Schlussgong: Anleihenmarkt – Griechenland unter Druck

[ad#Google Adsense XL-rechts]Für einige Stunden sah es heute nach einem kräftigen Rücksetzer an den Aktienmärkten aus. Die europäischen Indizes standen stark unter Druck. Überraschende Kursgewinne an der Wall Street sorgen aber dafür, dass der DAX nachbörslich schon wieder bei 6.200 Punkten notiert.

Auslöser der Achterbahnfahrt war erneut die Griechenland-Krise. Es gibt aber auch Gewinner: Dadurch, dass Griechenland fast alle Negativ-Schlagzeilen auf sich zieht, können andere Länder ihre Probleme besser verstecken und nach Lösungen suchen.

Der Kampf um das Vertrauen der Märkte

An der Börse dominieren offiziell Fakten und Zahlen, aber ein nicht direkt messbarer Punkt bestimmt kurzfristig das Geschehen: Das Vertrauen der Marktteilnehmer in Unternehmen, Banken oder auch Staaten.

Die griechische Regierung leidet darunter, dass Vorgängerregierungen die Schuldenzahlen frisiert haben, um den Sprung in den Euro-Raum zu schaffen. Die offizielle Aufdeckung des Skandals hat das Vertrauen in den griechischen Staat zerstört. Daher ist Griechenland jetzt auch das perfekte Opfer für die Spekulanten, die auf eine Ausweitung der Krise wetten.

Der Abwärtssog wird jedoch nicht nur von Spekulanten ausgelöst. Auch die Griechen verlieren zumindest teilweise das Vertrauen in den eigenen Staat. So wird berichtet, dass griechische Sparer und Investoren mehrere Mrd. Euro ins Ausland überwiesen haben.

Die Folge: Den griechischen Banken fehlen plötzlich die Spareinlagen. Daher fordern die Banken vom griechischen Staat eine Liquiditätsspritze in Höhe von 17 Mrd. Euro. Auch diese Aktion stärkt nicht unbedingt das Vertrauen.

Die Zins-Belastung steigt dramatisch

Für Griechenland wird der zunehmende Druck am Anleihenmarkt extrem unangenehm. Der Markt fordert immer höhere Zins-Renditen. Griechische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren werfen aktuell 7,3 Prozent Rendite ab.

Das aber bedeutet: Wenn Griechenland am Anleihenmarkt frisches Kapital einsammeln will, erwartet der Markt auch einen Zins-Kupon von rund 7 Prozent. Die Zinsbelastung steigt und steigt. Die Schmerzgrenze ist bald erreicht. Dann muss Griechenland um internationale Hilfe bitten.

Die hohen Rendite-Unterschiede sind nicht gerechtfertigt

Während griechische Staatsanleihen über 7 Prozent Rendite abwerfen, bringen spanische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren nur 3,92 Prozent Rendite. Diese Differenz signalisiert, dass Griechenland große Probleme hat, während Spanien als ein solider Schuldner eingestuft wird.

Es ist aber offensichtlich, dass diese Risiko-Einschätzung nicht korrekt ist. Ich verweise auf die hohe Staatsverschuldung, die Immobilienkrise und eine Arbeitslosenquote von 19 Prozent in Spanien. Ein Hort der Stabilität sieht anders aus.

Griechenland und Spanien haben gewaltige Probleme, doch nur ein Land wird bestraft. Das andere Land kann relativ ungestört an einer Krisenlösung arbeiten. Meine Einschätzung: Die Renditen der griechischen Staatsanleihen sind zu hoch, die Renditen der spanischen Anleihen sind zu gering.

Auch die griechische Realwirtschaft leidet

Die Griechenland-Krise lähmt auch die Volkswirtschaft. Demonstrationen gegen die Sparpakete der Regierung und die Kapitalflucht belasten die Konjunktur. Kein Wunder, dass die Konjunkturerwartungen seit Jahresbeginn deutlich gesunken sind.

In Spanien herrscht dagegen – etwas überraschend angesichts der katastrophalen Faktenlage zu Jahresbeginn – eine relativ gute Stimmung. Das spanische Wirtschaftsleben erholt sich langsam. Der wichtige Stimmungsindikator in der Dienstleistungsbranche signalisiert zum ersten Mal seit Oktober 2007 wieder Wachstum.
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Nicht nur an der Börse entscheidet die Psychologie

Griechenland und Spanien hatten Ende 2009 und auch noch Anfang 2010 ähnlich große Probleme. In Griechenland hat der Vertrauens-Verlust jedoch zu einer Verschärfung der Krise geführt, während sich in Spanien ein zartes Optimismus-Pflänzchen im Frühjahr zeigt.

Die sehr unterschiedliche Entwicklung macht deutlich, dass psychologische Aspekte nicht nur kurzfristig für starke Börsenkursschwankungen sorgen können, sondern auch eine ganze Volkswirtschaft beeinflussen. Im Prinzip müssen die anderen Krisenländer Griechenland sehr dankbar dafür sein, dass ein einzelnes Land die negativen Schwingungen des Kapitalmarktes wie ein Magnet anzieht.