Es ist Zeit über die Aktienkultur in Österreich nachzudenken!

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Umfragen von Banken und Versicherungen kann man nicht immer trauen, denn bisweilen stecken da recht durchsichtige Eigeninteressen hinter den Ergebnissen. Wenn beispielsweise eine Versicherung Ängste vor Unwetterschäden registriert, dann kann man relativ sicher sein, dass es da eine Neufassung der wunderbaren Hagelpolizze gibt. Und wenn eine Bank den verstärkten Wunsch registriert, mehr zu sparen? Das hat nämlich die ING DIBA in einer jüngst veröffentlichten Umfrage. 37 Prozent jener Österreicher, die im kommenden Jahr mehr auf ihre Finanzen achten wollen, haben sich vorgenommen, mehr zu sparen, weitere 28 Prozent wollen Schulden abbauen und 26 Prozent ihre Ausgabenkontrolle verbessern – was ja auch in gewisser Weise auf „Sparen“ hinausläuft.

Hat eine Bank in diesen Zeiten ein Interesse an Sparern? Wohl kaum. Die Refinanzierung über die Zentralbank ist so billig wie noch nie, da könnten die Institute eigentlich auf Spareinlagen verzichten. Was lässt sich aber dann aus der Umfrage schließen? Unter anderem, dass die Steuerreform, die mit Jahreswechsel in Kraft tritt, nur schaumgebremst in den Konsum fließen wird. Analysten hatten ja bereits während der Diskussion davor gewarnt, den konjunkturwirksamen Effekt zu überschätzen.

Abgesehen davon sichert ja auch der Konsum nur beschränkt inländische Arbeitsplätze, denn ein beachtlicher Teil der Konsumausgaben entfällt auf jenen Sektor, den Analysten „consumer discretionary“ nennen, also Konsum des nicht-alltäglichen Bedarfs, unter anderem Autos, Computer, Unterhaltung etc. Hier profitiert Österreich höchstens indirekt, nämlich überwiegend als Zulieferer für diesen Wirtschaftsbereich. Börsennotierte Konsumgüterunternehmen gibt es in Österreich nämlich kaum, und dass einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes, der Tourismus, im ATX ebenfalls überwiegend nur indirekt repräsentiert ist (direkt nur über den Flughafen mit rund 1,6 Prozent im Index), erscheint symptomatisch.

Zeit, über die Börsenkultur des Landes nachzudenken? Hoffentlich. Die jüngste Arbeitslosenzahl weist nämlich schon wieder eine Verschlechterung aus und liegt nunmehr deutlich über 400.000. Alarmierend die Situation in Wien, wo die Zahl der November-Arbeitslosen im Jahresvergleich um 16,6 Prozent auf knapp 125.000 (davon 13.745 Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte) stieg.

Die Lösung? Wir können hier nur wiederholen: Könnte ein Teil des Geldes, das jetzt schlecht verzinst auf Sparkonten liegt, für die Umwandlung in Eigenkapital für Unternehmen – also Aktien – gewonnen werden, dann könnte dies dazu beitragen, die Beschäftigungslage in unserem Land zu verbessern. Was geschieht stattdessen? Die Steuer auf Aktien wird mit der Steuerreform erhöht, Sparkonten bleiben aber unangetastet. Das Ergebnis: Österreich hinkt bei Wirtschaftswachstum und Beschäftigung hinter seinen Haupthandelspartnern hinterher – die Probleme sind also hausgemacht. Das Positive daran: Mit einer intelligenteren Wirtschaftspolitik können sie auch „hausgemacht“ wieder gelöst werden. Da hätten wir doch schon einen Wunsch für‘s nahende neue Jahr.

Franz C . Bauer, Trend Redakteur

Ein Beitrag von Franz C. Bauer

Er ist Chefkolumnist des Austria Börsenbriefs
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