So schnell geht das

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Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Das zeigt sich zuallererst schon einmal daran, dass in diesem Adjektiv neuerdings gleich drei atemlose L hintereinander stecken. Aber auch sonst dominiert die Schnelligkeit. Mode. Musik. Zeitgeist. Politik. Die Trends wechseln schneller, als ich schreiben kann. Aber schnell ist nicht immer gut. Das ist schon Goethe im Jahre 1825 aufgefallen, der diese Entwicklung als „veloziferisch“ bezeichnete und damit eines meiner absoluten Lieblingsworte geschaffen hat, eine geniale Verschmelzung von Velocitas (lat. die Eile) und Luzifer, dem Sinnbild des Teuflischen. 191 Jahre später warnt auch Georg Fahrenschon, seines Zeichens deutscher Sparkassen-Präsident, vor zu hohem Tempo: „Weiter Vollgas führt zur Katastrophe“, so Fahrenschon dieser Tage, und meint damit ein Festhalten der EZB an der bisherigen Niedrigzins-Politik. Zur EZB kommen wir natürlich gleich, zunächst aber noch einmal zurück zum schnellen Trendwechsel, denn den mussten wir in dieser Woche auch an den Märkten beobachten:

Mit Hängen und Würgen

Jetzt hatten sich die Kurse doch gerade berappelt und so etwas wie eine Aufwärtsbewegung eingeschlagen – im DAX betrug das Plus seit dem bisherigen Jahrestief bei 8.699,29 Zählern vom 11. Februar bis vor dem gestrigen Handelstag immerhin 11,77 Prozent. Diese Zahl täuscht allerdings darüber hinweg, dass seit dem bislang letzten größeren Tagesgewinn (+2,34 Prozent am 01. März) nicht mehr viel nach oben ging, und wenn, dann nur vorübergehend: Immer mal wieder schob sich der deutsche Leitindex ein Stück aufwärts, um zum Handelsschluss dann doch wieder zurückzufallen. Und zwar mittlerweile sogar über die 9.800er-Marke, und das ist auf den ersten Blick kein gutes Zeichen. Aus technischer Sicht ist der DAX dadurch nämlich in einer recht engen Range zwischen 9.600 Punkten als Unterstützung und besagten 9.800 Zählern als Widerstand gefangen, womit die Vorzeichen beinahe minütlich wechseln. Und damit auch die Trends – stürzt der Index jetzt unter 9.600 Punkte, könnte daraus die nächste Abwärtswelle entstehen, klettern die Blue Chips doch noch über 9.800 Zähler, wäre das vielleicht der Startschuss für einen Rallyeschub in Richtung 10.000er-Marke. Dieses tagelange Hängen und Würgen hatte natürlich auch einen Grund, und der wiederum hatte drei Buchstaben:

EZB!

Diese Handelswoche lässt sich in zwei Teile unterteilen – vor und nach Draghis Rede vom Donnerstag. Davor war die Spannung auf dem Parkett beinahe mit Händen zu greifen gewesen, und kein Anleger wagte sich auch nur ein Stück weiter als notwendig aus der Deckung. Danach explodierten die Kurse. Die Ankündigung des EZB-Chefs, die Anleiheankäufe künftig von bislang 60 auf dann 80 Milliarden Euro pro Monat auszuweiten sowie die Absenkung des Leitzinses auf Null und die Erhöhung des Strafzinses entfachte ein wahres Kursfeuerwerk. Innerhalb von Minuten schoss der DAX um beinahe 250 Punkte nach oben und blieb so mit einem Tageshoch von 9.996 Punkten nur hauchdünn unter der 10.000er-Marke. Anders als noch Anfang Dezember – damals hatte Draghi „nur“ eine Verlängerung des Anleihekaufprogramms in Aussicht gestellt, woraufhin die Kurse in den darauffolgenden Sitzungen um gut 1.000 Punkte abstürzten, hat der oberste europäische Währungshüter dieses Mal die Erwartungen der Anleger offenbar voll und ganz erfüllt. Allerdings nur für eine kurze Zeit, denn nachdem die vorgenannte Explosion verpufft war, stürzten die Kurse ganz schnell ins Bodenlose. Aber, wie schon gesagt: schnell ist nicht immer gut! Am Ende dieses ereignisreichen Tages stand ein tiefrotes Minus von -2,31 Prozent auf der Anzeigetafel, 500 Punkte lagen zwischen Tageshoch und -tief! Also doch wie im Dezember? Hat Draghi mit seiner Bazooka etwa danebengeschossen? Nein. Vielmehr waren die hohen Erwartungen der Anleger in den Kursanstiegen der Vorwochen bereits eingepreist. Immerhin hat Draghi diesmal zwar geliefert, aber was das riskante EZB-Manöver tatsächlich wert ist, werden wir erst in den kommenden Sitzungen sehen!

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