Wohin geht die Reise des DAX

Einer der bekanntesten freien deutschen Aktienanalysten, Wieland Staud, gibt exklusiv für db-X markets seine aktuelle Markteinschätzung und Prognose zum deutschen Leitindex DAX. Die folgenden Ausführungen spiegeln die Meinung von Wieland Staud und nicht zwangsläufig die Meinung von db-X markets oder der Deutschen Bank AG wider:

Wieland Staud: Eine der wichtigsten Fragen, die sich ein Analyst täglich stellen und mit der aktuellen Marktsituation abgleichen muss, ist die nach den idealen Rahmenbedingungen für eine Hausse beziehungsweise eine Baisse. Wem es gelingt, zunächst die Erkennungsmerkmale eines Abwärts- oder Aufwärtstrends eindeutig zu identifizieren und diese danach auf die gegenwärtige Verfassung des beobachteten Marktes zu übertragen, für den dürften die Finanzmärkte viel von ihren Geheimnissen verlieren.

Die Merkmale einer Baisse sind neben den deutlich fallenden Kursen und gebrochenen Aufwärtstrends erstaunlicherweise relativ viel Zuversicht bei den Investoren, hohe Investitionsquoten und ein Mangel an Liquidität. Im Vergleich dazu zeichnet sich eine Hausse durch das glatte Gegenteil aus: Obwohl reichlich Liquidität zur Verfügung steht, die Investitionsquoten vergleichsweise niedrig sind und die entscheidenden Abwärtstrends gebrochen wurden, wird der Kursanstieg mit reichlich Skepsis verfolgt. Bemerkenswerterweise zeichnen sich Haussen wie Baissen dadurch aus, dass die Mehrzahl der Marktteilnehmer in den gegen den Trend gerichteten Konsolidierungsphasen bereits wieder den Beginn einer Trendwende zum Besseren beziehungsweise Schlechteren sieht.

Wendet man dieses einfache Prüfschema auf den DAX Ende Oktober 2012 an, dann wird man wohl recht schnell nur zu einem Ergebnis kommen können: Der DAX befindet sich wahrscheinlich in einem langfristigen Aufwärtstrend. Die wichtigen Abwärtstrends sind alle gebrochen, die Investitionsquoten eher gering, die Skepsis der Mehrheit unverändert groß, Liquidität steht in ausreichendem Maße zur Verfügung und gerade in der jüngsten Konsolidierungsphase sahen und sehen nicht wenige bereits wieder den Anfang schmerzvoller Anlegerzeiten. Auch wenn die Nachrichten, die vor allem aus dem Euro-Raum täglich auf uns einprasseln oft genug ihren ganz eigenen Charme haben. In den Augen der meisten würde dies wohl nicht zu diesem Fazit passen wollen: Die Medizin, die vor allem in den letzten Jahren den diversen Krisenländern verabreicht wurde, scheint langsam zu wirken.

Als Analyst bin ich verpflichtet, die Märkte möglichst nüchtern zu beurteilen. Nicht das, was die Nachrichtenlage vermeintlich nahe legt, mir mein Nachbar oder sonst ein Unberufener sagt, noch das, was als Mehrheitsmeinung gelten kann, zählt, sondern allein das, was ich in den Charts und den daraus abgeleiteten technischen Indikatoren beobachten kann. Alles andere wäre Analyse nach Gutdünken und frei von irgendeiner konsequenten Regelanwendung. Deshalb kann ich derzeit nur zu dem Schluss kommen, dass der DAX langfristig steigen dürfte. Mein Ziel sind Kurse im Bereich von 8.000 Punkten.

Aber auch in Zeiten wie diesen geht es einfach nicht ohne analytische Disziplin. Prognosen befassen sich grundsätzlich mit der Zukunft und die ist grundsätzlich immer erst einmal unbekannt. Wir werden sie nie mit Sicherheit antizipieren oder aus Ungewissheit Gewissheit machen können. Alles was in unserer und damit auch meiner Macht liegt, ist das Wahrscheinliche vom Unwahrscheinlichen zu trennen und daraus eine Prognose zu formulieren. Deshalb der Hinweis auf das analytische Stoploss. Sollte der DAX unter den langfristigen Aufwärtstrend zurückfallen, der notiert derzeit bei rund 6.600 Punkten, dann habe ich mit Zitronen gehandelt und dann dürfte nach dem heutigen Stand der Analyse wieder Schmalhans Küchenmeister werden.

Quelle: x-markets-Newsletter X-Press Trends vom 26. Oktober 2012
Für den Inhalt, der von der Deutschen Bank AG lediglich weitergegeben wird, ist Wieland Staud von Staud Research verantwortlich. Weitere Informationen zu Staud Research unter www.staud-research.de. Die Deutsche Bank AG unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.