Energiewende im Eigenheim – Pflicht vs. Kür

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Die Energiewende ist seit einigen Jahren in vielen Bereichen des täglichen Lebens allgegenwärtig. Wenn es um die eigenen vier Wände geht, steigen die rechtlichen Anforderungen jedes Jahr. Umso wichtiger ist dabei die Frage, ob es darüber hinaus auch eine Kür gibt, die sich lohnt. Sowohl für die energetischen Pflichtaufgaben als auch die freiwilligen Maßnahmen gibt es jeweils staatliche Förderungen, die als Anreiz dienen.

Immobilien bauen und sanieren wird seit Jahren immer teurer. Das liegt nicht nur am allgemein gestiegenen Preisniveau, sondern vor allem an den wachsenden Anforderungen hinsichtlich der Energieeffizienz. Klimaschutz wird seit Jahren immer wichtiger – auch beim Wohnen. Zum 1. November 2020 hat der Gesetzgeber mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zahlreiche Einzelgesetze zusammengeführt. Ob damit alles einfacher wird? Man darf es bezweifeln, denn überall wo das Baurecht tangiert ist, wird es kompliziert und ohne fachlichen Beistand besteht für Laien schnell die Gefahr teure Fehler zu begehen. Dennoch sorgt das neue Gesetz für etwas mehr Klarheit am Bauhimmel.

Neue Normen

Das neue GEG ersetzt neben dem bisherigen Energieeinsparungsgesetz (EnEG), auch die bisherige Energieeinsparverordnung (EnEV) und das bisherige Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Es wird seitens der Großen Koalition in Berlin als großer Wurf verkauft.

Kein Wunder, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei der Verabschiedung verkündete: „Wir sind uns in der Bundesregierung einig, dass Bauen und Wohnen bezahlbar sein und bleiben müssen. Daran halten wir uns. Das Gebäudeenergiegesetz setzt Energieeffizienz und Klimaschutz bei Gebäuden wirtschaftlich, umweltfreundlich und sozial um. Gleichzeitig machen wir einen weiteren wichtigen Schritt zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030.“

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Kabinettskollege Horst Seehofer, eigentlich zuständig für den Bau, hob die Vereinheitlichung der Gesetze hervor: „Das sorgt für Klarheit und weniger Bürokratie. Mit Blick auf die klima- und wohnungspolitischen Ziele der Bundesregierung ist dies ein wichtiges Signal für alle, die ein Haus planen, bauen oder sanieren wollen.“ Bleibt die Frage: Kann das Gesetz das halten, was die Politik verspricht?

Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V. sieht in dem neuen Gesetz „inhaltlich keine Revolution“. Der Verband geht jedoch gleichwohl davon aus, dass mit dem neuen GEG es auch künftig für Immobilienbesitzer attraktiv bleibt, in die energetische Sanierung zu investieren.

Die andere Seite, der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW, äußerte sich ebenfalls positiv. Für GdW-Präsident Axel Gedaschko das GEG wegweisend für das energieeffiziente und klimaschützende Bauen und Sanieren. Es enthalte wichtige Ansätze für eine urbane Energiewende und sei ein erster Meilenstein auf dem Weg zu sinnvollen Klimaschutz-Maßnahmen im Gebäudebereich.“

Ölheizungen werden quasi verboten

Bei soviel Lob von allen Seiten überrascht es nicht, dass jede Seite ein paar Kröten schlucken musste. Denn: Was für Handwerker attraktiv ist, ist für so manchen Bauherren eine teure und aus seiner Sicht nicht immer notwendige Investition. Das betrifft beispielsweise die in Deutschland noch immer sehr verbreitete Ölheizung. Nach wie vor heizen rund 5,6 Millionen Haushalte in Deutschland mit Öl, das ist jede vierte Heizung.

Ab dem Jahr 2026 besteht defacto ein Einbauverbot von Ölheizungen. Konkret dürfen Gas- oder Ölheizkessel, die 1991 oder später eingebaut wurden, nur 30 Jahre lang betrieben werden – Heizkessel, die vor dem 1.1.1991 eingebaut oder aufgestellt wurden, dürfen dann gar nicht mehr betrieben werden. Ausnahmen gibt es zwar auch, doch der Gesetzgeber möchte den Austausch vorrangig erreichen. Dazu gibt es eine Austauschprämie von bis zu 45 Prozent der Investitionskosten. Doch aufgepasst: Wer aufgrund des Alters der Heizung gesetzlich verpflichtet ist, diese auszutauschen, erhält keine Förderung. Das heißt: Unter Umständen ist hier Eile angesagt – vor allem vor dem Hintergrund, dass es je nach Heizungssystem lange Wartezeiten bei den Systemen selbst, aber auch bei den einbauenden Handwerkern gibt.

Wenn schon, denn schon…

Mit Blick auf die Kosten liegt es für viele Immobilieneigentümer nahe, nur das gesetzlich unbedingt notwendige bautechnisch umzusetzen. Doch davon abgesehen, dass eine Immobilie ja für viele Jahre „energetisch fit“ sein muss, spielen auch die Zukunftskosten eine Rolle – die gesetzlichen Anforderungen haben sich schließlich in den letzten Jahren ständig erhöht. Mit Blick auf die hohen Einmalkosten etwa für ein Gerüst oder Baugeräte ist es ratsam, so vieles wie möglich auf einmal zu machen. Wenn alle möglichen energetischen Maßnahmen gleich in einer turnusmäßigen Renovierungsphase umgesetzt werden, entfallen diese „sowieso“-Kosten – das Gerüst steht schließlich auch für den normalen Anstrich und kann gleichzeitig für die Dämmung genutzt werden.

Hinzukommt der Faktor laufende Kosten. Zwar hat die Corona-Krise für rückläufige Energiekosten gesorgt, doch bei einem Anspringen der Konjunktur kann sich das sehr rasch wieder in Richtung Vor-Corona-Niveau bewegen. Sprich, wer heute in eine bessere Dämmung investiert, spart in den nächsten Jahrzehnten Jahr für Jahr bares Geld für Energie.

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Finanzierungshilfe

Da der Staat nun mal gewaltige Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden stellt, unterstützt er die Durchführung entsprechender Maßnahmen durch zahlreiche Finanzierungshilfen.

Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet jede Menge Förderprogramme für die unterschiedlichsten Anforderungen an. Dabei werden nicht nur Neubauten, sondern vor allem auch Renovierungen und Umbauten bestehender Gebäude gefördert. Die Flut an Programmen ist jedoch so groß, dass man sich unbedingt einen professionellen Energieberater an die Seite holen sollte – sonst verschenkt man bares Geld. Neben zinsgünstigen Krediten (selbst in der aktuellen Niedrigzinsphase) werden auch konkrete Zuschüsse für einzelne Maßnahmen angeboten.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz Bafa, ist wiederum für die Zuschüsse rund um die Erneuerung der Heizung zuständig. Es werden bis zu 45 Prozent der Anschaffungskosten übernommen. Alternativ können steuerliche Vergünstigen in Anspruch genommen werden, die über drei Jahre verteilt werden können. Die Kumulierung mit anderen Fördermitteln für die gleichen förderfähigen Kosten ist hierbei zwar grundsätzlich möglich, sofern die Summe aus Krediten, Zuschüssen und Zulagen die Summe der förderfähigen Kosten nicht übersteigt. Mit einer Förderung aus den im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms aufgelegten KfW-Programm ist eine Kumulierung nicht mit allen KfW-Programmen möglich. Klarheit bringt auch hier ein Energieberater.

Am Ende muss das Gesamtkonzept aus Energetischen Maßnahmen und entsprechender Förderung stimmen. Lösungen von der Stange dürften nur in Ausnahmefällen den Anforderungen und Ansprüchen eines Immobilieneigentümers genügen.

Konkreten Maßnahmen

Hinter dem Schlagwort „Energetisch Sanieren“ verbergen sich unzählige Maßnahmen. Alle dürften für die wenigsten Immobilieneigentümer gleichermaßen sinnvoll sein. Je nach Umfeld und lokalen Gegebenheiten ergeben sich viele Möglichkeiten.

  1. Fassadendämmung

Die gesetzlichen Regelungen sind für die Dämmung von Fassaden sehr umfassend. Dennoch gibt es auch innerhalb dieser Vorgaben viele individuelle Möglichkeiten. Das beginnt bei der Stärke der Dämmung und reicht bis zu den zahllosen Materialvarianten. Neben klassischen, kostengünstigen Wärmedämmverbundsystemen, vor allem aus Polystyrol, stehen auch natürliche Dämmstoffe wie Hanf, Kork, Schilf, Flachs oder Holzfaser zur Verfügung. Innovationen wie die Vakuum-Dämmung sind kostenintensiv. Gleichzeitig sind bei hochwertigen Mauerziegeln unter Umständen überhaupt keine zusätzlichen Dämmmaßnahmen notwendig. Letztlich muss die Dämmung auch zum Objekt passen. Einige Zentimeter Außendämmung machen aus jeder Jugendstilfassade ein hässliches etwas. Denkbar sind dann etwa Innendämmungsmaßnahmen.

  1. Dachdämmung

Je nach Nutzung der Immobilien ist die Dachdämmung entweder direkt an den Dachsparren oder der Decke des obersten Stockwerks möglich. Die gesetzliche Regelung ist hier ebenfalls sehr umfassend. Dennoch bieten auch hier die Materialen der Fassadendämmung Spielraum für Individualität.

  1. Warmwasserbereitstellung & Beheizung

Egal wie energetisch eine Immobilie umgebaut wurde, ganz ohne Beheizung geht es in unseren Breiten nicht. Dabei spielt auch eine geeignete Belüftung bei der Planung des Systems eine Rolle. Hochenergetische System verfügen über spezielle Belüftungssysteme, so dass das klassische Lüften mit offenem Fenster nur in Ausnahmefällen erfolgen muss. In Bestandsimmobilien ist das jedoch so gut wie nicht zu realisieren.

Bei den Energiearten gibt es aus energetischer Sicht vier Alternativen, die jedoch nicht alle gleichermaßen realisierbar sind.

Wärmepumpen gibt es als Erd-, Grundwasser- und Luftwärmepumpen. Dabei wird thermische Energie aus tieferen Erdschichten entzogen und mittels einer Wärmepumpe auf ein verwertbares höheres Temperaturniveau angehoben. Der Antrieb der Wärmepumpe kann über Öl oder Gas erfolgen. Erdwärmepumpen in Verbindung mit Gasantrieb gelten als effizienteste Systeme.

Holz- bzw. Holzpelletheizungen sind aufgrund der Feinstaubproblematik umstritten, gelten gleichzeitig aufgrund der Verfeuerung nachwachsender Rohstoffe als ökologische Alternative zu konventionellen Heizungen. Grundsätzlich lässt sich damit ebenfalls ein komplettes Haus mit Warmwasser und Heizung versorgen.

Mini- und Micro-Blockheizkraftwerke produzieren aus Gas oder Biomasse Strom, wobei die dadurch entstehende Wärme für Warmwasser und zum Heizen der Räume genutzt wird. Sie haben einen Nutzungsgrad von 90 Prozent, sind jedoch für kleine Einfamilienhäuser überdimensioniert. Für Doppelhäuser oder Mehrfamilienhäuser lassen diese sich rentabel betreiben.

Durch eine Solarthermieanlage wird Wasser mit der Kraft der Sonne erwärmt. Eine leistungsfähige Anlage deckt bis zu 70 Prozent des Energiebedarfs ab. Es wird also noch ein Ergänzungssystem benötigt.

  1. Stromerzeugung durch Photovoltaikanlage

Alternativ zu einer Solarthermieanlage kann die Sonnenenergie auch direkt in Elektrizität umgewandelt werden. Die dadurch gewonnene Elektrizität kann dann entweder in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden oder im Haus selbst verbraucht werden. Durch einen Stromspeicher lässt sich der Anteil des selbstverbrauchbaren Stroms signifikant erhöhen. Entscheidend für den individuellen Nutzen ist jedoch die Lage der Immobilie und die verfügbare Dachfläche. Förderungen durch den regionalen Energieversorger sind zudem möglich.

  1. Leuchtmittel

Ähnlich wie Kommunen aus energetischen und finanziellen Erwägungen die Straßenbeleuchtung sukzessive auf LED-Beleuchtung umstellen, bieten sich hier auch für Privathaushalte individuelle Möglichkeiten für die eigene Energiewende. Der Wechsel der Leuchtmittel im Haushalt, weg von Glühbirnen, Halogenspots oder Energiesparlampen hin zu LEDs spart nicht nur Strom, sondern auf Dauer auch Geld. Die Anschaffungskosten der teureren LEDs haben sich in durchschnittlichen Haushalte nach einem Jahr bereits amortisiert.

Pflicht vs. Kür

Während der Austausch der Ölheizung definitiv in vielen Haushalten zum Sanierungsprogramm der nächsten Jahre gehören wird, ist das beim Aufbau einer Photovoltaikanlage auf dem Dach nicht der Fall. Diese gehört eindeutig zum Bereich der Küraufgaben. Viele andere Möglichkeiten wie der Austausch von Leuchtmitteln sind eigentlich schon so banal und einfach zu gestalten, dass es verwundert, warum es nicht schon von mehr Menschen vollzogen wird.

Fazit

Letztlich sind die Möglichkeiten des energetischen Sanierens so vielfältig, wie es Immobilien gibt. Gleichzeitig sind die gesetzlichen Vorgaben aber immer strenger und sehr umfassend, weshalb entsprechende Maßnahmen notwendig werden. Geplant mit einem Energieberater, sind jedoch auch größere Sanierungen kein unmögliches Projekt – vor allem da die finanzielle Unterstützung durch den Staat deutlich gewachsen ist.

 

Informationen rund um energetisches Sanieren gibt es bei der KfW (www.kfw.de), dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (www.bafa.de), der Deutschen Energie-Agentur (www.dena.de) sowie beim Bundeswirtschaftsministerium (www.deutschland-machts-effizient.de).

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