Das Ikarus-Prinzip

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Heute wollen wir einmal ganz weit ausholen, um ganz tief einzutauchen, nämlich in die griechische Mythologie. Wobei, und das soll nicht unerwähnt bleiben, die Griechen zuletzt durchaus auch wieder aktuell für Schlagzeilen sorgten, da droht offenbar neues Ungemach an der Schuldenfront, doch das ist eine andere Geschichte, jetzt drehen wir das Rad der Zeit zunächst in die der Sagen und Mythen zurück. Neben sehr vielen anderen findet sich da nämlich die Legende vom jungen Ikarus und seinem Vater Dädalus. Die beiden wurden von König Minos auf der Insel Kreta gefangen gehalten und da eine Flucht weder auf dem See- noch auf dem Landweg (logisch, Insel!) möglich war, erfand der pfiffige Dädalus flugs ein Fluggerät, um von dem Eiland zu entkommen. Die Konstruktion bestand, so die Überlieferung, aus einem Holzgestänge, an dem mithilfe von Wachs Federn aufgeklebt waren. Mit jeweils einem Paar dieser „Flügel“ bestückt, erhoben sich also dieser frühgeschichtliche Pionier der Luftfahrt und sein Sohn in den wolkenlosen Himmel. Und wie das so ist mit dem Nachwuchs im adoleszenten Alter, kaum hatten die beiden die Küste hinter sich gelassen, wurde der Knabe übermütig, schlug die Warnungen des Vaters, nicht zu hoch zu fliegen, in den Wind und stieg der strahlenden Mittelmeersonne entgegen. Das Ende vom Lied ist bekannt – das Wachs schmolz, und der bedauernswerte Tölpel stürzte ins Meer, wo er sogleich ertrank. Und falls Sie sich jetzt fragen, warum um alles in der Welt ich Ihnen diese Geschichte erzähle, dann darf ich freundlich auf den DAX verweisen. Denn dieser hat sich in der abgelaufenen Handelswoche doch wohl wahrlich wie weiland Ikarus präsentiert:

Höhenflug

Hoch, höher, Jahreshöchststand – zum Wochenbeginn kannten die deutschen Blue Chips nur eine Richtung, und die führte geradewegs auf eine neue Jahresbestmarke. 10.827,70 Punkte standen am Dienstag auf der Anzeigetafel, damit hatte der DAX endlich die mittelfristige Abwärtstrendgerade deutlich hinter sich gelassen und darüber hinaus auch die August-Tops als bisherige Spitzenstände 2016 abgelöst. Der Höhenflug währte jedoch nicht lange, denn der Index konnte die neuen Bestmarken weder am Montag, noch am Dienstag per Schlusskurs verteidigen. Stattdessen brachen die Kurse vor allem am Mittwoch massiv ein, mit einem Tagestief bei 10.632,30 Punkten stürzte der DAX zwischenzeitlich sogar wieder unter die bereits erwähnte August-Abwärtstrendgerade ab. Immerhin, zum Handelsschluss rettete sich das Börsenbarometer gerade noch mit letzter Kraft (bzw. dank einer freundlichen Wall Street) über die 10.700er-Marke, mit der auch am gestrigen Donnerstag heftig gerungen wurde. Der heutige Freitag bescherte uns allerdings neue Wochentiefs, wiederum knapp unterhalb der Trendgerade, aber immerhin noch oberhalb von 10.600 Zählern. Mit viel Wohlwollen lässt sich das Kursgeschehen somit als klassischer Pullback auf die dominierende Trendlinie werten, allerdings wäre es ein wenig fahrlässig, die Risiken auf der Unterseite außer Acht zu lassen:

Absturzgefahr

Nehmen wir einmal an, alles geht gut und der DAX federt an der 10.700er-Marke nach oben ab, überbietet erneut die Jahreshochs und steuert als Minimalziel auf direktem Weg die 11.000er-Marke an. Dann könnten Sie die nachfolgende Warnung getrost ignorieren und zudem wäre damit auch mit großer Wahrscheinlichkeit der Startschuss für die 2016er-Jahresendrallye gefallen, denn mit Schlusskursen oberhalb von 11.000 Punkten wäre auch die langfristige Aufwärtstrendgerade überwunden und der Weg frei bis zum nächsten Widerstand in Form der Volumenspitze bei 11.400 Zählern. Nur für den Fall jedoch, dass sich der Ausbruchsversuch vom Wochenanfang als Bullenfalle entpuppt, dann achten Sie bitte besonders auf den Bereich um 10.500 Punkte. Hier hat sich zuletzt eine massive Unterstützungszone ausgebildet – wurde schließlich lange genug seitwärts geschoben – und wenn diese Mauer nicht hält, könnte es zackig noch einmal quer durch den, Sie wissen es, volumenarmen Korridor bis auf 10.300 Zähler oder sogar darunter Richtung GD200 bei 10.040 gehen. Wer am Montag meinem Kollegen Sebastian Hoffmann im Webinar der DZ-Bank zugehört hat, der weiß, dass sich im DAX-Chart aktuell eine Keilformation ausbildet, die den gerade skizzierten Kursverlauf ermöglichen könnte.

PrimequantsEin Beitrag von Sebastian Jonkisch von Prime Quants

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