Die Qual mit der Wahl

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Ja, das mit der Wahl, das ist so eine Sache. Manchmal würde man alles geben, um eine zu haben. Ein anderes Mal wünscht man sich, man hätte keine und müsste sich darum auch nicht entscheiden. Manchmal ist sie ganz banal – Pizza oder Burger, manchmal ungeheuer wichtig – rote Bluse oder doch lieber das Etuikleid, und manchmal in der Tat sogar weltbewegend. Nehmen wir zum Beispiel die US-amerikanische Präsidentenwahl. Bei dieser wird nämlich das Staatsoberhaupt, der Regierungschef sowie der Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt, und zwar zeitgleich, denn die drei vorgenannten Posten bekleidet der/die Neugewählte in Personalunion für die nächsten vier Jahre, bei guter Führung ist eine Wiederwahl einmalig erlaubt, anders als beispielsweise in der Bundesrepublik, in der es ein Kanzler Kohl auf eine Regierungszeit von 16 Jahren bringt. Dass nicht alles, was lange währt, auch gut ist, haben die freiheitsliebenden Amerikaner hingegen früh erkannt und 1951 die Zwei-Amtszeiten-Regelung eingeführt. Und genau darin liegt nun das Problem, denn nachdem die Zeit für den amtierenden Mr. President Barack Obama abgelaufen ist, muss ein Neuer her. Oder eine Neue, erstmals bewirbt sich ja eine Frau um den Posten. Nun ist es so, dass bei der Bewerbung durchaus auch Quereinsteiger eine Chance haben, Jimmy Carter war vormals Erdnussfarmer, Ronald Reagan Schauspieler. Mit Donald Trump auf der einen und Hillary Clinton auf der anderen Seite stehen nun jedoch zwei Kandidaten zur Wahl, deren Eignung für den Job aus vielerlei Gründen angezweifelt werden muss (Trump) bzw. kann (Clinton). Woran erinnert das? Genau:

Pest oder Cholera

Insbesondere ein möglicher Präsident Trump wird weltweit mit Skepsis gesehen, auch an den Finanzmärkten. Der mittlerweile gängige Begriff „Trump-Faktor“ beschreibt die aktuell vorherrschende Unsicherheit wunderbar treffend, und wenn es etwas gibt, was die Börsianer hassen wie die Pest (wahlweise auch die Cholera), dann ist das bekanntlich Unsicherheit. Damit dürfte uns bis mindestens zum Wahltag im November eine latente Grundvolatilität begleiten, die immer wieder für kleinere oder größere Kursschwankungen sorgen dürfte. Und Sorgen ist ein gutes Stichwort: Die werden im Bankenviertel in Frankfurt nicht weniger, seit die Commerzbank den Abbau weiterer tausender Stellen verkündet und der Deutschen Bank der Bedarf von Staatshilfe (Pest) oder einer Kapitalerhöhung (Cholera) unterstellt wird. Acht Jahre nach Lehman geht es damit für die beiden größten Geldhäuser Deutschlands um deutlich mehr als „Peanuts“, wie es der ehemalige Deutsche Bank-Chef Hilmar Kopper einst freundlich formulierte. Weit weniger freundlich reagierte zunächst der Gesamtmarkt auf die dunklen Schatten über Mainhattan – zu Wochenbeginn schmierte der DAX erst einmal ordentlich ab und rutschte unter die 10.300er-Marke zurück, während die Deutsche Bank sogar neue Allzeit-Tiefs markierte. Zur Wochenmitte wendete sich das Blatt, und die Blue Chips starteten einen Angriff auf die 10.500er-Marke. Der wiederum gestaltete sich als „kürzeste Offensive aller Zeiten“, um mit Lando Calrissians Worten aus Star Wars zu sprechen. Denn nachdem der DAX am Donnerstagvormittag noch 10.575,34 Punkte in der Spitze erreichen konnte, ging es am Nachmittag bzw. nachbörslich satte 300 Punkte in die Tiefe:

Wohl oder Wehe

Plötzlich – und das ist wörtlich gemeint, wer am Donnerstagnachmittag das Kursgeschehen verfolgte, weiß, wovon ich spreche – kippte der deutsche Leitindex nach unten weg und rauschte beinahe ungebremst unter die 10.300er-Marke zurück. Und warum? Nun…ein US-Notenbanker, Denis Lockhart mit Namen und seines Zeichens President der Federal Reserve Bank of Atlanta, erklärte justament zu diesem Zeitpunkt, dass eine Zinserhöhung (ach richtig, die hätten wir ja beinahe schon wieder vergessen!) nur eine Frage der Zeit sei. Also sinngemäß, versteht sich. Womit wir wieder bei dem Thema „Kurse und Nachrichten“ wären, aber das hatten wir ja gerade erst, nicht wahr?! Was bleibt demnach als Fazit für diese Handelswoche? Nun – der September 2016 hat sich zwar nicht als schwächster Monat des Jahres erwiesen (das ist weiterhin unangefochten der Januar mit -8,80 Prozent), aber es reicht immerhin für Platz 2 im aktuellen Wettbewerb, denn im Augenblick lautet das (vorläufige) Resümee für diesen Monat -2,7 Prozent. Mit Kursen um 10.300 herum – der Kursverlust vom heutigen Handelsbeginn konnte bis zum Mittag einigermaßen eingedämmt werden – hat der DAX nun jedoch einmal mehr die Wahl zwischen Jahresendrallye und Finanzkrise Reloaded, um es zugegebenermaßen ein wenig überspitzt auszudrücken. Aus technischer Sicht jedenfalls ist mit dem erneuten Rücksetzer zwar Boden verloren, aber eben auch keine (Abwärts-)Trendwende eingeläutet worden. Die Entscheidung über Wohl oder Wehe an den Aktienmärkten geht demnach in die nächste Runde. Und wir gehen mit. Beim Thema Börse haben wir Trader schließlich keine Wahl!

PrimequantsEin Beitrag von Sebastian Jonkisch von Prime Quants

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