DAX Charttechnik: Die Hausse nährt die Hausse

Erholung war auch in dieser Woche am deutschen Aktienmarkt angesagt. Die Kurse setzten auf breiter Front die Anfang Juni begonnene Stabilisierung fort und kletterten in der Spitze auf 6.776 Punkte. Erst die spanische Anleiheauktion für 10jährige Staatspapiere nahm dem Aufwärtsdrang am Freitag den Wind aus den Segeln. Nach den jüngsten Erholungstendenzen musste die Regierung in Madrid wieder Renditen von über 7 Prozent auf den Tisch legen.

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Deutlicher Verkaufsdruck kam allerdings nicht auf. Der DAX legte vielmehr eine Verschnaufpause/Konsolidierung ein, wobei sich die Kurse auf einem hohen Niveau halten konnten. „Jetzt werden die Shorties aus dem Markt gedrückt“, diesen Satz hat man in den vergangenen Tagen des Öfteren gehört. Kein Wunder, denn das skeptische Marktumfeld gepaart mit den klaren charttechnischen Kaufsignalen ist der ideale Nährboden für einen schnellen Anstieg nach oben. Rational ist die Rallye kaum zu erklären, auch wenn in den breiten Medien die EZBLeitzinssenkung und der EU-Gipfel immer wieder als Begründung genanntm werden. Sei es drum, im DAX-Daytrading konnten wir in dieser Woche mit einem Long-Trade und schnellen Gewinnen von rund 80 Prozent an dem Anstieg profitieren.

Sicherlich, rückblickend haben wir uns von den Scheinen zu früh getrennt (zirka auf dem Niveau von 6.690 Punkten), doch wenn man einen Blick auf das Euwax-Sentiment (Grafik oben) wirft, dann stellt man schnell fest, dass nicht allzu viele Marktteilnehmer auf der Long-Seite investiert waren bzw. sind. Im Gegenteil: Mehrheitlich wurde/wird auf der Short-Seite zugegriffen, sprich Puts werden eingekauft, womit gegen den neuen Trend gewettet wird. Dieses Szenario spielt aber eher den Bullen in die Karten, denn auf dem jetzigen Niveau gilt es noch eine Menge Short-Positionen einzudecken. Fraglich bleibt zudem, wie lange die „Shorties“ nochdie Nerven behalten können, wenn ihnen der Markt davon läuft.

„Buy-on-Dips“ diesen Ausdruck werden Sie in den kommenden Sitzungen öfter hören, sofern sich der Markt zunehmend im neuen Aufwärtstrend etabliert. Unsere aktuelle Strategie ist dabei relativ simpel: Alles wo 67 vorsteht interessiert uns im Augenblick nicht. Zwar haben wir den Bereich rund um 6.750 in der vergangenen Woche als Widerstand klassifiziert, jedoch kommt dieser Zone eher ein bremsender Charakter zu. Als markante Wendemarke eignet sich das Level eher weniger, was sich am Verhalten aus dem Frühjahr ableiten lässt. Auf der Oberseite hingegen besteht kurzfristig noch Platz bis in den Bereich von 6.830 Punkten. Dort deckelt dann die September- Aufwärtstrendgerade die Kurse, die von unten an diesen Widerstand herablaufen.

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Ein mögliches Short-Setup mit engem Stop-Loss und kurzer Haltedauer könnte also in Kürze durchaus interessant werden. Auf der Unterseite würden wir gerne 6.680 Punkte sehen, um auf niedrigerem Niveau erneut auf den Hausse-Express aufzuspringen. Grundsätzlich sehen wir aus technischer Sicht derzeit kaum Argumente, die für längere Short-Engagements sprechen. Dies würde sich erst unterhalb von 6.575 Punkten ändern, denn dann wäre der jüngste Aufschwung als Fehlausbruch einzustufen. Wichtig bleibt der Blick auf das Sentiment.

Schauen Sie sich die Grafik ganz oben bitte noch einmal genau an. Das starke erste Quartal wurde ebenfalls von einem skeptischen Umfeld begleitet. Als die Stimmung drehte bildete sich dann das Top heraus. Der Market Mover schlechthin ist derzeit die Hoffnung auf weitere Maßnahmen der geldpolitischen Lockerung durch die Fed. Der Markt preist dies bereits ein. Wir könnten uns aber auch vorstellen, dass die EZB sich noch dazu entschließt spanische Staatspapiere zu kaufen, um der Politik weitere Zeit zu verschaffen. Die Möglichkeiten seitens der Notenbanken sind noch nicht ausgeschöpft. Generell würde also nur eine dramatische Verschlechterung der EU-Schuldenkrise zu einem erneuten Sell-Off im August und September führen (hatten wir ja im letzten Jahr schon). Bis dato ist das jedoch reine Spekulation, zumal aus charttechnischer Sicht keine nennenswerten Kaufsignale vorliegen. Auch wenn es für eine solche Aussage noch recht früh ist, aber im Augenblick spricht vieles für neue Jahreshochs statt neuer Jahrestiefs im Laufe des zweiten Halbjahres.

Sebastian Hoffmann ist Trading-Analyst bei Prime Quants. Dort ist er vor allem für die Intraday-Analysen, die Handelssysteme und die Trading-Services verantwortlich.