Im Land von Spätburgunder, Strauße und Schiefele

Im Kaiserstuhl haben Weinreben ideale Voraussetzungen. Bildquelle: Pixabay / Couleur

Es heißt, man schmeckt in jedem Glas aus Baden die Kraft von 1.800 Sonnenstunden. Die klimatischen und geologischen Unterschiede bringen eine sagenhafte Weinvielfalt zustande. Eines der bekanntesten Weinanbaugebiete Deutschlands ist das über dem Rheintal thronende Massiv des Kaiserstuhls. Das ist Wein-Lebensart pur – willkommen in Südbaden.

Lassen Sie uns wieder zusammen auf eine Reise gehen, nach Süddeutschland, in das Weinbaugebiet Baden. Es ist mit etwa 15.400 Hektar Rebfläche das drittgrößte in Deutschland. Seine fünf bedeutendsten Bereiche bilden quasi den „Wein-Schwarzwald“ im Süden: Die Ortenau, der Breisgau, der Kaiserstuhl, der Tuniberg und das Markgräflerland.

Eine Region ist unserer mE-Redaktion hierbei besonders ans Herz gewachsen – der Kaiserstuhl. Eingebunden in die Badische Weinstraße ragt der Kaiserstuhl westlich von der Studentenstadt Freiburg aus dem Oberrheintal. Der vulkanische Gebirgsstock bietet nachweislich das sonnigste und wärmste Klima aller deutschen Weinanbaugebiete und ist im wahrsten Sinne des Wortes „von der Sonne verwöhnt“ – so der Evergreenslogan von badischen Weinen.

In der Natur schmeckt ein Glas Wein am besten. (Bildquelle: Keller, Schwarzwald Tourismus)

Ertragreiche Vulkanböden

Auf den Vulkanböden mit ihrer großen Speicherkapazität wurden schon Temperaturen nahe 70 Grad Celsius gemessen. Der Zentralkaiserstuhl entstand durch das Erstarrungsgestein, also der Magma, die langsam abkühlte. Die Magma und die Tephra (Gesteinsschmelze) formten die Umgebung um den Kaiserstuhl. Der kalkreiche Flugsand der letzten Eiszeit überdeckt das Gestein teilweise bis 20 Meter hoch.

Dass man hier bestens Wein anbauen kann, wussten auch schon die Römer. Als ehemaliges römisches Siedlungsgebiet gilt es als sicher, dass der eigentliche Weinbau mit den Römern nach Südbaden kam. Die älteste Urkunde über den Weinbau am benachbarten Tuniberg (dem kleinen Bruder des Kaiserstuhls) stammt aus dem Jahre 888 n.Chr.

Heute umfasst das Kaiserstuhl-Gebiet über 4.000 Hektar Rebfläche. Aufgrund der geologischen und klimatischen Gegebenheiten lassen sich in Südbaden vom Terroir geprägte, fruchtige, mineralische Weißweine und stoffige, körperreiche Rotweine mit sortenspezifischer Aromaausprägung produzieren.

Das Weinanbaugebiet im Kaiserstuhl ist riesengroß. (Bildquelle: Pixabay / holgiverfolgi)

Herausragende Burgundersorten

Weinkenner wissen: Der Kaiserstuhl ist vor allem bekannt für die herausragenden Burgundersorten Spätburgunder, Grauburgunder und Weißer Burgunder. Wer auf Sylt ist, trinkt ihn in der Sansibar, wer eine Kreuzfahrt im Mittelmeer macht, trinkt ihn ebenfalls – der Kaiserstühler Wein, vor allem mit seinen Grauburgundern und Spätburgundern, hat eine Spitzenstellung nicht nur in der deutschen Gastronomie-Szene erreicht.

Die Burgundergruppe in der Region wird durch Auxerrois, St. Laurent und Schwarzriesling abgerundet. Dazu kommen die bekannten Sorten Müller-Thurgau, Riesling, Silvaner und Gutedel. Viele Lagen des Kaisterstuhls sind über die Grenzen hinaus bekannt, wie beispielsweise der Ihringer Winklerberg, oder der Achkarrer Schloßberg, Oberrotweiler Henkenberg, der Oberrotweiler Eichberg oder die Oberbergener Baßgeige.

Der Burgunderanbau ist eines von zahlreichen Merkmalen, warum die Weinregion Baden auch die Herkunft ihrer Weine mit dem EU-Gütezeichen „geschützter Ursprung“ (g. U.) absichert.

Zum Wohl! (Bildquelle: Pixabay / Pexels)

Weinwanderung auf dem Kaiserstuhlpfad

Wer einmal speziell den Kaiserstuhl näher erkunden will, sollte eine Lebensart-Wanderung machen und sich auf den Kaiserstuhlpfad begeben. Auf einer Länge von rund 22 Kilometern führt der Pfad über die höchsten Erhebungen des Kaiserstuhls. Naturfreunde werden staunen, denn mit etwas Glück bekommen sie die eine oder anderen Orchideen-Art zu Gesicht. Kein Scherz – rund 35 Orchideen-Arten kommen im Kaiserstuhl vor und wer noch etwas mehr Glück hat, begegnet einem Bienenfresser, einem seltenen, bunten Vogel, der in dieser Region zu Hause ist.

Der Kaiserstuhlpfad beginnt am Bahnhof im Winzerstädtchen Endingen. Von hier geht es vorbei am schönen Naturbadesee Erleweiher. Danach folgt man einer sehr schönen und imposanten Kastanienallee, deren Bäume mehr als 70 Jahre alt sind. Mit dem Wegabschnitt Eichelspitz beginnt dann das weitläufige Naturschutzgebiet Badberg mit einer tollen Aussicht vom Eichelspitzturm.

Ein Besuch im Winzerstädtchen Endingen lohnt sich. (Bildquelle: Pixabay / Couleur)

Ein herrlicher Blick über den Kaiserstuhl und die schöne Reblandschaft. Bei guter Fernsicht zeigen sich sogar die Alpen. Anschließend geht es über den Wegabschnitt Neunlinden weiter Richtung Totenkopf, der höchstgelegenen Erhebung am Kaiserstuhl. Mit 557 Höhenmetern sorgt der Totenkopf für ein beeindruckendes Erlebnis inmitten der Rheinebene. Anschließend geht es beim Standort Adlerhorstsattel weiter nach Vogtsburg-Bickensohl.

Vielfach prämierte Weingüter

Am Ende des Weges kommt man zur südlichsten Aussichtskanzel des Kaiserstuhls, wo einem ein herrlicher Panoramablick geboten wird. Über die Lenzberggasse führt dann der Weg ins Winzerdorf Ihringen. Selbstverständlich bietet es sich auf diesem Genussweg an, sich das eine oder andere Mal die Winzer vor Ort näher anzuschauen. Gerade in Ihringen sind zwei Winzer, bei denen es sich lohnt, zum Abschluss einzukehren: Die vielfach prämierten Weingüter Dr. Heger und Stigler:

Wer Fan von trockenen Weinen ist, kommt um das Weingut Dr. Heger nicht vorbei. Die Weine sind authentisch, klassisch und trocken. Der Restzucker in der Regel laut Weingut bei allen Weinen unter vier Gramm pro Liter. Frei nach dem Motto „Nicht zu viel – aber auch nicht zu wenig.“ Das Weingut Stigler ist ebenfalls ein Highlight. Seit 1881 im Familienbesitz gedeihen heute auf 15 Hektar des Stigler´schen Reblandes in dieser Toplage am Kaiserstuhl höchste Qualitäten. Beide Winzer haben eines gemeinsam: Sie sind VDP-Weingüter.

Große Lage Weine vom VDP (Bildquelle: VDP)

Wann immer es in Deutschland um die Qualität von Wein geht, kommt man um den Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter e. V. (VDP) nicht herum. Der VDP ist die älteste nationale Vereinigung von Spitzenweingütern in der Welt. Heute, mehr als einhundert Jahre nach der Gründung, vereint der VDP 197 Spitzenweingüter aus allen deutschen Weinanbaugebieten. 17 davon sind in Baden beheimatet. Der VDP klassifiziert seine Weine in vier Qualitätskategorien: VDP-Gutswein, -Ortswein, -Erste Lage und die höchste Kategorie Große Lage. Zu erkennen sind alle VDP-Weine am Gütesiegel des VDP-Traubenadlers auf der Flaschenkapsel.

Straußenwirtschaft – zuhause bei Badens Winzern

So oder so – die Region Südbaden und der Kaiserstuhl lassen nur eines für Wein- und Lebensartfreunde zu: Bei den Winzern persönlich vorbeizuschauen. Viele bieten ihren Gästen neben schönen Führungen durch die Weinberge auch ausgefallene Proben an – und abends empfiehlt sich eine gemütliche Einkehr in die typischen Straußenwirtschaften.

Wenn die Herbstsonne die Weinberge anstrahlt, ist es Zeit einmal in Baden die Winzer bei sich zu Hause zu besuchen. Viele Winzer im Südwesten öffnen dann für einige Wochen ihre Türen und Küchen, dann hängt das Sträuß’che vor der Tür. Es ist ganz einfach:

„Kumm, me geeh in d’ Strauße!“ Wer das badische Lebensgefühl hautnah erleben möchte, ist in einer Straußwirtschaft, im badischen Volksmund auch „Straußi“ oder „Strauße“ genannt. Die Wirtschaften sind gelebte Tradition und ein wichtiger Teil der badischen Weinkultur.

Tradition geht auf Karl der Große zurück

Zurück geht die Tradition der Straußenwirtschaft auf Karl den Großen im Jahr 812. Er erließ das „capitulare de villis vel curtis imperii“. Die Verordnung erlaubte demnach den Weinbauern, einen Teil des Weins im eigenen Haus auszuschenken. Den Zeitpunkt des Ausschanks zeigten die Winzer an, indem sie einen Strauß, Besen oder Kranz am Hoftor befestigten. Daher hängt heute an den Straußwirtschaften ein Strauß aus Weinlaub oder Ähren, wenn sie geöffnet sind.

Ausgeschenkt wird, was im eigenen Weinberg wächst und serviert, was Küche, Keller und Räucherkammer hergeben. Die Speisen sind daher meist einfach gehalten. So werden vor allem regionale Gerichte angeboten. Dazu gehören Winzervesper und Käsebrett, aber auch beispielsweise „Brägeli“ (Bratkartoffeln), Bibiliskäs oder Flammkuchen. Nicht zu vergessen: Das badische Schäufele – eine gepökelte und geräucherte Schweineschulter und dazu lauwarmen Kartoffelsalat aus der Region.

In der Straußwirtschaft gibt es ein Winzervesper zum Wein. (Bildquelle: Pixabay / Mammiya)

Passend dazu wird Selbstgekeltertes ausgeschenkt: Burgunder am Kaiserstuhl, Müller-Thurgau am Bodensee, Gutedel im Markgräflerland und Klingelberger in der Ortenau. Je nachdem, in welcher der zahlreichen Straußwirtschaften der Gast einkehrt, findet er vom jungen, leichten bis eleganten, gereiften Tropfen für jeden Geschmack etwas auf der Weinkarte.

Maximal vier Monate im Jahr in höchstens zwei Zeitabschnitten dürfen die Straußwirtschaften geöffnet haben. So will es das Gesetz. Übrigens: Auch die Anzahl der Sitzplätze ist gemäß Gaststättenverordnung begrenzt – im Weinbauland Baden darf eine Straußwirtschaft maximal 40 Sitzplätze haben. Das heißt in Nicht-Corona-Zeiten enger zusammenrücken.

Fazit. Das Weinland Baden und speziell die Region um den Kaiserstuhl bietet für jeden Geschmack das ganz persönliche Weinerlebnis. Lebensart pur. Wie sagte schon Johann Wolfgang von Goethe: „Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken.“

Bildquelle: Pixabay / Couleur