Hat Netflix den Zenit überschritten?

Bildquelle: Pressefoto Netflix

Die Aussicht auf Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed im neuen Jahr 2022 schickte viele Technologie-Titel in den vergangenen Wochen auf Talfahrt. Anleger befürchten, dass auch die Renditen bei amerikanischen Staatsanleihen dementsprechend weiter steigen. Dies würde Anleihen wieder stärker in den Fokus rücken und die Attraktivität von Aktien schmälern, so der Gedanke dahinter.

Vor allem bei vielen Tech- und Wachstumsaktien, die in den vergangenen Jahren einen besonders starken Lauf hatten, werden dementsprechend Kurseinbrüche im laufenden Jahr befürchtet, vor allem dann, wenn hier die Geschäftszahlen nicht mehr die hohen Börsen-Bewertungen rechtfertigen können.

Zu diesen Wachstumswerten gehört auch Netflix (WKN: 552484 / ISIN: US64110L1061). Dementsprechend mit großer Spannung wurden die Geschäftszahlen zum abgeschlossenen vierten Quartal 2021 erwartet, die der Film- und Serien-Streaming-Anbieter am Donnerstagabend nach US-Börsenschluss bekanntgab.

Starke Geschäftszahlen, aber …

Nachdem die Abonnenten- und Geschäftszahlen zum dritten Quartal 2021 überraschend stark ausfielen, konnten auch die Ergebnisse zum vierten Quartal überzeugen. So konnte Netflix vor allem wegen Serien-Hits wie dem südkoreanischen Überlebensdrama „Squid Game“ einen Abonnenten-Anstieg um acht Millionen auf knapp 222 Millionen vermelden. Das entsprach knapp der im Oktober 2021 verkündeten Firmenprognose von 8,5 Millionen neuen Abonnenten.

Der starke Kundenzuwachs schlug sich auch in den Finanzergebnissen nieder. Im Weihnachtsquartal 2021 verbesserten sich die Erlöse auf Jahressicht um 16 Prozent auf 7,7 Mrd. US-Dollar. Beim Gewinn wurde ein Anstieg um zwölf Prozent auf 607 Mio. US-Dollar verbucht, was einen bereinigten Gewinn je Aktie von 1,33 US-Dollar bedeutete. Während der Umsatz damit genau auf Höhe der Analysten-Prognose (im Schnitt: 7,7 Mrd. US-Dollar) lag, wurde die Analysten-Gewinn-Prognose (0,82 US-Dollar) deutlich getoppt.

Die Geschäftszahlen zum vierten Quartal 2021 fielen bei Netflix stark aus. Der schwache Ausblick bereitet Anlegern aber große Sorgen und schickte die Aktie auf Talfahrt. (Bildquelle: Pixabay / afra32)

Schwacher Ausblick auf das laufende Quartal

So weit, so gut. Leider fiel der weitere Ausblick bei Netflix aber enttäuschend aus. So wird für das laufende erste Quartal 2022 nur noch mit einem Kundenzuwachs von 2,5 Millionen gerechnet, womit der US-Konzern deutlich unter den Prognosen der Analysten lag.
Daran zeigt sich, dass die hohe Wachstumsdynamik offenbar nach dem Corona-Boom nicht aufrechterhalten werden kann. Der Streaming-Markt ist heiß umkämpft.

Der Konkurrenzdruck steigt

So nimmt der Konkurrenzdruck durch vergleichsweise neue Player im Streaming-Markt, wie unter anderem Amazon (WKN: 906866 / ISIN: US0231351067), Apple (WKN: 865985 / ISIN: US0378331005) und Walt Disney (WKN: 855686 / ISIN: US2546871060), kontinuierlich zu. Laut Netflix hat sich der Wettbewerb zuletzt weiter intensiviert, da Entertainment-Konzerne dazu übergegangen sind, ihre eigenen Streaming-Services zu entwickeln.

Ein weiterer Grund für den schwachen Firmenausblick sind auch die wenigen geplanten Streaming-Premieren. Demnach starten beispielsweise die neue Staffel der Erfolgsserie „Bridgerton“ und der von vielen Abonnenten sehnlichst erwartete Science-Fiction-Blockbuster „The Adam Project“ erst im März.

Netflix setzt auf internationale Expansion

Viele Anleger befürchten schon seit Längerem, dass der Streaming-Markt über kurz oder lang übersättigt ist. Auch Netflix ist sich dieser Entwicklung bewusst. Da sich die Wachstumsaussichten in etablierten Märkten wie Nordamerika eintrüben, setzt das Unternehmen auf die internationale Expansion. Von großem Erfolg gekrönt waren jüngst beispielsweise Produktionen aus Südkorea wie unter anderem „Squid Game“.

Starke Kunden-Zuwächse wurden im vergangenen Jahr in Asien und Europa erzielt. Hier legte die Abonnentenzahl 2021 um jeweils über sieben Millionen zu. Im Vergleich dazu wurden in den USA und Kanada nur etwa eine Million neue Kunden gewonnen.

Aktie im Sinkflug

Der schwache Ausblick für das laufende erste Quartal 2022 schickte die Netflix-Aktie auf Talfahrt. Die Papiere rauschten am Donnerstag nachbörslich zwischenzeitlich um 20 Prozent in die Tiefe. An der Frankfurter Börse lag das Minus am Freitagmorgen bei zeitweise über 19 Prozent (aktuell: 362,65 Euro), was den tiefsten Stand seit dem Juni 2020 bedeutete.

Charttechnisch angeschlagen

Charttechnisch ist Netflix damit aktuell ziemlich angeschlagen. Gut möglich ist, dass sich der Sinkflug vorerst noch fortsetzt. Auf der anderen Seite könnten die wieder niedrigeren Kurse auch neue Einstiegsgelegenheiten eröffnen. Die nachlassende Wachstumsdynamik und der steigende Konkurrenzdruck bleiben ein Problem. Zu gute halten kann man Netflix aber weiterhin, dass die marktführende Position im Streaming-Bereich bisher verteidigt werden konnte.

Angriff auf die Games-Branche

Außerdem hat Netflix im Vergleich zur Konkurrenz nach wie vor das stärkste Lineup an exklusiven Serien und Filmen und schafft es immer wieder, mit Neuproduktionen wie zuletzt „Squid Game“ Überraschungs-Hits zu landen. Perspektivisch aussichtsreich ist auch der Games-Bereich. Im vergangenen Jahr erklärte Netflix, dass der Konzern nach ersten Experimenten mit interaktiven Inhalten nun in die Gaming-Branche expandieren will. Demnach sollen künftig allen Abonnenten neben Filmen und Serien auch Spiele angeboten werden, wobei zunächst werbefreie Mobile Games geplant seien.

Nach einer längeren Testphase in verschiedenen europäischen Ländern steht mit Netflix Games seit dem Herbst 2021 das Spiele-Angebot zur Verfügung, das sich zunächst mit der Android-Plattform für Smartphones und Tablets nutzen lässt. Bislang ist das Angebot an Spielen noch klein, und Blockbuster sucht man hier bislang vergeblich.

Spiele-Angebot soll ausgebaut werden

Allerdings soll das Angebot im laufenden Jahr deutlich ausgebaut werden. Zu diesem Zweck wurde das Entwicklerstudio „Night School Studio“ übernommen, das sich unter anderem mit „Oxenfree“ einen Namen gemacht hat, einem Grafik-Adventure-Spiel, das für verschiedene Plattformen (u.a. Nintendo Switch, macOS, Windows, Xbox One) erschien.

Der Angriff auf den Games-Markt könnte ein kluger Schachzug sein, schließlich weist diese Branche hohe Wachstumsraten auf. Außerdem kann Netflix so sein Angebot breiter diversifizieren, sodass der Geschäftserfolg in Zukunft nicht mehr ausschließlich von neuen Blockbuster-Serien und -Filmen abhängt.

Anleger, die auf einen Turnaround bei der Netflix-Aktie setzen wollen, können mit einem Long-Zertifikat (WKN: MC7MR9 / ISIN: DE000MC7MR95) gehebelt von Kurssteigerungen profitieren. Skeptiker können dagegen zu passenden Short-Zertifikaten greifen (WKN: MD17GU / ISIN: DE000MD17GU3).

Bildquelle: Pressefoto Netflix