Was Privatanleger vom Norwegischen Staatsfonds lernen können

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Staatsfonds erfreuen sich in den vergangenen Jahrzehnten wachsender Beliebtheit. Vor allem durch Rohstoffeinnahmen reichgewordene Staaten versuchen sich über diesen Weg Einfluss aber auch Zukunftsperspektiven zu erkaufen. Die Investmentstrategien der jeweiligen Staatsfonds sind dabei so vielfältig wie es Fonds gibt.

Aus Sicht eines Privatinvestors wird jedoch ein Fonds immer wieder als besonders erfolgreich und deshalb nachahmenswert herausgepickt: Der Statens Pensjonsfond Utland. Wir haben uns den Staatsfonds aus Norwegen einmal genauer angesehen und geben marktEINBLICKE.

Europa gilt für viele Menschen nicht als rohstoffreiche Gegend. Dennoch sind auch hier Bodenschätze aller Art zu finden. Der jüngst beendete Steinkohleabbau in Deutschland, die Diskussion um die Braunkohle und andere Umweltbedenken führen dazu, dass die durch die hohe Bevölkerungsdichte fast unmögliche intensive Rohstoffförderung weiter zurückgedrängt wird.

Mit einer Ausnahme: Öl und Gas. Davon gibt es in Europa zahlreiche kleinere und größere Vorkommen, die mit Blick auf die Bedeutung des „schwarzen Goldes“ auch tatsächlich ausgebeutet werden.

Schatzkammer Nordsee

Die ersten Öl- und Gasvorkommen in der Nordsee wurden in den 1930er-Jahren entdeckt. 1958 erfolgte die Entdeckung des größten Gasfelds Europas vor der Küste der Niederlande. Die daraufhin begonnene Erschließung und Ausbeutung hatte aufgrund der Preisentwicklung zunächst nur eine untergeordnete Rolle.

Erst die Ölkrise 1973 sorgte dann dafür, dass durch die Preisexplosion die Förderung von Öl und Gas in der Nordsee mit Nachdruck vorangebracht wurde. Länder wie die Niederlande, Großbritannien oder Norwegen wurden innerhalb weniger Jahre zu bedeutenden Rohstoffexporteuren – vor allem für die europäischen Nachbarn. Zwar erfreuten sich die Förderländer über diesen bis dahin unbekannten Reichtum, doch folgenlos blieb die Ausbeutung nicht.

Während sich Großbritannien und dort insbesondere Schottland in den Folgejahren zu einem erfolgreichen Industrieland mauserte – einer der Gründe, warum Schottland mehrheitlich gegen den Brexit ist und an einer engen EU-Bindung interessiert ist – führte der Reichtum in den Niederlanden zu einem Phänomen, das 1977 durch den Economist als Holländische Krankheit erstmals beschrieben und anschließend in die Wirtschaftslehrbücher einzog.

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Holländische „Krankheit“

Durch den Verkauf von Rohstoffen (in diesem Fall Öl und Gas) stiegen die Exporterlöse. In der Folge kamen vermehrt ausländische Devisen ins Land, deren Umtausch zu einer realen Aufwertung des Gulden führte. Diese Aufwertung hatte zur Folge, dass Importe billiger wurden und der Import von Gütern anstieg.

Das wiederum führte zu einer Erodierung der niederländischen Nicht-Rohstoffproduktion (vor allem Industrie und Landwirtschaft). Gleichzeitig wurden Exporte teurer, was zu einer Verschlechterung der Internationalen Wettbewerbsfähigkeit führte. Am Ende führte die Fokussierung auf die Öl- und Gaswirtschaft zu einer ausgewachsenen Wirtschaftskrise.

Die Lösung der Ökonomen für diese „Krankheit“ besteht darin, die Deviseneinnahmen infolge von Rohstoffförderung nicht in die heimische Währung zu tauschen, sondern diese Exporterlöse als Auslandsinvestitionen außerhalb des eigenen Währungsraums arbeiten zu lassen. Im Fall von Norwegen führte diese „einfache“ Lösung 1990 zur Einrichtung des zunächst als Ölfonds bekannten Staatsfonds.

Öleinnahmen für die Zukunft

Seit 1996 fließen die Einnahmen aus der Ölförderung in einen beim norwegischen Finanzministerium angesiedelten Fonds. Zuvor waren die Einnahmen aus Steuern, direkten Beteiligungen an den Öl- und Gasplattformen, Gebühren für die Förderung und der Beteiligung am Öl- und Gaskonzern Equinor vor allem für den Aufbau der Öl- und Gasindustrie und der Infrastruktur eingesetzt worden. Im Lauf der zwei Jahrzehnte seit Einrichtung des Fonds wuchs zeitweise das Vermögen auf mehr als eine Billion US-Dollar.

Wie erfolgreich das Konzept ist, zeigt die langfristige Rendite von sechs Prozent p.a. (in US-Dollar). Dabei setzen die Norweger auf eine einfache Portfoliozusammensetzung: Zwei Drittel liegen in Aktien, rund 30 Prozent in Anleihen, der Rest in Immobilien. Bei der Auswahl an Aktien spielt natürlich die Größe des Unternehmens und dessen Entwicklung die Hauptrolle. Derzeit investiert der Fonds in mehr als 9.100 Unternehmen aus 73 Staaten.

Aber auch ethische Kriterien fließen in die Anlage-Entscheidung mit ein. So hat sich der norwegische Staatsfonds beispielsweise von Beteiligungen an Rüstungskonzernen wie Airbus oder Boeing ebenso verabschiedet wie von der an Tabakkonzernen oder den Umweltschutz missachtenden Rohstoffkonzernen. Damit hat der Fonds den Begriff Nachhaltigkeit bereits gelebt, bevor er richtig in Mode geriet. Nicht zu seinem Nachteil, wie die Rendite verrät.

Transparenz und Langfristigkeit

Der im Englischen als „Government Pension Fund Global“ (GPFG) bekannte Fonds zeichnet sich dabei durch eine große Transparenz aus, die es den Norwegern, aber auch Anlegern weltweit, sehr leicht macht, die Strategie zu verfolgen. Zwar soll der Fonds primär einen internationalen Kapitalstock für die Zeit nach dem Öl aufbauen.

Aber bereits jetzt kann der norwegische Staat bereits bis zu drei Prozent des Fondsvermögens in den Staatshaushalt umlenken. Dennoch spielt der langfristige Anlagehorizont die Hauptrolle bei den Norwegern. Daher wurde in den letzten Jahren auch die Aktienquote signifikant erhöht – auf zuletzt bis zu 70 Prozent.

Eine Fülle an Einschränkungen und Abweichungen von einfachen Regeln macht den Erfolg des Fonds aus. Während global investierende Anleger häufig einfach auf Indizes wie den MSCI World setzen, nimmt der norwegische Fonds den FTSE Global All Cap als Basis und weicht von dessen Zusammensetzung durch eigene Schwerpunkte ab.

Neben der schwarzen Liste, die ethische Gesichtspunkte berücksichtigt und bestimmte Aktien öffentlichkeitswirksam boykottiert, liegt die Nachhaltigkeit den Norwegern besonders am Herzen. In sogenannten Positionspapieren erläutern sie Themenkomplexe und deren Auswirkungen auf ihr Investmentverhalten, etwa zum Thema Steuervermeidung, Korruption oder Arbeitnehmerrechte.

Auch dies alles ist stets transparent und für alle einsehbar. Privatanleger können sich also nicht nur an der frei zugänglichen schwarzen Liste, sondern auch an den Begründungen für Über- oder Untergewichtungen orientieren. Zudem sorgen die Norweger immer wieder für Aufsehen, wenn sie etwa auf Hauptversammlungen die Vergütung des Managements kritisieren.

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Was Privatanleger lernen können

Das Portfolio des norwegischen Staatsfonds liest sich in den größten hundert Positionen wie das Who-is-who der Weltwirtschaft. Neben großen Namen wie Apple, Nestlé, Microsoft oder Samsung sind aber auch unzählige kleine Firmen zu finden. Immerhin halten die Norweger im Durchschnitt so 1,4 Prozent aller weltweit börsennotierten Unternehmen.

Der Fonds ist damit der Inbegriff des altbekannten Erfolgsfaktors „Diversifikation“ – sprich das Vermögen sollte auf viele kleine Anlagetöpfe aufgeteilt werden. Das Risiko für das Gesamtvermögen ist beim Ausfall von einem oder mehreren Positionen überschaubar. Dank der niedrigen Transaktionskosten ist das auch für Privatanleger sehr gut machbar.

Die Einzeltitelauswahl stellt natürlich für viele Anleger die Gretchenfrage dar. Man kann es sich dabei leicht machen und einfach die bekannten großen Aktien kaufen, mit Ausnahme der nach ethischen Kriterien erstellten schwarzen Liste und befindet sich bereits auf der sicheren Seite. Das klingt zunächst langweilig, macht aber im Umkehrschluss deutlich: Geldanlage mit Aktien ist weitaus einfacher, als man denkt.

Vor allem bei einem langfristigen Horizont. Dann spielen Kaufzeitpunkt ebenso wenig eine Rolle wie die ideale Depotgewichtung. Der langfristige (gemeint sind 20 Jahre und mehr) Vermögensaufbau funktioniert mit der Fokussierung auf breite Streuung und nachhaltige Auswahlkriterien ideal. Der norwegische Staatsfonds macht es vor.


mE-Tipp

Die Transparenz des norwegischen Staatsfonds macht es leicht, dessen Portfolio nachzuvollziehen. Regelmäßige Berichte erlauben detaillierte Analysen. Lediglich Englisch muss man dazu beherrschen.

www.nbim.no/en/


Buchtipp

So werden Sie reich wie Norwegen: Genial einfach ein Vermögen aufbauen
Norwegen hat den größten Staatsfonds der Welt. Gespeist aus den Öleinnahmen soll er die langfristige Finanzierung des skandinavischen Staates und seiner Bürger sichern. Ein Grund für Clemens Bomsdorf genauer hinzusehen und das Geheimnis hinter dem Erfolg des Staatsfonds zu entschlüsseln und für den Privatanleger Stück für Stück aufzuschreiben. Das Buch zeigt eindrucksvoll, wie einfach der Aufbau eines soliden Vermögens an sich ist – wenn man sich an die Regeln hält!
ISBN: 978-3593512617 – 19,95 Euro*

 

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