Value Investing – jetzt erst recht

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Der 30. August ist im Börsenkalender ein ganz besonderer Tag. An diesem Tag hat Warren Buffett Geburtstag. In diesem Jahr wurde die Investorenlegende stolze 91 Jahre alt.

Warren Buffett hat es als Value-Investor nicht mehr ganz leicht

Als Value-Investor hat Warren Buffett unglaubliche Anlageerfolge gefeiert, ist zu einem der reichsten Menschen der Welt aufgestiegen und hat sich zu einem Idol für ganze Generationen von Anlegern gemausert. Entwicklungen wie die Globalisierung, niedrige Zinsen oder die Digitalisierung machen Value-Investoren das Leben zunehmend schwerer, sodass es selbst Buffett in der heutigen Zeit nicht immer ganz einfach hat, frühere Anlageerfolge zu wiederholen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich mithilfe des Value Investing keine attraktiven Renditen mehr erzielen lassen würden.

Seit vielen Jahrzehnten gehört Warren Buffett zu den reichsten Menschen auf diesem Planeten. Mit einem Vermögen von mehr als 100 Mrd. US-Dollar tummelt er sich immer noch in den Top Ten der Superreichen. Zwischendurch hatte er die Liste auch angeführt. Seinen Reichtum häufte er vor allem mit Aktieninvestments an. Buffett gilt sogar als einer der erfolgreichsten Investoren aller Zeiten. Sein Gespür für lohnende Investments brachte ihm den Spitznamen, angelehnt an seine Heimatstadt Omaha im US-Bundesstaat Nebraska, „Orakel von Omaha“ und anhaltenden Ruhm auch außerhalb der Investorengemeinde ein.

Kaufe unterbewertete Aktien

Warren Buffetts Erfolgsformel lässt sich auf eine ganz einfache Handlungsanweisung herunterbrechen. Kaufe unterbewertete Aktien. So einfach diese Formel auch klingen mag, in der Praxis ist sie alles andere als einfach umzusetzen. Zumal die Hürden, unterbewertete Aktien zu entdecken, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten aufgrund verschiedener Entwicklungen wie der Digitalisierung oder Globalisierung größer geworden sind. Das Value Investing muss sich an diese Veränderungen anpassen, genauso wie Warren Buffett. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Value Investing.

Die Basis für diesen Investmentansatz liegt in der fundamentalen Wertpapieranalyse. Als ihr Vater gilt Benjamin Graham. Das berühmteste Buch des Wirtschaftswissenschaftlers und Investors, „The Intelligent Investor“, gilt als Grundlagenwerk für das Value Investing und hat aufgrund seiner Bekanntheit den Spitznahmen „Investment-Bibel“ erhalten. Bei Graham wird mithilfe der Fundamentalanalyse der innere Wert (englisch intrinsic value) eines Unternehmens ermittelt. Graham geht davon aus, dass die beobachteten Aktienkurse nicht immer den fairen, tatsächlichen Wert eines Unternehmens widerspiegeln. Damit kann die Suche nach unterbewerteten Aktien beginnen.

Marktteilnehmer agieren nicht immer rational. Es kommt zu Über- und Untertreibungen. Außerdem stehen nicht jedem Investor sämtliche benötigten Informationen jederzeit zur Verfügung, um eine adäquate Investmententscheidung treffen zu können. Liegt der Aktienkurs des betrachteten Unternehmens unterhalb seines inneren Wertes, greift man als Anleger zu und wartet, bis der Aktienkurs steigt und sich an den ermittelten fairen Wert annähert. Bei der Ermittlung des inneren Wertes spielen verschiedene Kennzahlen wie die Dividende, Dividendenrendite, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), der Verschuldungsgrad oder das Gewinnwachstum eines Unternehmens eine wichtige Rolle.



Wer als Anleger Warren Buffetts Investmentsansatz nachverfolgen möchte, wird es nicht einfach haben. Schließlich müsste man sämtliche Portfolioveränderungen bei Berkshire Hathaway im eigenen Depot nachbilden. Deutlich einfacher wäre ein Blick auf das Vontobel Open-End Partizipationszertifikat auf den Solactive Omaha Alpha Index (WKN: VP7WBU / ISIN: DE000VP7WBU0). In diesem Fall reicht ein einziger Trade aus. Mit dem Partizipationszertifikat haben Anleger (unter Berücksichtigung einer Management-Gebühr von 1,2 Prozent p.a.) die Möglichkeit, nahezu 1:1 an der Kursentwicklung von 20 Unternehmen zu partizipieren, an denen die Holdinggesellschaft von Warren Buffett beteiligt ist. In den Index werden die Top-20-Aktien des Berkshire-Hathaway-Portfolios aufgenommen. Die Kriterien für die Auswahl der Top-20 hat Vontobel in Zusammenarbeit mit dem Wertpapierexperten Thomas Rappold aufgestellt. Diese basieren nicht nur auf der finanziellen Leistungsfähigkeit, der Markenstärke sowie der Innovationskraft, sondern auch auf Kennzahlen, wie der Kapitalrendite, dem Cashflow sowie der Profitabilität der jeweiligen Unternehmen.

Open-End Partizipationszertifikat auf den Solactive Omaha Alpha Index
WKN VP7WBU
ISIN DE000VP7WBU0
Emissionstag 24. August 2020
Produkttyp Partizipationszertifikat
Emittent Vontobel
Sitz Zürich, Schweiz
www zertifikate.vontobel.com/DE/Home


Eine neue Zeitrechnung

Selbst in der Vergangenheit war es nicht einfach, mal eben eine Bilanz zu durchstöbern und nach versteckten Potenzialen eines Unternehmens zu suchen, die sich nicht in der Entwicklung des Aktienkurses niedergeschlagen hatten. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist die Suche nach den Aktienschnäppchen noch schwieriger geworden. Dank des technologischen Fortschritts verbreiten sich Informationen rasend schnell. Schnell ist auch der heutige Handel, bis hin zum Hochfrequenzhandel. Dies bedeutet, dass „übersehene“ Firmenwerte und falsche Markteinschätzungen schneller als früher von wesentlich mehr Marktteilnehmern entdeckt und ausgebeutet werden können.

Wir sind zwar weit davon entfernt von einer perfekten Welt zu sprechen, in der Marktinformationen unmittelbar zu fairen Bewertungen von Unternehmen führen, unmittelbar und dank Smartphones und des mobilen Internets überall und für jedermann verfügbare Informationen machen es nicht gerade leichter, „falsche“ Bewertungen zu erkennen. Darüber hinaus sind Unternehmen heutzutage mit ihren Geschäften auf dem gesamten Globus vertreten. Angesichts einer zunehmenden Globalisierung und Verzahnung steigt die Komplexität. Eine adäquate Bewertung der Geschäftsaussichten unter Zuhilfenahme sämtlicher relevanter Faktoren an allen Märkten wird schwieriger.

Liquidität befeuert Aktienmarktrallye

Value-Investoren stehen heutzutage vor vielen weiteren Herausforderungen. Beispielsweise sorgen die anhaltend niedrigen Zinsen für einen Störfaktor. Die wichtigsten Notenbanken der Welt haben enorme Anstrengungen unternommen, um die Auswirkungen der jüngsten Krisen wie der Finanzkrise 2008, der Euro-Krise oder der Corona-Krise auf die Konjunktur abzufedern. Mithilfe verschiedener Maßnahmen wie einer Nullzinspolitik oder massiven Anleihenkaufprogrammen wurden die Märkte mit Liquidität geflutet.

Dies hat seit Jahren zu einer beispiellosen Aktienmarktrally geführt. Schließlich musste sich die zusätzliche Liquidität irgendwohin ihren Weg bahnen. Die auf breiter Front steigenden Aktienkurse haben es Value-Investoren jedoch nicht gerade einfacher gemacht, unterbewertete Papiere zu finden. Darüber hinaus haben die niedrigen Zinsen einer anderen Gruppe von Aktien in besonderer Weise geholfen. Den sogenannten Wachstumswerten, insbesondere im Technologiebereich. Diese konnten in den vergangenen Jahren häufig eine bessere Performance an den Tag legen als viele Vertreter aus dem Value-Bereich.

Technologische Neuerungen haben zu einem Siegeszug von Unternehmen wie Amazon, der Google-Mutter Alphabet, Facebook oder Apple geführt und ihre Aktienkurse in unglaubliche Höhen getrieben. Als erstes Unternehmen überhaupt kletterte Apple beim Börsenwert über die Marke von 2 Billionen US-Dollar. Die zunehmende Digitalisierung und Entwicklungen rund COVID-19 haben darüber hinaus zum Börsenerfolg einer ganzen Reihe von wachstumsstarken Neulingen aus dem Technologiesektor geführt.

Die Sache mit den Zinsen

Bei sogenannten Wachstumswerten liegt der Fokus auf zukünftigen Gewinnen, während im Moment hohe Wachstumsinvestitionen getätigt und sogar Verluste in Kauf genommen werden. Bei Value-Aktien sieht die Sache etwas anders aus. Sie haben heute relativ hohe Gewinne, Dividenden oder Cashflows vorzuweisen, was zu attraktiven Bewertungen aus Sicht des Value Investing führt. Niedrige Zinsen treiben jedoch die heutigen Bewertungen und damit die Aktienkurse der Wachstumswerte.

Wenn die Zinsen niedrig sind, bedeutet dies, dass zukünftige Gewinne nur schwach abgezinst werden. Das heißt, dass ihnen schon heute ein relativ hoher Wert beigemessen wird, was wiederum ihre Aktienkurse in die Höhe schnellen lässt. Dies ist auch ein Grund, warum insbesondere die Aktien von wachstumsstarken Technologieaktien Federn lassen mussten, als zu Beginn dieses Jahres die Sorgen vor einer hohen Inflation und steigenden Zinsen an die Märkte zurückkehrten. Bei steigenden Zinsen würden zukünftige Gewinne entsprechend stark abgezinst werden. Ihr heutiger Wert würde sinken und mit ihm auch die Aktienkurse.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Siegeszug von börsengehandelten Indexfonds (Exchange Traded Funds, ETFs). Statt auf das Können von Fondsmanagern zu vertrauen, eine über dem Markt liegende Rendite zu erzielen, fahren immer mehr Anleger eine passive Anlagestrategie und begnügen sich mit der Marktrendite. Beim Value Investing geht es jedoch gerade darum, einzelne unterbewertete Aktien zu identifizieren. Wenn ETFs jedoch versuchen, ganze Indizes wie den DAX, Dow Jones oder S&P 500 abzubilden, kaufen sie sämtliche im jeweiligen Index enthaltenen Werte. Auf diese Weise werden auch die Aktienkurse von als günstig geltenden Aktien angekurbelt.

Comeback der Value-Aktien?

Die Entwicklungen rund um Value-Aktien und Themen wie niedrige Leitzinsen und den Siegeszug von Wachstumswerten aus dem Tech-Sektor zeigen sich auch beim Blick auf die Indizes S&P 500, S&P 500 Value und S&P 500 Pure Value. Der S&P 500 enthält, gemessen am Börsenwert, die 500 größten börsennotierten Unternehmen in den USA. Im S&P 500 Value Index sind wiederum Value-Aktien zu finden. Diese wählt der Indexanbieter S&P Dow Jones Indices anhand bestimmter Kennzahlen wie KBV oder KGV aus. Im Fall des S&P 500 Pure Value werden die Value-Kriterien noch strikter angewendet.

Bei einem Blick auf die durchschnittliche jährliche Rendite fällt auf, dass auf Sicht von drei, fünf und zehn Jahren der S&P 500 Value und der S&P 500 Pure Value gegenüber dem breiten Markt, also dem S&P 500, underperformt haben. In den vergangenen fünf Jahren hat der S&P 500 jährlich im Schnitt ein Kursplus von 17,3 Prozent erzielt, während, der S&P 500 Value eine durchschnittliche Rendite von 13,2 Prozent und der S&P 500 Pure Value von 12,4 Prozent vorzuweisen hat. Bei einer kurzfristigen Betrachtung seit Anfang 2021 und auf Sicht von einem Jahr sieht die Sache jedoch ganz anders aus.

Performancevergleich

Jährliche Rendite (Total Return) S&P 500 S&P 500 Value S&P 500 Pure Value Berkshire-A
YTD 13,40% 18,80% 34,40% 26,20%
1 Jahr 38,10% 36,10% 62,60% 52,50%
3 Jahre 17,70% 13,80% 10,10% 15,10%
5 Jahre 17,30% 13,20% 12,40% 15,60%
10 Jahre 14,80% 12,20% 12,90% 14,50%
Stand: 4. Juni 2021; Quelle: S&P Dow Jones Indices LLC

 

In den ersten gut fünf Monaten des laufenden Jahres legte der S&P 500 Pure Value um 34,4 Prozent an Wert zu, während der S&P 500 lediglich ein Plus von 13,4 Prozent verbuchen konnte. Auf Sicht eines Jahres liegt das Plus im S&P 500 Pure Value sogar bei 62,6 Prozent (siehe Tabelle). Diese Unterschiede sind nur logisch, wenn man bedenkt, dass in den vergangenen Monaten höhere Zins- und Inflationserwartungen das Marktgeschehen mitbestimmt hatten. Dieser Trend könnte anhalten und Value-Aktien weiter begünstigen. Schließlich streben die Notenbanken irgendwann eine Normalisierung der Geldpolitik an.

Außerdem flachte der Schwung bei vielen Wachstumswerten aus dem Technologiebereich ab, nachdem die Corona-Impfprogramme für weniger Euphorie rund um die sogenannten „Stay-at-Home“-Trades gesorgt hatten. Auch die Performance der Berkshire-A-Aktie passt in dieses Bild. Diese konnte den S&P 500 in 2021 und innerhalb eines Jahres klar outperformen, während die Performance auf Sicht von drei, fünf und zehn Jahren beim Vergleich mit dem S&P 500 eher enttäuschend ist. Schließlich spielt das Thema Value Investing bei der Portfolioauswahl von Warren Buffetts Investmentgesellschaft eine entscheidende Rolle. Die Zahlen zur Performance zeigen aber auch, dass bei einem Renditevergleich die betrachteten Zeiträume ebenfalls von entscheidender Bedeutung sind.

Warren Buffett & Co gehen mit der Zeit

Die jüngsten Erfolge der Value-Strategie gehen nicht nur auf ein freundlicheres Marktumfeld zurück. Warren Buffett und seine Anhänger gehen mit der Zeit und entwickeln die von Graham etablierten Ansätze weiter. Unter anderem weil weniger kapitalintensive Unternehmen, insbesondere aus dem Tech-Bereich, neue Herausforderungen für die Value-Theorien darstellen und die Buchwertermittlung erschweren. So ist es auch zu erklären, dass sich Buffett inzwischen auch mit Investments im Technologiebereich wohlfühlt.

Inzwischen ist Apple sogar die mit Abstand wichtigste Position im Berkshire-Aktienportfolio. Allerdings gilt es festzuhalten, dass der Konzern mit dem Apfel im Logo mittlerweile eher Kriterien von Value-Aktien erfüllt als von einem Wachstumswert. Zumal Buffett bei seinen Beteiligungen Aktienrückkäufe und Dividenden begrüßt. Das Amazon-Investment ist da schon ungewöhnlicher und wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Selbst am Cloud-Unternehmen Snowflake ist Berkshire beteiligt.

FAZIT

Warren Buffett und die Value-Strategie haben in den vergangenen Jahren angesichts niedriger Zinsen und des Siegeszuges von wachstumsstarken Tech-Aktien etwas von ihrem Glanz eingebüßt. Eine ähnliche Entwicklung konnte zum Ende des vergangenen Jahrhunderts rund um die Dotcom-Blase beobachtet werden. Das Platzen der Blase brachte Value-Aktien zurück in den Fokus. Nachdem die Wachstumswerte in den vergangenen Jahren die Oberhand hatten, feierten Value-Aktien in diesem Jahr ein Comeback. Dies zeigt, dass ein abschließendes Urteil zur Wirksamkeit der Value-Strategie schwierig ist und die Vor- und Nachteile der Strategie gegenüber anderen Investmentansätzen eher mit der Zeit wechseln und von den Marktgegebenheiten wie der Zinsentwicklung abhängig sind.



Die teuerste Aktie der Welt

Die Internetseite von Berkshire Hathaway (WKN: A0YJQ2 / ISIN: US0846707026) (www.berkshirehathaway.com) ist derart schlicht gehalten, dass man erst einmal gar nicht auf die Idee kommen würde, dass es sich bei der US-Beteiligungsgesellschaft um eines der wertvollsten Unternehmen dieses Planeten handelt. Allerdings hat der Konzern, für den Warren Buffett wie kein anderer steht, seinen Anteilseignern in den vergangenen Jahrzehnten unglaubliche Renditen geliefert. Diese stehen für sich. Es muss also niemand mit einem Hochglanz-Internetauftritt beeindruckt werden.

Die Erfolgsgeschichte von Berkshire Hathaway hat sehr unscheinbar angefangen, als Warren Buffett als Investor in den 1960er Jahren sein Geld in ein schwächelndes Unternehmen aus der Textilindustrie namens Berkshire Hathaway steckte. Dieses war 1955 aus der Fusion der beiden Textilfirmen Berkshire Fine Spinning und Hathaway Manufacturing hervorgegangen. Aufgrund des immer weniger rentablen Textilgeschäfts mussten jedoch schnell Alternativen her. Also wurde in andere Branchen investiert.

Heute ist Berkshire Hathaway ein Synonym für Anlageerfolg. Der Aktienkurs ist seit 1965 durchschnittlich pro Jahr um 20,0 Prozent angestiegen. Der S&P 500 schaffte in dieser langen Zeit nur ein Plus von 10,2 Prozent. Zwischen 1964 und 2020 ist der Marktwert von Berkshire Hathaway um sagenhafte 2.810.526 Prozent angestiegen. Im Fall der Berkshire-A-Aktie handelt es sich um die nominell teuerste Aktie der Welt. Zuletzt bewegte sich der Kurs im Bereich der Marke von 450.000 US-Dollar.

Die gute Nachricht für weniger betuchte Berkshire-Fans unter den Anlegern ist, dass es die Anteilsscheine in zwei Ausführungen gibt. Die B-Aktien sind deutlich günstiger als die A-Variante. Eine A-Aktie entspricht 1.500 B-Aktien. Beim Stimmrecht herrscht jedoch ein anderes Verhältnis. So verbrieft eine B-Aktie lediglich 1/10.000 des Stimmrechts einer A-Aktie. Eine A-Aktie kann jederzeit in 1.500 B-Aktien umgewandelt werden. Andersherum funktioniert dies jedoch nicht.

„Woodstock des Kapitalismus“

Am ersten Samstag im Mai strömen jedes Jahr Anteilseigner von Berkshire Hathaway und Finanzjournalisten aus der ganzen Welt anlässlich der Berkshire-Hauptversammlung nach Omaha, im US-Bundesstaat Nebraska. Es bleibt nicht bei einer einfachen Veranstaltung rund um die Geschäftszahlen des Vorjahres. Vielmehr wird die am Fluss Missouri gelegene Stadt für ein ganzes Wochenende zum Mekka für Value-Investoren. Andere bezeichnen die jährliche Hauptversammlung von Warren Buffetts Beteiligungsgesellschaft als „Woodstock des Kapitalismus“. Kein Wunder. Sie alle kommen, um die Investorenlegende zu sehen.

Der Mann wird Ende August 91 Jahre alt. Trotzdem lässt es sich der Firmenchef, der das Unternehmen bereits seit 56 Jahren führt, nicht nehmen, Jahr für Jahr gemeinsam mit seinem sogar sechs Jahre älteren Vize-Chef Charles „Charlie“ Munger, den angereisten Anteilseignern die Lage des Konzerns darzustellen. 2019 drängten sich letztmals zehntausende Menschen in das CHI Health Center, vormals CenturyLink Center, in Omaha, um den Worten von Buffett und Munger zu lauschen. Das gesamte Wochenende über gibt es sehr viel zu sehen, zu erleben und vor allem zu kaufen. Besonders beliebt bei Anlegern sind zum Beispiel Fotos vor überdimensionierten Pappaufstellern ihres großen Idols Warren Buffett.

Während die einen für Fotos posieren, widmen sich die anderen den vielen Produkten, die es rund um die Berkshire-Hathaway-Hauptversammlung zu einem ermäßigten Preis zu kaufen gibt. Dabei handelt es sich um Produkte von Unternehmen, die Berkshire Hathaway irgendwann vollständig übernommen oder sich an ihnen beteiligt hat. Dazu gehören die berühmten Coca-Cola-Flaschen. Warren Buffetts Lieblingsgetränk. Die anderen kaufen vielleicht lieber Heinz-Ketchup-Flaschen für zu Hause. Andere erfrischen sich mit einem Eis der Schnellrestaurantkette Dairy Queen. Am Stand des Versicherungskonzerns Geico können sogar Versicherungsverträge zu ermäßigten Konditionen abgeschlossen werden. Selbst die berühmten Duracell-Batterien hat sich Berkshire Hathaway inzwischen einverleibt.

Nach einer zweijährigen Corona-Pause, in der die Hauptversammlung als Videokonferenz abgehalten wurde, soll es im kommenden Jahr wieder vor Ort zur Sache gehen. Auch wenn Buffett seine Botschaften nicht live vor Ort vermitteln konnte, schaffte er es die Finanzgemeinde auch 2020 und 2021 zu rocken. In diesem Jahr war die Veranstaltung sogar etwas ganz Besonderes, da eine Frage, die Investoren viele Jahre umgetrieben hatte, endlich beantwortet wurde.

Was Buffett und Munger über SPACs, Kryptowährungen, Robinhood & Co denken

Charlie Munger hatte auf der Berkshire-HV 2021 eher beiläufig und unabsichtlich verraten, dass Vize-Chairman Greg Abel, derzeit zuständig für die Geschäfte abseits der Versicherungen, den CEO-Posten übernehmen soll. Später bestätigte Buffett dies gegenüber dem US-Wirtschaftssender CNBC. Auch aus einem anderen Grund war die diesjährige Veranstaltung sehr interessant. Regelmäßig äußern sich Munger und Buffett zu den aktuellen Themen an den Finanzmärkten. In diesem Jahr waren diese besonders zahlreich vorhanden. Dieses Mal gingen sie vor allem auf die Konjunktur nach COVID-19, die in Mode gekommenen SPACs (Special Purpose Acquisition Company), Kryptowährungen oder Trading-Apps wie Robinhood ein.

Im Fall von Robinhood und ähnlichen Plattformen kritisierten sowohl Buffett als auch Munger, dass diese das spekulative Traden an den Märkten anheizen würden. Im Fall von Bitcoin & Co wurde Charlie Munger besonders deutlich. Diese seien „ekelhaft“ und würden „den Interessen der Zivilisation entgegenstehen.“ Laut Munger handelt es sich dabei um Finanzprodukte, die aus der Luft geschaffen wurden. Zudem könne er keine Währung begrüßen, die für Erpresser und Entführer so nützlich sei.

Wenn es um die Steuererhöhungen für Wohlhabende und höhere Unternehmenssteuern in den USA geht, hatten Buffett und Munger dagegen beruhigende Worte parat. Schließlich ist dies etwas, was die Börsenrallye gefährdete. Buffett wies jedoch beruhigend darauf hin, dass die Unternehmenssteuern in der Vergangenheit schon deutlich höher lagen als nun im Fall der Biden-Regierung, ohne die Wirtschaft abzuwürgen. In ihrem eigenen Unternehmen läuft wiederum alles wie am Schnürchen. So gut, dass man immer noch nicht weiß, was man mit dem zum Ende des ersten Quartals 2021 auf 145,4 Mrd. US-Dollar angewachsenen Geldberges anfangen soll.

Dabei hat Berkshire mithilfe milliardenschwerer Aktienrückkäufe versucht, etwas von dem enormen Cash-Bestand abzutragen. Im ersten Quartal 2021 wurden eigene Aktien im Wert von 6,6 Mrd. US-Dollar zurückgekauft. Im gesamten Vorjahr waren es 24,7 Mrd. US-Dollar. Laut Munger sei dieses Vorgehen rund um den Rückkauf eigener Aktien allerdings höchst moralisch, da man dies aus seiner Sicht nicht tue, um den Kurs der Berkshire Hathaway-Aktie anzukurbeln. Sollte dies bei einem Unternehmen der einzige Antrieb für Aktienrückkäufe sein, sei dies verwerflich.

Buffetts Nachfolger

Nach vielen Jahren der Unsicherheit ist die Nachfolgeregelung an der Berkshire-Spitze endlich bekannt. Schon jetzt ist aber klar: Niemand kann Warren Buffett adäquat ersetzen. Das Lebenswerk, für das die Investorenlegende steht, dürfte für seinen Nachfolger Greg Abel wie eine enorme Last wirken. Dieser führt bei Berkshire seit 2018 die Geschäfte abseits des Versicherungsgeschäfts. Den Versicherungsarm leitet wiederum der Inder Ajit Jain, älterer Cousin des ehemaligen Deutsche-Bank-Co-Chefs Anshu Jain. Auch er wurde für den Berkshire-Chefposten gehandelt.

Die gute Nachricht für Anteilseigner von Berkshire Hathaway ist, dass Warren Buffett noch eine ganze Weile an der Konzernspitze weitermachen möchte. Vor einigen Jahren sagte sein Sohn Howard Buffett in der Sendung „60 Minutes“ des US-Senders CBS: Sein Vater würde die Geschäftsführung bei Berkshire Hathaway erst abgeben, wenn er beerdigt wird. Auch wenn diese Aussage sehr derb daherkommt, beschreibt sie doch eindeutig, dass Warren Buffett immer noch nicht amtsmüde ist.



Bildquelle: markteinblicke.de