte fällt (es sei denn, ein Meteorit würde einschlagen). Vergleichsweise lange wirtschaftliche Aufwärtszyklen wechseln sich mit vergleichsweise kurzen Abwärtszyklen ab. Generell sind Abwärtsbewegungen heftiger, steiler und emotionaler als Aufwärtsbewegungen.

Der Dow Jones Index schloss im Dezember 1930 mit einem Minus von 10,3 Prozent, im Dezember 1931 ging es gar 16,6 Prozent nach unten. Der drittschwächste Wert der vergangenen 90 Jahre gehört dem Dezember 2018. Das Minus beträgt zwei Handelstage vor Ultimo 9,4 Prozent.

Man kann darüber räsonieren, dass der Dezember üblicherweise einer der besseren Monate des Jahres ist. Auch ist er Teil der positiven Saisonalität November bis April. In den vergangenen 40 Jahren verlief der Zeitraum November bis April 35mal positiv. Nur 5 negative Perioden stehen zu Buche. Damit die laufende Nov./Apr.-Periode das Minus vermeiden kann, müsste sie sich aus einem 8-Prozent-Minus herausgraben.

Der eine oder andere Indikator besteht den Test der Zeit, so auch der kaum beachtete gleitende 4-Jahres-Durchschnitt im S&P 500. Er bezeichnet den Durchschnittwert der vergangenen 1.000 Handelstage. Ein Kalenderjahr verfügt über etwa 250 Handelstage.

Wenn es eine Stelle im S&P 500 gibt, an der man nahezu blind kaufen kann, dann ist dies der gleitende 4-Jahres-Durchschnitt. Am 2. Weihnachtstag traten die Käufer wenige Punkte oberhalb des 4-Jahres-GDs (2.338 Punkte) auf den Plan. Sie schoben den US-Leitindex innerhalb von zwei Tagen um 150 Punkte nach oben.

Die Geschichte hält viele erfolgreiche Verteidigungen des 4-Jahres-GDs bereit. So endete der Crash von 1987 genauso auf seiner 4-Jahres-Durchschnittslinie wie die Rezession des Jahres 1990 (siehe Pfeile folgender Chart).

Allerdings liegt es in der Natur der Sache, dass dieser GD den Kampf verlieren kann. So geschah es im Jahr 2008. Nach einer zweimaligen, zunächst erfolgreichen Verteidigung (siehe die beiden Pfeile auf dem folgenden Chart) unterschritt der S&P 500 im Juli 2008 die dunkelblaue Linie. Es folgte der Oktober-2008-Absturz.

Man kann den Zeitraum der großen Depression als Mischung aus der Situation von 1987 und 2008 beschreiben. Denn genauso wie im Jahr 1987 bedeutete der 4-Jahres-GD im Herbst 1929 die Endstation für den Crash (siehe Pfeil folgender Chart).

Anders allerdings als im Jahr 1987 verlief der Rücktest nicht erfolgreich. Als der Dow Jones Index den 4-Jahres-GD im Jahr 1930 unterschritt, beschleunigte sich die Abwärtsbewegung. Erst im Jahr 1932 wurde das Tief erreicht.

Was lässt sich aus dem Verhalten des S&P 500 beziehungsweise des Dow Jones Index an seinem 4-Jahres-GD für die heutige Zeit ableiten?

  1. Der 4-Jahres-GD ist das Fundament des Marktes. Er ist eine Mega-Unterstützung und ergibt sich kaum kampflos.
  2. Er wird in der Regel nicht im ersten Test gebrochen. Eine mehrwöchige bis mehrmonatige Aufwärtsphase folgt, häufig bis an die 200-Tage-Linie.
  3. Das Schicksal des Marktes entscheidet sich häufig im Rahmen eines Retests. 1987 und 1990 gelang dieser, 1930 und 2008 wurde das Fundament weggerissen.

Entsprechend wichtig ist der Punkt „X“ (siehe folgender Chart). Dort sollte der Weg für 2019 und darüber hinaus festgelegt werden.

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robert-rethfeldEin Beitrag von Robert Rethfeld.

Robert Rethfeld betreibt den Börsendienst Wellenreiter-Invest. Kernprodukt ist ein handelstäglich erscheinender, abonnementsbasierter Börsenbrief. Seit Ende der 80er Jahre lebt er im Vordertaunus, zunächst in Bad Homburg und seit dem Jahr 1999 in Oberursel. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und hält sich durch Laufen im Taunus sowie durch Golfspielen fit.

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