H&R: Chemie-Traditionsunternehmen unter Druck

Bildquelle: Pressefoto H&R

Die H&R GmbH & Co. KGaA (WKN: A2E4T7 / ISIN: DE000A2E4T77) ist Paradebeispiel für einen deutschen Traditionskonzern, der als Familienunternehmen klein anfing und sich im Laufe der Jahre zu einem Weltunternehmen entwickelte. Die Wurzeln reichen hier zurück bis in das Jahr 1919, in dem Heinrich Hansen und Emil Rosenthal in Hamburg die Firma Hansen & Rosenthal gründeten, deren Geschäft im Handel von Weißölen und Vaselinen lag.

Umfangreiches Produkt-Portfolio

In den folgenden Jahrzehnten stieg die H&R-Gruppe zu einem global erfolgreichen Spezialchemie-Unternehmen auf, das in der Entwicklung und Herstellung chemisch-pharmazeutischer Spezialprodukte auf Rohölbasis und Präzisions-Kunststoffteilen tätig ist, die in mehr als 100 Industrien verwendet werden. Das umfangreiche Produktportfolio erstreckt sich von Vaseline und Weißölen, die in der pharmazeutischen und kosmetischen Industrie eingesetzt werden über Rohstoffe für den Apothekenbedarf und Prozessöle für die Reifen-, Kunststoff- und Farbenindustrie bis hin zu Motorenölen, Industrieschmierstoffen, Wachsen, Rohstoffen für die Bau- und Kunststoffindustrie sowie Kabelfüllmassen für Telekommunikations- und Energiekabel. Dabei besteht in einigen Märkten laut der H&R Gruppe Markt- und/oder Technologieführerschaft.

Insgesamt umfasst das Angebot von H&R eigenen Angaben zufolge über 800 Produkte, die aus Rohölderivat gewonnen und die weltweit vertrieben werden. Das in Salzbergen, Niedersachsen, ansässige Unternehmen verfügt über Produktionswerke in Europa, Amerika, Asien, Afrika, Australien sowie Neuseeland. Laut H&R gehören die Raffinerien sowie Misch- und Abfüllbetriebe des Konzerns nach unabhängigen Studien zu den effizientesten und profitabelsten Anlagen weltweit. Dabei beschäftigt die H&R Gruppe insgesamt über 1.700 Mitarbeiter.

Rückschlag durch die Corona-Krise

Die Corona-Krise und die nach wie vor angespannte Lage in der Automobilindustrie schlugen sich auch in den vorläufigen Geschäftszahlen zu den ersten neun Monaten 2020 nieder. So wurde hier nur noch ein Umsatz von 650 Mio. Euro verbucht, nach 825 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum. Das Konzernergebnis der Aktionäre betrug im Zeitraum Januar bis September -15 Mio. Euro. Im Vorjahreszeitraum stand noch ein Gewinn von 4 Mio. Euro zu Buche.

Absatzerholung

Neben dem Umsatzeinbruch wurde das Ergebnis H&R zufolge auch durch höhere Abschreibungen belastet. Doch der Konzern zeigte sich zuversichtlich, was die weitere Geschäftsentwicklung anbelangt. Demnach hat sich der Absatz seit Jahresmitte spürbar erholt. Dabei soll sich der September 2020 als bislang ergebnisstärkster Monat des laufenden Jahres gezeigt haben.

Ausblick bestätigt

Auf der anderen Seite erklärte H&R, dass die derzeit wieder deutlich ansteigenden Infektionszahlen in Europa mit den entsprechenden Lockdown-Maßnahmen die Ergebnisentwicklung erneut belasten könnten. Deshalb bleibt das Unternehmen vorsichtig optimistisch, bestätigt jedoch zunächst die Erwartung eines Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) in Höhe von maximal 45 Mio. Euro für 2020 (2019: Gewinn 53 Mio. Euro).

Heftiger Kursabsturz

An der Börse ging es für H&R in den vergangenen Jahren steil bergab. Nachdem die im Prime Standard der Frankfurter Börse notierte Aktie im September 2016 ein Fünfjahreshoch bei 19,57 Euro markierte, setzten die Notierungen bis zum März dieses Jahres um über 80 Prozent auf in der Spitze 3,49 Euro zurück, was den tiefsten Kursstand seit dem Jahr 2001 bedeutete.

Lage bleibt angespannt

Es folgten eine steile Erholungs-Rallye bis zum Juli auf 6,15 Euro und eine erneute Korrektur bis Ende Oktober auf 3,94 Euro. Bis Anfang November konnte sich der Kurs dann wieder bis zeitweise auf 4,50 Euro nach oben arbeiten. Damit ist hier jetzt wieder die 200-Tage-Linie (4,90 Euro) in den Fokus gerückt. Gelingt der Ausbruch nach oben, liegen die nächsten Kursziele bei 6,15 Euro (Juli-Hoch) und bei 6,37 Euro (Jahreshoch vom Februar). Bis zur letztgenannten Zielmarke eröffnet sich aktuell ein Aufholpotenzial von über 40 Prozent. Solange die H&R-Aktie aber unter der 200-Tage-Linie notiert, bleibt die Lage aber weiter angespannt.

Keine Dividende für 2019

Für das abgeschlossene Geschäftsjahr 2019 hat H&R im laufenden Jahr keine Dividende ausgeschüttet. Grund hierfür sind laut dem Unternehmen unter anderem die weiterhin bestehenden Volatilitäten auf den Rohstoffmärkten und die nach wie vor andauernde Corona-Krise. Deshalb ist es gut möglich, dass auch im kommenden Jahr 2021 für 2020 keine Dividende ausgeschüttet wird.

Fazit

Das Spezialchemie-Unternehmen H&R wurde durch die Corona-Krise und die Schwäche der Automobilindustrie kräftig zurückgeschlagen, wie die Zahlen zu den ersten neun Monaten 2020 zeigen. Auch wenn sich der Absatz seit Jahresmitte wieder deutlich erholt hat, dürfte die Geschäftslage weiterhin angespannt bleiben, da ein Ende der Pandemie nach wie vor nicht in Sicht ist. Weiterhin angespannt bleibt auch die Lage an der Börse. Für die Aktie von H&R ging es in den vergangenen Jahren steil nach unten. Wer hier auf einen Turnaround setzen möchte, sollte die Rückeroberung der 200-Tage-Linie abwarten und den Kapitaleinsatz wegen der hohen Volatilität der Aktie klein halten.

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