Wird es ein GameStop 2.0 geben?

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An der Börse geht es um mehr als Zahlen, Kurse und Geld. Um wie viel mehr es geht, hat uns die Entwicklung rund um die GameStop-Aktie (WKN: A0HGDX / ISIN: US36467W1099) gezeigt. GameStop ist eigentlich ein Shop für Gaming und Pop Culture und damit eher im Bereich Retail und Konsum zu verorten. Ein Wert also, der eigentlich derzeit überhaupt nicht so sehr in die Börsenlandschaft passt, in der es eher um Technologie, Nachhaltigkeit und Innovationen geht. Trotzdem war es die GameStop-Aktie, bei der es zu einem schon heute als historisch zu bezeichnenden Ereignis kam.

David gegen Goliath

Letztendlich ist es die alte Geschichte von David gegen Goliath, die eben nicht nur die Kurse, sondern auch die Herzen der Privatanleger höher schlagen ließ. Auf der einen Seite die bösen Hedgefonds, die mit fallenden Kursen bei GameStop Kasse machen wollten, weil sie zuvor short gegangen waren. Auf der anderen Seite – zumindest vermeintlich – Tausende von Privatanlegern, die sich gegen die Hedgefonds stellen und mehr oder weniger organisiert dafür sorgten, dass durch ihre Kauforders die Aktie gegen Norden und eben nicht gegen Süden tendiert.

Allein der Gedanke, dass sich Privatanleger organisieren und gemeinsam dafür sorgen, dass einzelne Adressen nicht auf Kosten der Mehrheit Kasse machen, hat seinen ganz eigenen Charme. Das kann nun wahrlich niemand bestreiten.

Spiel mit dem Feuer

Allerdings ist das natürlich auch ein Spiel mit dem Feuer. Denn auch mit der GameStop-Aktie haben sehr viele Privatanleger sehr viel Geld verloren. Was dann noch bleibt, ist sicherlich das gute Gefühl, ein Teil einer Bewegung gewesen zu sein und diese Bewegung überhaupt erst möglich gemacht zu haben. Im Portemonnaie allerdings brennt ein Loch.

Nun, da sich der Rauch verzogen hat, herrscht auch bei dem einen oder anderen Beteiligten mächtig Katerstimmung. Und das gilt nicht nur für die Privatanleger, sondern auch für die Aufsichtsbehörden und den Regulator in den USA wie hier in Europa. Denn die Fragen, die es jetzt zu beantworten gilt, sind alles andere als charmant.

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Es wird diskutiert, ob das Zusammenwirken der Privatanleger oder der Anstoß und Impuls für ein solches Zusammenwirken nicht eine besondere Art der Marktmanipulation darstellt. Den einzelnen Privatanlegern wird man da wohl keinen Vorwurf machen können, wenn er sich mit kleinem und auch großem Geld einer solchen Bewegung anschließt. Doch irgendwann und irgendwo durch irgendwen hat es mal einen Anstoß gegeben und die Lawine setzte sich in Bewegung. Bei der Beurteilung dieser Fragen spielt es auch keine Rolle, dass auf der anderen Seite Hedgefonds und Shortseller agieren, deren Handeln ebenfalls kritisch zu beäugen ist.

Verfahren unklar

Noch ist nicht sicher, wie die entsprechenden Verfahren in den USA ausgehen und wie die Aufsichtsbehörden weltweit auf derartige Vorgänge reagieren. Die Gefahr, dass hier aber mit harten Konsequenzen für den einen oder anderen zu rechnen ist, ist jedoch durchaus gegeben. Dies wird dazu führen, dass wir derartige Entwicklungen wohl eher nicht mehr so häufig sehen werden.

Fatal ist vielleicht für uns hierzulande, dass derartige Entwicklungen zeitgleich mit einem deutlichen Anstieg der Zahl gerade junger Aktionäre einhergeht. Natürlich ist es spannend, ein Teil und auch Mitauslöser der GameStop-Kurskapriolen zu sein. Börse ist aber kein Casino und wenn das Entrée an den Kapitalmarkt und an die Börse damit verknüpft ist, dass solche Dinge geschehen, verliert man doch den eigentlichen Sinn und Zweck der Börse aus den Augen. Es geht um Vermögensaufbau, es geht um Altersvorsorge und es geht um Wertsteigerung.

Natürlich kann man dieses Ziel auf verschiedenen Wegen erreichen. Die dunkle Seite dessen, was wir z. B. bei GameStop gesehen haben, ist aber, dass solche Geschichten auch sehr viele Verlierer produziert. Auch ist die vollkommende Loslösung der Kursentwicklung von dem eigentlichen operativen Erfolg oder Misserfolg einer Gesellschaft eher kritisch zu betrachten und missbraucht die Börse als Bazar sich widerstreitender Interessen. Und deshalb wäre es eigentlich wünschenswert, dass sich Fälle wie GameStop nicht wiederholen, damit die Börse und damit der Kapitalmarkt ein verlässliches Biotop gerade auch für neue Anleger darstellt. Bleiben Sie sich treu!

Ein Beitrag von Marc Tüngler

Er ist Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) und ist ein profunder Kenner des deutschen Aktienmarktes. Als Redner und Aktionärsvertreter auf vielen Hauptversammlungen weiß er um die Befindlichkeiten von Vorständen und Aktionären.
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