Nachhaltige Atomkraft: Die richtige Entscheidung?

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Die EU-Kommission prescht vor und deklariert die Atomenergie als nachhaltig. Mit ihrer Hilfe soll der Übergang in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien gelingen. Was hierzulande die Emotionen hochkochen lässt, wird anderswo als selbstverständlich angesehen.

Über das Thema Atomenergie wird in Deutschland sehr stark emotionsgeladen diskutiert. Kein Wunder, wenn man an Katastrophen wie Tschernobyl oder Fukushima denkt. Letztere sorgte im Jahr 2011 sogar dafür, dass der deutsche Atomausstieg ausgerechnet in die Kanzlerschaft der Physikerin Angela Merkel gefallen ist. Darüber hinaus waren Bewegungen wie die Anti-Atomkraft-Proteste für die Gründung der Partei der Grünen mitverantwortlich. In vielen Teilen der Welt sieht man die Atomenergie jedoch deutlich nüchterner als hierzulande.

Frankreich wirbt für mehr Atomenergie

Deutschlands Nachbar Frankreich ist ein echter Atom-Fan. Dort sind aktuell mehr als 50 Reaktoren in Betrieb. Viele gleich auf der anderen Seite der Grenze zu Deutschland. Sollten sich in diesen Kraftwerken Unfälle ereignen, würde Deutschland sein Ausstieg nur wenig nützen. Der Umstand, dass Deutschland noch so sehr aus der Stromerzeugung mithilfe der Atomkraft aussteigen kann, jedoch weiterhin von Reaktorunfällen in Nachbarländern betroffen wäre, ist nur einer der Gründe, die Atomenergie mit anderen Augen zu sehen. Frankreich erzeugt rund 70 Prozent seines Stroms mithilfe der Atomkraft. Dieser Anteil könnte sogar steigen.

Die Kennzeichnung der Atomenergie als nachhaltig lässt hierzulande die Emotionen hochkochen, anderswo gilt der Schritt der EU als selbstverständlich. Bildquelle: Pixabay / mhollaen

Schließlich will das Land neue Reaktoren bauen. Mitte Oktober 2021 stellte Präsident Emmanuel Macron den Investitionsplan „Frankreich 2030“ zur Modernisierung der französischen Industrie vor. Dieser hat ein Volumen von 30 Mrd. Euro. Bis 2030 soll auch 1 Mrd. Euro in den Bereich Kernkraft gesteckt werden. Im Fokus stehen spezielle kleine, innovative Kernreaktoren mit einer verbesserten Abfallwirtschaft. Frankreich ist in der EU längst nicht allein. Länder wie Bulgarien, Polen, Rumänien, die Slowakei, Ungarn oder die Tschechischen Republik planen neue Kraftwerke. Entsprechend ist es so gekommen, dass die EU-Kommission die Atomenergie als „grüne“ Technologie klassifiziert hat.

Streitpunkt EU-Taxonomie

Die EU hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. Bis 2050 will sie klimaneutral sein. Hilfreich dabei soll auch die EU-Taxonomie sein. Diese soll dafür sorgen, dass private Investitionen in Tätigkeiten gelenkt werden, die notwendig sind, um die Klimaneutralität zu erreichen. Anleger sollen sich an der Taxonomie orientieren und mit ihrer Hilfe nachhaltige Investments identifizieren können. Lange wurde gestritten, doch nun haben es die Atom- und Gasenergie in die Taxonomie geschafft.

Ein ergänzender Taxonomie-Rechtsakt klassifiziert bestimmte Gas- und Kernenergietätigkeiten als nachhaltig. Diese müssen zum Übergang zur Klimaneutralität beitragen. Außerdem müssen die Kernenergietätigkeiten die Anforderungen an die nukleare Sicherheit und die Umweltsicherheit erfüllen, während die Gastätigkeiten zum Umstieg von der Kohle auf erneuerbare Energieträger beitragen müssen.

Besonders positive CO2-Bilanz

Die Bundesregierung war gegen diese Einstufung und behält sich laut der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang juristische Schritte gegen die EU-Taxonomie vor. Gegenüber dem Berliner Tagesspiegel (Sonntags-Ausgabe) sagte sie, dass man gerade prüfe, ob der vorgelegte Rechtsakt haltbar sei und eine Klage Aussicht auf Erfolg hätte. Sollte dies bejaht werden, will man sich Österreich anschließen. Die dortige Regierung hatte angekündigt, den EU-Vorschlag zur Taxonomie juristisch anzufechten. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen. Befürworter der Atomenergie, wie die französische Regierung, verweisen zum Beispiel auf die Umwelt- und Klimafreundlichkeit der Atomenergie. Ihre CO2-Bilanz ist besonders positiv.

Der Weltklimarat schätzt ihre Emissionen auf 12 Gramm CO2-Äquivalent pro kWh Strom. Die Windenergie kommt bei Onshore- bzw. Offshore-Windkraftanlagen auf 11 bzw. 12 Gramm pro kWh. Im Fall von Solarpanelen auf Dächern sowie bei Solarparks liegen die entsprechenden Werte bei 41 bzw. 48 Gramm pro kWh. Wichtige Faktoren sind im Fall der Erneuerbaren Energien auch die benötigten Ersatzkraftwerke. In Deutschland wird dort vor allem auf besonders klimaschädliche Kohle- und Gaskraftwerke zurückgegriffen.

Entsprechend schneidet Frankreich derzeit in Bezug auf den Kohlendioxidausstoß bei der Energieerzeugung deutlich besser ab als der „Erneuerbare-Energien-Musterschüler“ Deutschland. Neben dem Klimaargument wird auch auf die politische Unabhängigkeit sowie niedrige Preise verwiesen. Mit Blick auf den Russland/Ukraine-Konflikt sowie die steigenden Energiepreise würde Europa seine Abhängigkeit von russischem Gas gerne verringern. Dies ginge mit der Atomenergie.

Neue Reaktoren ein Muss?

Entsprechend ist das Thema auch für Investoren interessant. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, das Investmentthema Kernenergie anzugehen. Viele Energieversorger, die immer noch einem großen Teil des Stroms mithilfe der Atomkraft erzeugen, sind börsennotiert. Zudem beschäftigen sich viele Minenunternehmen weltweit mit dem Uranabbau. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Dienstleistern, die sich am Bau von Kernreaktoren beteiligen. Eine entsprechende Investitionsmöglichkeit stellt das Partizipationszertifikat auf den Vontobel Nuclear Energy Index (WKN: VX5TNQ / ISIN: DE000VX5TNQ3) dar.

Die Indexmitglieder beschäftigen sich mit der Förderung von Uran, der Atomenergieerzeugung oder mit nuklear-nahe Technologien oder Dienstleistungen. Ein Vertreter ist Cameco Corp. Das kanadische Unternehmen verfügt laut eigenen Angaben über Kapazitäten zur Produktion von mehr als 53 Millionen Pfund Urankonzentrat jährlich. Das Unternehmen beschäftig sich auch mit der Raffination, Umwandlung und Herstellung von Uran. Auch Energy Fuels ist mit von der Partie, der größte Produzent von Uran in den USA. Auf Unternehmensseite ist man vom Wachstumspotenzial der Atomenergie überzeugt. Der Kampf für erschwingliche Energie sowie gegen den Klimawandel würde den Bau neuer Reaktoren erforderlich machen.

FAZIT

Der Streit um die EU-Taxonomie und die Atomkraft ist alles andere als beendet. Allerdings schadet es angesichts ausufernder Energiepreise, auch aufgrund der Kosten der Energiewende, sowie des Blicks auf den Russland/Ukraine-Konflikt vielleicht die Kernenergie hierzulande nicht mehr pauschal nur zu verteufeln.

Partizipationszertifikat auf Vontobel Nuclear Energy Index
WKN VX5TNQ
ISIN DE000VX5TNQ3
Emissionstag 31. Januar 2022
Produkttyp Partizipationszertifikat
Emittent Vontobel

 

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