Apple wird sozialistisch

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Die jüngste Bilanzvorlage von Apple (WKN: 865985 / ISIN: US0378331005) brachte sensationelle Zahlen zu Tage. Der iPhone-Hersteller pulverisierte wieder einmal sämtliche Erwartungen. Zugleich machte er großspurige Ankündigungen: Einen 430 Mrd. US-Dollar-schweren Investitionsplan – quasi einen Fünf-Jahres-Plan. Wird die Mutter des Kapitalismus nun sozialistisch?

Rekorde, wohin man schaut…

Das Unternehmen verzeichnete im zweiten Fiskalquartal 2020/21 einen Rekordumsatz in einem Märzquartal von 89,6 Mrd. US-Dollar, eine Steigerung von 54 Prozent. Zugleich wies Apple einen Nettogewinn von 23,6 Mrd. US-Dollar bzw. 1,40 US-Dollar je Aktie aus (Vorjahr: 11,2 Mrd. US-Dollar bzw. 0,64 US-Dollar je Aktie).

Die Erwartungen hatten weit darunter gelegen. Vor allem das iPhone, was nun 5G tauglich ist, verkaufte sich wie geschnitten Brot. Nochmal kurz im Überblick, wie groß die Überraschung war:

  • Umsatz: 89,58 Mrd. US-Dollar vs. 77,3 Mrd. US-Dollar erwartet
  • Gewinn je Aktie: 1,40 US-Dollar vs. 0,99 US-Dollar erwartet
  • iPhone Umsatz: 47,9 Mrd. US-Dollar vs. 41,5 Mrd. US-Dollar erwartet
  • Mac Umsatz: 9,1 Mrd. US-Dollar vs. 6,8 Mrd. US-Dollar erwartet
  • iPad Umsatz: 7,8 Mrd. US-Dollar vs. 5,6 Mrd. US-Dollar erwartet

Der Blick in die Zukunft

Neben einem um 90 Mrd. US-Dollar aufgestockten Aktienrückkaufprogramms kündigte Apple an, in den kommenden fünf Jahren 430 Mrd. US-Dollar investieren zu wollen. Dabei geht es um Zukunftstechnologien wie 5G, aber auch Produktionskapazitäten, vor allem im Chipbereich. Denn genau hier sieht man Probleme.

Laut Tim Cook konnte ein Chipmangel nur deswegen vermieden werden, weil Apple Lagerbestände und Produktionspuffer ausschöpfte. Inwiefern sich das im laufenden Quartal auswirkt, ist noch nicht vollständig kalkulierbar, aber Apples CFO Luca Maestri nannte bereits jetzt negative Umsatzeffekte in einer Größenordnung von 3 bis 4 Mrd. US-Dollar.

Vor diesem Hintergrund sind die massiven Investitionen natürlich sehr gut nachzuvollziehen. Schritte wie etwa die Übernahme des Stromsteuerungschips-Geschäfts vom bisherigen Zulieferer Dialog Semiconductor oder die Abkehr vom Dauerzulieferer Intel sind so gesehen klar verständlich. Apple will noch viel mehr der Wertschöpfungskette ins Unternehmen hollen. So produziert Apple beispielsweise seit Ende 2020 eigene Chips (Apple M1), die auf der Arm-Technologie basieren.

Das iPhone ist weiterhin ein Umsatzgarant für Apple (Bildquelle: Pressefoto Apple)

Ein US-Unternehmen bleibt ein US-Unternehmen

Die massiven Investitionen, die auch mit einem Arbeitsplatzaufbau von 20.000 Jobs in vielen US-Bundesstaaten einhergehen, kann man auch vor einem anderen Hintergrund betrachten. Wenn die globalen Steuerpläne der US-Regierung mit Mindestbesteuerung durchgehen, kann man natürlich auch gleich den heimischen US-Markt stärken, der immerhin ein Drittel des aktuellen Umsatzes ausmacht. Anders gesagt:

Wenn Steuern kein Standortargument mehr sind, richtet sich der Fokus noch mehr auf Lieferketten, politische Stabilität und Produktverfügbarkeit. Dazu kommt, dass Apple in Europa zunehmend von Wettbewerbern und Partnern unter aufsichtsrechtliches Feuer genommen wird. Laut EU-Kommission betreibt Apple bspw. unfairen Wettbewerb bei Musik-Apps.

Dies könnte am Ende nicht nur Spotify betreffen, sondern viel mehr Apps im hauseigenen App Store. Das ist vor allem deswegen auch spannend, weil sich Apple bereits aufgrund der europäischen Datenschutz-Regeln massiv gegen Facebook in Stellung gebracht hat.

Fazit

Das US-Unternehmen Apple ist auf dem Weg seinen Platz im US-Arbeitsmarkt deutlich auszuweiten – nicht nur im Silicon Valley. Zwar investiert man auch in Europa in Jobs, bspw. in München, aber in ganz anderen Dimensionen. Kunden nimmt man weiterhin mit Kusshand weltweit, aber wenn es um die Herstellung und Wertschöpfung geht, fokussiert sich Apple zunehmend auf die USA.

Für Aktionäre dagegen dürfte sich sobald nichts ändern. Apple wächste und gedeiht und so auch die Aktie. Zwar war die Kursbegeisterung nach den Rekordzahlen eher verhalten, das liegt aber wohl eher am zunehmend skeptischen Gesamtumfeld, als an Apple. Die Zahlen sprechen für sich. Und wer so viel Geld auch künftig nicht nur investiert, sondern auch in Aktienrückkäufe fließen lässt, ist verdammt sicher was seine eigene Zukunft angeht. Apple-Aktien gibt man also so schnell besser nicht aus der Hand, sondern nutzt eher Kursrückschläge für Nachkäufe.

In diesem Sinne,
weiterhin viel Erfolg bei der Geldanlage

Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt

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