Gin – die trendige Wacholderspirituose

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Wer heute in einer Bar sitzt und einen Gin Tonic bestellt, wird erst einmal gefragt, welchen Gin er denn gerne hätte und welches Tonic Water dazu. Da fängt das Problem für den Nicht-Gin-Experten schon an. Denn wer sich noch nicht damit befasst hat, wird anfangs von den vielen verschiedenen Gin-Sorten, Flaschen und Tonic Waters überrumpelt sein. Willkommen in der Welt des Gin.

Wie soll man seinen Gin-Liebling aus dieser Vielfalt herausfinden? Soll es ein würziger oder floraler Gin sein, ein London Dry Gin oder ein Dry Gin, einer zum Mixen von Gin and Tonic oder einer, der lieber pur genossen werden sollte, lieber einen aus Europa, aus Japan, von einem großen oder kleinen Hersteller? Bei Gin hat man die Qual der Wahl. Zum Glück!

Nach der EU-Spirituosenverordnung von 2008 ist Gin „eine Spirituose mit Wacholdergeschmack, die durch Aromatisieren von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs, der entsprechende sensorische Eigenschaften aufweist, mit Wacholderbeeren (Juniperus communis L.) gewonnen wird.“.

Das heißt kurz: Gin ist ein Wacholderschnaps aus einem pflanzlichen Alkohol wie Getreide oder Melasse, verfeinert mit zahlreichen weiteren Zutaten, den sogenannten „Botanicals“.

Einsteiger-Gins finden sich ab 10 Euro im Supermarkt (Bildquelle: Pixabay / KRiemer)

Die Botanicals beeinflussen den Geschmack des Gins extrem und sind deshalb das A&O eines jeden Ginherstellers. Mit ihnen wird jeder Gin einzigartig. Die Auswahl und Zusammensetzung dieser Zusatzstoffe sind die Basis für einen guten Gin. Denn es ist eine Kunst, einen ausgezeichneten Gin herzustellen.

Gin kann je nach Dominanz der verschieden Botanicals in diese Grundgeschmacksgruppen eingeteilt werden: Gins mit starker Zitrusnote wie Zitrone, Limette oder Bergamotte, Gins mit starker Wacholderbeernote, oft kombiniert mit Zitrusfrüchten, Gins mit würziger Note und der Dominanz von Kräutern oder Gewürzen und Gins mit floraler Note, bei denen Blüten überwiegen.

Abgesehen von der Einteilung nach Geschmacksrichtungen, definiert die EU Gin-Sorten offiziell nach dem Herstellungsprozess. So ist der Dry Gin, auch destillierter Gin, ein Gin, der durch ein zweifaches Destillationsverfahren gewonnen wird. Zur Aromatisierung zugelassen sind natürliche und naturidentische Stoffe, die zu jedem Zeitpunkt zugegeben werden dürfen, allerdings darf der Gin nicht nachträglich gesüßt werden. Der destillierte Gin weist einen Mindestalkohol von 37,5 % Volumen auf.

Eine Sonderform des Destillierten Gins ist der London Dry Gin, in Europa am meisten verbreitet. Er muss nicht wie dem Namen nach vermutet aus London kommen, sondern hat strengere Vorgaben bei der Herstellung als der Dry Gin: Die pflanzlichen Zutaten müssen natürlich sein und dürfen nur vor dem Destillationsprozess alle zusammen hinzugegeben werden.

Eine nachträgliche Zugabe ist nicht erlaubt, sowie sind auch künstliche Aroma- und Farbstoffe strikt verboten sind. Zucker darf nur in ganz geringen Mengen enthalten sein, und zwar 0,1 g Zucker je Liter Gin.

Bombay Sapphire ist mit knapp über 30 Jahren eine der jungen britischen Gin-Marken (Bildquelle: Pixabay / Hans)

Gin ist eine Medizin

Gin hat wie viele andere Spirituosen seinen Ursprung in der Herstellung von Medizin. Alkohol wurde schon frühzeitig zur Bekämpfung von Fieber und Schmerzen angewendet. So auch von dem holländischen Arzt Franciscus Sylvius de la Boe, der im 16. Jahrhundert einen Wacholderschnaps namens Genever, holländisch für Wacholder, herstellte.

Die englischen Soldaten, die im Achzigjährigen Krieg in Holland stationiert waren, brachten den Genever auf ihrer Heimkehr mit nach England und dort wurde er einfach zu Gin abgekürzt. Da Gin nicht nur für die Gesundheit gut war, sondern auch gut schmeckte, schaffte er den Weg zum Genussmittel.

Die Herstellung von Gin war einfach und billig und da der Alkohol für jeden erschwinglich war, stieg der Pro-Kopf-Verbrauch auf 90 Liter pro Jahr. Mitte des 18. Jahrhunderts kam es dann in England zur Gin-Krise. Viele Menschen waren nur noch betrunken und konnten ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen. Erst durch die Einführung von Steuern und Qualitätskontrollen für die Ginherstellung konnte dieser Zustand eingedämmt werden. Von da an war Gin wieder der Upperclass vorenthalten.

Gin wird gerne zum Mixen von Cocktails verwendet. Der wohl bekannteste Cocktail ist der Gin Fizz, der bereits zum ersten Mal im 19. Jahrhundert in dem Buch „The Bartenders Guide 1862“ von Jerry Thomas auftaucht. Thomas war Bartender in vielen Bars in New York und gilt als Urvater der amerikanischen Mixkunst. Weiter Cocktails mit Gin folgten und wurden immer beliebter.

Je nach Gin varieren auch Tonic und Frucht. Hendricks Gin wird traditionell gerne mit Gurke genossen (Bildquelle: Pixabay / Sinawa)

Der Gin-Boom

Gin ist heute beliebter als je zuvor. Eine wahres Gin-Fieber ist ausgebrochen. Die Szene-Bars sind voll mit Ginflaschen unterschiedlichster Sorten, dazu passende Tonics in alles Geschmacksrichtungen. Überall gibt es Gin-Events und Diskussionen, welchen Gin man doch mal testen sollte. Doch woher kommt diese neue Liebe zu Gin?

Den neuen Boom hat Gin vor allem den vielen kleinen Herstellern zu verdanken, die mit ganz neuen Ideen an die Ginproduktion herangehen. Es entstehen interessante Ginsorten mit liebevoll ausgewählten Botanicals in schönen Flaschen. Mit frechen Marketingkampagnen werden neue Zielgruppen angesprochen.

Der bekannte Monkey 47 aus dem Schwarzwald war einer der ersten, der diese neue Gin-Kultur einleitete. Durch seine 47 meist regionalen Zutaten ist er sehr komplex. Einige deutsche Gins sind so gut, dass sie es sogar zu internationalen Auszeichnungen schaffen.

Der GINSTR Stuttgart Dry Gin ist alleiniger Preisträger der „Gin & Tonic Trophy 2018“ der International Wine & Spirit Company in London. Laut der internationalen Jury ist er somit der beste Gin der Welt, um Gin Tonic zu machen. Dazu gab es sogar den zusätzlichen Gold-Award für das besonders eindeutige Testergebnis mit dem Zusatz „Herausragend“.

Tanqueray ist eine der ältesten und weltweit erhältlichen Gin-Marken (Bildquelle: Pixabay / CocktailTime)

Warum passt Tonic zu Gin?

Der beliebteste Longdrink mit Gin ist sicherlich der Gin and Tonic. Hier wird die hochprozentige Spirituose nicht pur genossen, sondern 4-6 cl Gin mit gekühltem Tonic Water aufgefüllt.

Die Mischung von Tonic Water mit Gin hatte ihren Ursprung schon in der Zeit des Imperialismus und Kolonialismus, als britische Soldaten zum Schutz gegen Malaria Chinin einnehmen mussten. Damit das Chinin nicht so bitter schmeckte, wurde es einfach in den Gin geschüttet. Der Gin Tonic war geboren. Das chininhaltige Getränk wurde später Tonic Water genannt, denn „tonic“ bedeutet „stärkend“ und soll gegen alle möglichen Krankheiten helfen.

Tonic Water gibt es heutzutage in vielen Geschmacksrichtungen. Allen Tonics gemeinsam ist, dass sie Chinin enthalten und eine bittere Geschmacksnote haben, denn Chinin wird aus der Rinde des Chinarindenbaums, dessen Ursprungsort in den Anden Südamerikas liegt, gewonnen – und ist von Natur aus bitter.

Außerdem ist dem Tonic Water immer Kohlensäure zugesetzt, was den Longdrink so erfrischend macht. Während klassische, neutrale Tonics – auch Indian Tonics – durch die Zugabe von Zitrussäure eine feine Zitrusnote haben, schmecken aromatisierte Tonics intensiver: würzig und herb, floral und fruchtig oder bitter.

Bitter ist vor allem das Dry Tonic Water, in dem weniger Zucker als im Indian Tonic enthalten ist. Die Entscheidung für das richtige Tonic Water hängt letztlich vom Gin ab, mit dem es gepaart werden soll. Nicht jeder Gin harmoniert mit jedem Tonic Water. Da hilft es, selbst auszuprobieren oder einem Gin-Experten zu folgen, der sich bereits ausführlich mit diesem Thema beschäftigt hat.

Bekannte Tonic Water sind unter anderem Fever Tree, Schweppes, Thomas Henry, Aqua Monaco, Fentiman’s und Britvic.

Zum Longdrink gehört dann auch noch eine Garnitur, die aber auch wieder zum Gin und zum Tonic Water passen sollte. Um Ihnen das Mixen etwas zu erleichtern, hilft unser Gin Tonic Mixguide.

Eis ist wichtig, damit der Gin Tonic die richtige Temperatur hält (Bildquelle: Pixabay / Ben_Kerckx)

Die Lieblings-Gins der marktEINBLICKE-Redaktion:

Monkey 47

Der Schwarzwald Dry Gin hat einen sanften Wacholdergeschmack, ergänzt durch herbe Zitrusnoten und blumige Aromakomponenten. Der berühmte Gin aus Loßburg im Schwarzwald enthält 47 verschiedene Botanicals.

Wien Gin

Der Gin der „Kesselbrüder“ aus Wien in der schönen Apothekerflasche enthält acht Botanicals, darunter Orangenschalen und Muskatnussblüten. Es dominieren Holunder- und Fruchtnoten sowie herb würzige Wacholdernoten.

Applaus Gin

Der erste Dry Gin aus Stuttgart wird in kleinen Mengen von Hand abgefüllt und enthält 24 Botanicals. Wacholderbeeren und Zimt treffen auf feine Zitrusfrüchte und frischen Rosmarin.


Der mE Cocktail-Tipp: Dry Martini (Bildquelle: Pixabay / PublicDomainPictures)

mE Cocktail-Tipp:

Dry Martini

Zutaten:

  • 5 cl Gin
  • 1 cl trockener Wermut
  • 1 Olive
  • 1 Zitronenschale
  • Eiswürfel

Zubereitung:

  • Eis, Gin und und Wermut in ein Rührglas geben und umrühren
  • In ein gekühltes Martiniglas abseihen, das restliche Eis soll dabei nicht mit ins Glas
  • Mit Zitronenschale und Olive garnieren

Pascal Dulay-Winkler, Gründer und Geschäftsführer von Liquid Director.

Kurz nachgefragt bei:
Pascal Dulay-Winkler, Gründer und Geschäftsführer von Liquid Director.
www.liquiddirector.com

Herr Dulay-Winkler, wie kamen Sie auf die Idee, den Liquid Director Gin Club zu gründen?

2015 brachte mein ältester Bruder zusammen mit Freunden ihren ersten Gin auf den Markt. Dabei stellte sich mir die Frage, wie wohl noch unbekannte Gins von Gin-Liebhabern entdeckt werden können?

Das war die Geburtsstunde vom Liquid Director Gin Club. Wir haben das Genießer-Set für Gin-Liebhaber im Abonnement entwickelt: Es gibt Monat für Monat einen ausgewählten Gin zusammen mit darauf abgestimmten Ergänzungen neu zu entdecken.

Was erwartet den Gin-Liebhaber, der Ihrem Club beitritt?

Für unsere Club-Mitglieder ist es jeden Monat fast wie an Weihnachten – Vorfreude pur! Denn der Inhalt bleibt bis zum Öffnen des Paketes eine Überraschung. Wir gestalten jede Box unter einem speziellen Thema. So gab es mal eine Berlin-Box, im nächsten Monat Gin von den Balearen mit Oliven und einem Hotelgutschein oder eine Valentinstag-Box mit Rosenblättern als Garnitur, Schokolade und vieles mehr für einen unvergesslichen Genuss.

Grundsätzlich liegt in jeder Box eine Original-Flasche Small-Batch Gin, also keine Kleinproben. Tonic Water ist passend zum jeweiligen Gin ebenso in jeder Box wie ein Booklet, in dem man noch mehr über den Gin erfährt: Verkostungsnotizen, die Story über die Destillerie und Cocktailrezepte mit den dazu benötigten Zutaten. Falls frische Zutaten benötigt werden, wird man als Club-Mitglieder vorab per Email informiert.

Wir bekommen Rückmeldungen aus unserem Club, dass oft das Öffnen der Gin-Box im Kreis mit Freunden, Kollegen usw. als gemeinsames Event gefeiert wird.

Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Gin-Boxen?

Gemeinsam mit meinem Team sind wir in Kontakt mit Trendsettern, Bartendern und Experten aus der Szene. Wir recherchieren für Kombinationen zu einer nächsten Gin-Box. Das passiert durch kreativen Flow um ein Thema, das wir im Austausch von Ideen und Gestaltungsvorschlägen optimieren.

Das Zusammenspiel gleicht einem künstlerischen Prozess bis schließlich die nächste Box konzipiert ist.
Natürlich bekommen wir auch inzwischen viele Anfragen von Unternehmen, die gerne an unserer Box partizipieren möchten.

Was sind gerade die Trends in der Gin Szene?

Die Gin-Szene bringt gefühlt täglich Neuerungen zu Tage. Gin ist in aller Munde und ein Abschwächen des Trends ist nicht in Sicht.
Der Gin in Kombination ist so facettenreich, dass er inzwischen nicht mehr nur als Gin Tonic und als klassischer Gin Cocktail angeboten wird, sondern als Aperitif und auch Digestif genussvoll getrunken wird.

Wie trinken Sie Gin selbst am liebsten?

Am liebsten bei einer guten Unterhaltung und dann erstmal pur, um den Gin unverfälscht schmecken zu können. Dann klassisch mit dem passenden Tonic Water, gerne auch als Cocktail wie z.B. den Gin Basil Smash.

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