Berufsunfähigkeitsversicherung: Wenn man nicht mehr arbeiten kann…

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Wer ein neues Auto kauft, wird es in der Regel Vollkasko versichern. Schließlich soll der Wert des neuen Fahrzeugs für alle Fälle abgesichert werden. Doch was bei einem Auto für viele Menschen selbstverständlich ist, ist im Fall der eigenen Arbeitskraft nicht immer der Fall.

Dabei sind die Risiken in der heutigen Gesellschaft nicht mehr arbeiten zu können größer als viele Menschen glauben. Wer sich hierbei nun auf die gesetzlichen Leistungen verlassen möchte, dürfte erschrecken, wenn er die tatsächliche Leistungshöhe im Falle der Fälle erfährt. Abhilfe gegen drohende Verarmung schafft nur eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Wir geben marktEINBLICKE in ein Tabuthema vieler Menschen.

Lebensrisiken
Manchmal hilft ein Blick in die Statistik, um zu erkennen, wie unkalkulierbar das Leben sein kann. Die Risiken im Straßenverkehr oder Gefahren von Haushalts- und Sportunfällen sind vielen Menschen grundsätzlich geläufig. Aber so lange niemand im direkten Umfeld davon betroffen ist, werden die Folgen solcher Ereignisse meist ausgeblendet.

Kein Wunder, denn meist treten nur kleinere Verletzungen und Blessuren auf. Dass aber auch dauerhafte Erkrankungen und körperliche Einschränkungen drohen, wird oft nicht bedacht. Hinzu kommen Krankheiten, die nicht einem singulären Ereignis zugeordnet werden können, etwa ein Rückenleiden oder psychische Erkrankungen. Dies alles kann einen Menschen jederzeit treffen und den gewohnten Alltag durcheinanderbringen. Nicht nur den familiär-privaten, sondern auch den beruflichen. Das heißt:

Für das Berufsleben ergeben sich unter Umständen durch dauerhafte Erkrankungen ernste Konsequenzen. In den ersten sechs Wochen einer Erkrankung zahlt der Arbeitgeber zwar weiterhin den regulären Lohn. Das ist gesetzlich eindeutig geregelt. Aber danach erhalten Betroffene nur noch Krankengeld von ihrer Krankenkasse.

Finanzielle Sorgen
Das Krankengeld entspricht nicht mehr dem letzten Durchschnittsgehalt, sondern liegt deutlich darunter. Üblich sind hier 70 Prozent des Bruttoverdienstes, in keinem Fall mehr als 90 Prozent des Nettogehalts. Aber diese Leistung gibt es für eine bestimmte Diagnose nur 78 Wochen lang – innerhalb von drei Jahren.

Anders gesagt: Spätestens 84 Wochen nach dem Beginn einer Krankschreibung gibt es weder Gehalt noch Krankengeld. Wer dann keine eigenen finanziellen Reserven mehr hat, ist auf fremde Hilfe angewiesen. Diese kann bei Familie oder Freunden gefunden werden. Oder im Fall der Fälle auch in Form von allgemeinen Sozialleistungen.

Je nach Prognose der Krankheit stellt sich aber bereits davor die Frage nach einer finanziellen Lösung für die Zeit nach Auslaufen des Krankengelds. Viele hoffen hierbei auf die Leistungen der Sozialversicherung. Aber die Hoffnung sollte nicht allzu groß sein. Ähnlich wie bei der Gesetzlichen Rentenversicherung gilt auch für den Fall der gesetzlichen Absicherung im Fall der Erwerbsunfähigkeit: Die Leistungen wurden in den letzten Jahren immer mehr zurückgefahren.

Renteninformation
Wer einmal ein Gefühl für die theoretische Höhe seiner gesetzlichen Erwerbsminderungsrente (so heißt die Leistung der Gesetzlichen Rentenversicherung) bekommen möchte, werfe einen Blick auf die Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung. Neben prognostizierten Rentenhöhen im Alter wird man dort auch einen Wert für die Höhe einer vollen Erwerbsminderungsrente erfahren. Die volle Erwerbsminderungsrente beträgt dabei in der Regel weniger als ein Drittel des letzten Bruttogehalts. Doch aufgepasst:

Die benutzten Begriffe zeigen bereits, dass Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung zwei verschiedene Dinge sind. Während sich das Konzept der Berufsunfähigkeit an einem tatsächlichen erlernten und ausgeübten Beruf orientiert, geht es im Fall der Erwerbsminderung um die Fähigkeit überhaupt einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen – das kann auch nur das Sitzen in einem Pförtnerhäuschen sein und hat nichts mit dem beruflichen Werdegang zu tun.

Arbeitsfähigkeit
Im Sprachgebrauch der Deutschen Rentenversicherung liest sich das dann wie folgt: „Die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung sind erfüllt, wenn Sie wegen Krankheit oder Behinderung weniger als sechs Stunden täglich arbeiten können, und zwar nicht nur in Ihrem, sondern in allen Berufen. Ihre Rentenversicherung prüft das anhand ärztlicher Unterlagen.“

Und weiter heißt es bei der Rentenversicherung: „Es gilt der Grundsatz ‚Reha vor Rente’. Das heißt: Zunächst prüfen wir, ob Ihre Erwerbsfähigkeit durch medizinische oder berufliche Rehabilitation wiederhergestellt werden kann und Sie danach wieder in der Lage sind, Ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Ist das nicht möglich, beurteilen wir, in welchem zeitlichen Umfang Sie noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Von diesem restlichen Leistungsvermögen hängt ab, ob für Sie eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung in Frage kommt.“

Die Voraussetzungen für eine volle Erwerbsminderungsrente sind also erheblich. Dazu darf man nur noch maximal drei Stunden täglich arbeiten können – egal in welchem Beruf. Für eine teilweise Erwerbsminderungsrente muss man immer noch zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten können. Die Höhe der Rente reduziert sich dann entsprechend auf die Hälfte. So oder so: Bis ein Betroffener Geld erhält, vergeht viel Zeit.

Die Alternative
Wer sich die Leistungen einer Erwerbsminderungsrente vor Augen geführt hat, wird schnell die Frage stellen: Was man denn selbst für den Fall der Fälle tun kann. Die Lösung lautet: Private Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese zahlt im Fall der Berufsunfähigkeit eine zuvor vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente. Dafür zahlen Versicherte einen monatlichen Versicherungsbeitrag, dessen Höhe sich aus dem jeweiligen Berufsunfähigkeitsrisiko und der gewünschten monatlichen Berufsunfähigkeitsrente errechnet. Dabei bekommt in aller Regel jeder ein Versicherungsangebot ohne Einschränkungen oder Prämienzuschläge. Nur vier von hundert Versicherungsanträgen mussten Unternehmen wegen zu hoher Risiken ablehnen, so der Branchenverband GDV.

Klar ist: Je nach Beruf ergeben sich unterschiedlich hohe Versicherungsbeiträge. Ein Dachdecker wird anders versichert als ein Büroangestellter. Dabei gilt: Je jünger man in die Berufsunfähigkeitsversicherung eintritt, desto geringer fallen die Beiträge aus. Wichtig ist auch, dass die Versicherungshöhe nachträglich angepasst werden kann, um etwa Kaufkraftverluste durch die Inflation, Gehaltssteigerungen oder auch Änderungen der persönlichen Lebenssituation wie eine Familiengründung berücksichtigen zu können.

Je älter, desto…
Werden Männer berufsunfähig, sind sie einer GDV-Statistik zufolge 48 Jahre alt, bei Frauen liegt das Durchschnittsalter sogar zwei Jahre niedriger. Insgesamt beträgt das Durchschnittsalter bei Eintritt der Berufsunfähigkeit 47 Jahre. Es zeigt sich: Berufsunfähigkeit trifft keineswegs nur ältere Erwerbstätige.

Der Altersunterschied bei Eintritt der Berufsunfähigkeit zwischen Männern und Frauen geht mit unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Berufsunfähigkeitsrisiken einher. So sind psychische Erkrankungen bei Frauen mit einem Anteil von 30 Prozent die mit Abstand häufigste Ursache für eine Berufsunfähigkeit. Bei den Männern führen psychische Erkrankungen etwa genauso häufig zur Berufsunfähigkeit wie Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats.

Leistungsstark
Versicherer haben manchmal den Ruf nur widerwillig zu zahlen. Im Fall der Berufsunfähigkeitsversicherung geben die GDV-Zahlen den Kritikern nicht recht: Mit knapp über 77 Prozent bewilligen die Versicherer einen Großteil der Leistungsanträge. Zum Vergleich: In der Gesetzlichen Rentenversicherung wird nur jedem zweiten Antrag auf Erwerbsminderung stattgegeben. Die durchschnittlich ausgezahlte Berufsunfähigkeitsrente liegt bei 7.551 Euro pro Jahr. In diesem Durchschnittswert enthalten sind aber auch Leistungen, die als Zusatzversicherung vereinbart wurden – beispielsweise ergänzend zu einer Risikolebensversicherung. Die durchschnittlich versicherte Jahresrente bei reinen Berufsunfähigkeitsversicherungen liegt demgegenüber sogar bei 12.016 Euro.


Kurz nachgefragt bei

Heiko Vollmer
Der Dipl. Wirtschaftsingenieur und Financial Advisor (ebs) ist seit 2007 Vorstand der FINGENIUM private finance AG. Er betreut dort vorrangig Privatkunden in Vorsorgefragen.www.fingenium.de

Wie teuer ist die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit?
Hierzu lassen sich wegen der großen Zahl prämienbestimmender Faktoren keine konkreten Zahlen nennen. Die Höhe der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente, das Endalter der Absicherung, die Berufsgruppe, Risikozuschläge wegen Vorerkrankungen sowie der Einschluss von Arbeitsunfähigkeits-Klauseln oder Pflegeoptionen haben direkten Einfluss auf den Beitrag. Eines ist sicher: wo eine Privathaftpflicht mit einer Deckungssumme von 50 Mio. Euro im Jahr um die 60 Euro kostet, sprechen wir bei einer an das Einkommen angepassten Berufsunfähigkeits-Absicherung eher von 50 bis 100 Euro im Monat. Dies sagt vor allem etwas über die Wahrscheinlichkeit eines Berufsunfähigkeitsfalls während der Laufzeit und damit die Wichtigkeit eines Berufsunfähigkeitsschutzes aus.
Interessanterweise lohnt es sich gerade für nicht körperlich tätige Berufsgruppen kaum, als Alternative zur Berufsunfähigkeitsabsicherung eine private Erwerbsunfähigkeits-Absicherung oder einen vergleichbaren Vertrag einzukaufen, da hier die Prämien nicht oder nur geringfügig unter dem vergleichbaren Berufsunfähigkeitsschutz liegen.

Reicht es bei der Auswahl der Berufsunfähigkeitsversicherung auf den Monatsbeitrag zu schauen?
Man sollte das Thema auf keinen Fall über den reinen monatlichen Zahlbeitrag aufrollen, sondern sich zunächst auf die Tarife und Versicherungsgesellschaften konzentrieren, die über qualitativ sehr gute Bedingungswerke und Regelungen verfügen. Hierzu sollte man sich an einen Berater wenden, der mit neutralen Vergleichsprogrammen wie Franke & Bornberg oder Morgen & Morgen arbeitet.

Innerhalb eines qualifizierten Vergleichs entscheidet man sich dann aber für das günstigste Angebot?
Innerhalb dieser Vergleichsgruppe kann man sich auch schon mal etwas am Preis orientieren, aber Vorsicht: zu beachten ist neben dem Zahlbeitrag auch der sog. Tarif- oder Bruttobeitrag, den der Versicherer ausweist. In den meisten Fällen werden nämlich die aktuellen Überschüsse aus der Kalkulation direkt als Beitragsminderung an den Kunden weitergegeben. Sinken die Überschüsse, steigt der Zahlbeitrag des Kunden. Und vor dem Hintergrund des nachhaltig niedrigen Zinsniveaus und steigender Schadenquoten, wird bei weitem nicht jeder Versicherer seine Überschüsse halten können. Bereits in den letzten Jahren kam es hier bei einigen Versicherern zu Kürzungen. Für langfristige Stabilität muss also auch das Rating des Versicherers selbst für die Tarifauswahl herangezogen werden.

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