USA-China: Sind Handelskriege leicht zu verlieren?

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Seit anderthalb Jahren belastet der Handelskonflikt, den die USA gegen China ohne rechtliche Grundlagen auslösten, nicht nur die Finanzmärkte, sondern auch die Weltwirtschaft. Laut diversen Berechnungen liegt der Schaden, den die USA für den Rest der Welt makroökonomisch angerichtet haben bei circa 0,5 Prozent der aktuellen Weltwirtschaftsleistung pro Jahr.

Das sind erhebliche Größenordnungen, die die USA ohne Rechtsgrundlagen dem Rest der Welt aufbürden. Die laute Stille, die diese Brüche im Westen auslösten, ist irritierend. Ist dieses US-Verhalten mit westlichen Werten, die ansonsten gegenüber Drittstaaten laut artikuliert werden, vereinbar?

Seit Ausbruch dieses Handelskonflikts hören wir immer wieder von US-Präsident Trump, dass Handelskriege leicht zu gewinnen seien. In der Tat war dies der Fall bei den Auseinandersetzungen mit Kanada und Mexiko, deren Wirtschaftskraft auch nur bei etwa 10 Prozent der US-Wirtschaftskraft liegt. Gegenüber China sind die USA der kleinere Partner. Laut Kaufkraftparität liegt das BIP der USA bei rund 15 Prozent der Weltwirtschaftsleistung, während die Wirtschaftsleistung Chinas bei 19 Prozent des Welt-BIP oszilliert. Da die USA mit 2 bis 2,5 Prozent wachsen, während das Wachstum Chinas bei rund 6 Prozent mäandert, baut sich eine immer größer werdende Diskrepanz zu Gunsten Chinas auf. Das Trump-Narrativ der leicht zu gewinnenden Handelskriege kommt im Fall China an seine Grenzen. Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob nicht Handelskriege gegen wirtschaftlich ebenbürtige Partner unter Umständen leicht zu verlieren sind.

Das Ziel von Trump war und ist es, den Industriestandort USA wiederzubeleben. Die Folgen seiner Handels- und Sanktionspolitik wirken aber faktisch diesem Ziel diametral entgegen. Zölle wirken auf die Wirtschaftssubjekte wie Steuern. Unter der Annahme, dass alle Importe aus China im Volumen von 500 Mrd. US-Dollar mit einem Zoll von 25 Prozent belastet werden, werden US-Unternehmen und US-Verbraucher mit 125 Mrd. US-Dollar pro Jahr belastet. Diese quantitative Belastung verschlechtert den Status als Investitionsstandort. Genau das haben auch alle Arbeitgeberverbände der US-Regierung in das Stammbuch geschrieben. Neben dieser quantitativen Belastung ergibt sich bezüglich des Themas Investition eine noch bedeutendere Belastung durch das Zoll- und Sanktionsregime nach Gutsherrenart losgelöst von internationalen Verträgen und Konventionen. Jeder Investor muss sich fragen, ob seine Lieferketten bei einer solchen Politik nicht unangemessenen Risiken ausgesetzt sind. Mehr noch stellt sich auch die Frage wie attraktiv der Standort bezüglich der internationalen Absatzmärkte ist, wenn unter fadenscheinigen Begründungen der Gefährdung der nationalen Sicherheit sanktioniert wird und werden kann. Kein ernstzunehmender, global tätiger Investor, kann sich diesen Risiken aussetzen, wenn er sich nicht dem Vorwurf der Verantwortungslosigkeit aussetzen will.

China steuert seit Ausbruch des Handelskonflikts mit einer Vielzahl von Maßnahmen gegen die negativen Einflüsse auf die heimische Wirtschaftslage. Das Gesamtvolumen dieser Maßnahmen liegt bei mehr als 800 Mrd. US-Dollar. Dazu gehören Steuersenkungen von mehr als 300 Mrd. US-Dollar. Die Liquidität wurde beispielsweise durch Senkung der Mindestreservesätze um mehrere 100 Mrd. US-Dollar erhöht. Dazu kamen strukturelle Maßnahmen, die den Potentialwachstumspfad Chinas erhöhen. So wurden für den Rest der Welt ex USA Import- und Exportzölle gesenkt. Unternehmen können jetzt ohne chinesische Beteiligung gegründet werden, was BASF und Tesla derzeit auch umsetzen. Chinas Wirtschaftsdaten glänzen vor diesem Hintergrund bisher mit Solidität. Im ersten Quartal lag der Anstieg des BIP bei 6,4 Prozent, im zweiten Quartal bei 6,2 Prozent und im dritten Quartal bei 6,0 Prozent im Jahresvergleich. Die von den USA ausgelösten Friktionen mögen weitere überschaubare konjunkturelle Einbußen mit sich bringen. Die größere Erosion liegt nicht nur konjunkturell, sondern auch strukturell in den USA, denn diese haben ihre Verlässlichkeit im internationalen Rechtsverkehr aufgegeben. Als Halter der Weltleitwährung US-Dollar unterminiert man damit in Washington auch die Vorteile, die dieser Status bisher mit sich brachte. China hat eine Staatsverschuldung bei circa 50 Prozent des BIP, die der USA liegt bei mehr als 105 Prozent der Wirtschaftsleistung. Wer hat mehr Manövriermasse und wer hat mehr Durchhaltepotential? Am Ende sind Handelskriege mit gleichwertigen Partnern vor allen Dingen leicht zu verlieren!

Ein Beitrag von Folker Hellmeyer

Folker Hellmeyer hat am Finanzmarkt ursprünglich als Devisenhändler begonnen. Für die Deutsche Bank und Helaba war er in Hamburg, London und Frankfurt tätig. Von 2002 bis 2017 war Hellmeyer Chefanalyst der Bremer Landesbank. Heute arbeitet er als Chefanalyst für die Fondsboutique Solvecon Invest.

www.solvecon-invest.de

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