25 Jahre T-Aktie: Das Trauma der deutschen Börsenkultur

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(Bildquelle: Pressefoto Deutsche Telekom)

Vor genau 25 Jahren, am 18. November 1996, betrat die Deutsche Telekom (WKN: 555750 / ISIN: DE0005557508) das Börsenparkett. Die „Volksaktie“ hatte das Potenzial aus den Deutschen ein Volk von Aktionären zu machen. Stattdessen blieben am Ende viele Privatanleger enttäuscht zurück.

Jeder ist dabei

Der Schaden für den Aktienstandort Deutschland und die Aktie als Anlageform sowie Beimischung zur Altersvorsorge war angerichtet und ist bis heute bei vielen Alt-Aktionären zu spüren. Darüber hilft auch der Umstand nur bedingt hinweg, dass der ehemalige Staatskonzern in den vergangenen drei Jahren, insbesondere dank der US-Mobilfunktochter T-Mobile US, an der Börse eine durchaus gute Figur abgab und aktuell gut dasteht.

„Die Telekom geht an die Börse. Da geh ich mit!“ Mit diesem Satz warb einst der beliebte Schauspieler Manfred Krug bei Kleinanlegern für den Börsengang. Dieser war aus mehreren Gründen eine große Sache:

Er war zum einen Teil der Umwandlung der Deutschen Bundespost Telekom in eine Aktiengesellschaft. Diese erfolgte zum Jahresanfang 1995. Mit einem Volumen von etwas mehr als 10 Mrd. Euro bleibt das IPO der Telekom der größte Börsengang in Deutschland. Nur leider verbinden nicht alle positive Erinnerungen damit. “Die T-Aktie hätte nicht als Volksaktie angepriesen werden dürfen”, sagt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Die T-Aktie hätte nicht als Volksaktie angepriesen werden dürfen.

Gegenüber marktEINBLICKE wird der Aktionärsschützer deutlich: “Der Begriff Volksaktie war von Anfang an eine enorme Hypothek für die Telekom und die gesamte Geschichte.” Daher würden viele Anleger von damals bis heute aufgrund der negativen Erfahrung dem Kapitalmarkt fernbleiben. Tüngler sagt aber auch: “Wie vor 25 Jahren sind die Bundesbürger in Finanzfragen und in Sachen Kapitalmarkt auch heute nicht ausreichend und oftmals gar nicht informiert. Hier hat der Staat seine Hausaufgaben nicht gemacht.”

US-Geschäft im Fokus

Ein Blick zurück: Die Milliardeninvestments in die UMTS-Lizenzen, der ständige technologische Fortschritt (vor allem im Mobilfunkbereich) sowie der Einbruch der Technologieblase 2000 sorgten dafür, dass aus dem Staatsunternehmen nur sehr langsam ein halbwegs rentabler Konzern wurde.

Zudem war das US-Engagement der Bonner von einigen Misserfolgen gekrönt, bis vor wenigen Jahren die Wende in den USA dem gesamten DAX-Konzern neues Leben eingehaucht hatte. Die Deutsche Telekom ist heute zudem die wertvollste europäische Telekommunikationsmarke.

Bildquelle: Pressefoto Deutsche Telekom

Wer beim Allzeithoch einstieg…

Wenn es um die Enttäuschungen rund um die T-Aktie geht, sind es allerdings gar nicht so sehr die so häufige genannten Anleger der ersten Stunde, die es erwischt hatte. “Schaut man sich die drei Börsengänge der Telekom an, so können eigentlich nur die Aktionäre der ersten Tranche eine positive Bilanz ziehen. Das aber auch nur aufgrund der Dividendenzahlungen über die letzten 25 Jahre. Schaut man nur auf den Kurs, verdunkelt sich das Bild”, resümiert Marc Tüngler.

Die Erstzeichner von 1996 zahlten umgerechnet 14,57 Euro pro Aktie. Aktuell liegt der Kurs bei etwa 17 Euro. In der Zwischenzeit wurden jedoch fleißig Dividenden gezahlt. Größere Enttäuschung herrscht dagegen bei denjenigen, die auf Höhe des Allzeithochs rund um den 6. März 2000 bei 103,50 Euro eingestiegen sind. Zudem folgten zwei weitere Börsengänge, am 28. Juni 1999 zu 39,50 Euro und am 19. Juni 2000 zu 66,50 Euro.

Erholung der deutschen Aktienkultur

Die T-Aktie hat das Ende der 1990er-Jahre – auch durch den Neuen Markt – aufkeimende Vertrauen in Aktien zerstört bzw. die Aktienkultur auf breiter Front ruiniert. Noch immer werden Aktieninvestments hierzulande allzu häufig als zu riskant gebrandmarkt, um die Altersvorsorge aufzubessern. Dabei wäre es gerade jetzt, in einer von niedrigen Zinsen geprägten Zeit wichtig, die Rendite mithilfe von Aktien zu erhöhen. Klassische Alternativen wie das Sparbuch, Tages- oder Festgeldkonten sowie Anleihen werfen häufig nur noch mickrige Verzinsungen ab.

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, denn gerade die Niedrigzinsphase treibt die Menschen doch vermehrt in die Aktien. In den vergangenen Jahren haben viele Deutsche den Aktienmarkt für sich entdeckt. Dies zeigen die jüngsten Daten zu den Aktionärszahlen. Laut Angaben des Deutschen Aktieninstituts (DAI) engagierten sich Im Corona-Jahr 2020 beinahe so viele Menschen an der Börse wie zuletzt um die Jahrtausendwende. So seien knapp 12,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger am Aktienmarkt engagiert. Damit ist etwa jeder Sechste in Aktien investiert. Das entspricht laut DAI 17,5 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren.

“Alte Zöpfe abgeschnitten”

Wer das Trauma um die T-Aktie hinter sich lassen konnte und seit zwei oder drei Jahren das Wertpapier im Fokus hat, muss sich eingestehen, dass die Deutsche Telekom einiges an Boden gut gemacht hat. Die T-Aktie hat sich zuletzt gut entwickelt.

“Die Zeit ist reif, dass der Staat seine Beteiligung bei der Deutsche Telekom AG merklich abbaut.”

“Herr Höttges (CEO der Deutschen Telekom, Anm. der Redaktion) hat in den letzten Jahren viele Baustellen beseitigt und alte Zöpfe abgeschnitten. Dass der Kurs dennoch nicht entsprechend positiv reagiert, hat also andere Gründe”, sagt Tüngler. Ein Grund werde die noch hohe Beteiligung des Staates sein, der gleichzeitig über seine Regulierung über das Schicksal der Telekom mitentscheide, so der Experte weiter und fordert zugleich: “Die Zeit ist reif, dass der Staat seine Beteiligung bei der Deutsche Telekom AG merklich abbaut.”

Ein Blick auf die nackte Charttechnik

Nachdem die Aktie der Deutschen Telekom im Zuge des Corona-Börsen-Crashs im März 2020 auf 10,40 Euro zurückgeschlagen wurde, startete eine kräftige Aufhol-Rallye. Dabei ging es bis zum August 2021 auf 18,90 Euro nach oben, was den höchsten Stand seit dem Jahr 2002 bedeutete. Es folgten bis zum Oktober ein Rücksetzer auf 15,60 Euro und eine anschließende Erholung bis Mitte November auf zeitweise 16,80 Euro. Damit ist jetzt wieder die bei 17 Euro verlaufende 200-Tage-Linie in den Fokus gerückt.

Ein Ausbruch nach oben würde ein neues charttechnisches Kaufsignal bedeuten. In diesem Fall wäre das nächste Kursziel das 19-Jahres-Hoch vom August (18,90 Euro). Ausgehend vom aktuellen Kursniveau würde sich bis hierhin ein Gewinnpotenzial von rund 13 Prozent eröffnen.

Deutsche Telekom-Chart: Börse Stuttgart

Charttechnisch ist die T-Aktie damit aktuell aussichtsreich – aber wie gesagt, jeder Alt-Aktionär muss darüber hinwegkommen, dass langfristig der DAX-Titel aber nicht überzeugen konnte.

Verlässlicher Dividendenzahler

Die ehemaligen Höchststände aus dem Jahr 2000 bei über 100 Euro sind nach wie vor in weiter Ferne, wobei sich die Aktie übergeordnet betrachtet in einem langfristigen Seitwärtslauf bewegt. So notiert die Aktie beispielsweise aktuell immer noch leicht unter den Kursen von vor 20 Jahren (20 Euro). Und auch auf Zehnjahressicht konnte die Aktie der Telekom mit einem Kursgewinn von im Schnitt sechs Prozent pro Jahr nicht wirklich überzeugen, denn im selben Zeitraum legte der DAX um durchschnittlich knapp elf Prozent jährlich zu.

Ein Trost für Aktionäre ist allerdings die Dividendenrendite, die mit aktuell 3,6 Prozent vergleichsweise hoch ausfällt. In der Vergangenheit war die Deutsche Telekom dabei ein sehr verlässlicher Dividendenzahler, der seit 2005 in jedem Jahr Dividenden ausgeschüttet hat.

Bildquelle: Pressefoto Deutsche Telekom