E-Commerce: Der Nachholbedarf der Deutschen

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Kann ein Geschäft heute noch ohne E-Commerce-Aktivitäten erfolgreich sein? Nein! Sagen viele Experten. Gefördert durch die Corona-Pandemie ist der E-Commerce zur neuen Normalität geworden – für Kunde und Händler.

Annähernd jeder siebte Euro, der den Deutschen für Haushaltsaugaben zur Verfügung steht, ist im Jahr 2021 für Waren im E-Commerce ausgegeben worden. Wenn die Umsätze um die Ausgaben für Lebensmittel-Einkäufe bereinigt werden, ist es sogar jeder fünfte Euro. Im vergangenen Jahr stieg der Brutto-Umsatz auf 99,9 Milliarden Euro, im Vergleich zu 83,3 Milliarden Euro im Jahr 2020, was ein Wachstum 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.

Deutschland nur auf siebtem Platz im europäischen Vergleich

Eine Studie von Unzer hat das Potential aller EU-Märkte auf erfolgsversprechenden E-Commerce untersucht und bewertet. Auf Platz 1 landet die Niederlande vor Irland und Österreich. Deutschland belegt einen recht soliden siebten Platz.

Wenn man jedoch allein den Umsatz aus dem Jahr 2021 betrachtet, der mit 99,9 Milliarden Euro Platz 2 hinter Frankreich mit 123,4 Milliarden bedeutet, stellt sich die Frage, wo die Probleme liegen.

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Die Ergebnisse der Studie bescheinigt Deutschland gute Voraussetzungen für den E-Commerce. Das Herz des E-Commerce, der Versand, ist in Deutschland hervorragend aufgestellt mit einer leistungsfähigen Post- und Versandinfrastruktur.

Nur Wenige nutzen einen eigenen Onlineshop

Durchschnittlich liegt der Preis für den Versand eines Päckchens bei 3,53 Euro, was vergleichsweise günstig ist. In den Niederlanden, Spanien oder Italien kostet der Versand eines Paketes durchschnittlich zwischen 5 und 9 Euro. Ebenfalls günstig im Vergleich sind die Gewerbeflächen und Lagerräume mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 480 Euro pro Jahr. In Frankreich muss dagegen rund 880 Euro pro Jahr gezahlt werden.

Trotz der verhältnismäßig guten Voraussetzungen vertreibt nur jede fünfte Einzelhändler Waren ausschließlich oder zusätzlich im Internet neben dem konventionellen Handel. Die Mehrzahl nutzt dabei Online-Marktplätze anderer Dienstleister. Nur 16 Prozent treiben Handel über einen eigenen Webshop, was im EU-Vergleich relativ gering ist. In Dänemark und Irland nutzen dagegen schon 29 Prozent aller E-Commerce ein eigenes Shopsystem.

Die Fehler im E-Commerce

Der Start in den E-Commerce-Bereich ist nicht einfach und es werden oft Fehler gemacht, die vermeidbar sind. Aus diesem Grund hat SumUp, Anbieter von maßgeschneiderten Business-Tools für kleine Händler, eine Liste von fünf Fehlern zusammengestellt, die beim Start in den E-Commerce-Bereich vermieden werden können.

  1. Unrealistische Ziele und zu viel Idealismus

Eine große Vision ist notwendig und wichtig für den langfristigen Erfolg. Doch gerade zu Beginn ist es wichtig die Ausgangslage erst einmal realistisch zu bewerten und sich kleine Etappenziele zu stecken. Wichtig ist dabei auch eine realistische Zeiteinschätzung. Es kann nicht alles sofort funktionieren und es

  1. Zu breit aufgestellt

„Lieber sehr speziell, d.h. ein Nischenprodukt wählen, als sich breit aufzustellen”, rät Johannes Schaback CTO von SumUp.

Bei einem Nischenprodukt ist die Konkurrenz überschaubar. Es kann mit geringem Kostenaufwand zunächst experimentiert und analysiert werden, ob wie Website oder der Onlineshop bei den Kunden ankommt. Außerdem besteht die Möglichkeit die End-to-End Supply Chain entstpechend des tatsächlichen Bedarfs aufzubauen und anzupassen.

  1. Fehlende Online-Marketingkenntnisse

Auf den Einsatz von effektiven Marketingwerkzeugen darf nicht verzichtet werden. Damit ist nicht mal unbedingt raffinierte Werbung gemeint. Wichtiger ist es die zur Verfügung stehenden Marketingmittel und -methode auf die anvisierte Zielgruppe anzupassen. Für einen stationären Shop ist ein Eintrag auf Googlemaps oder Yelp ein Muss. Online wird ein Lackmusstest empfohlen: An welcher Position erscheint das eigene Geschäft, wenn es via Suchmaschine gesucht wird.

  1. Tracking vernachlässigen

Zur Verbesserung des eigenen Shops ist das Tracking unerlässlich. Nur so kann geschaut werden welche Produkte gut beim Kunden ankommen, bzw. an welcher Stelle Kunden aussteigen und einen eventuellen Kauf abbrechen. Genau an diesen Stellen muss nachgearbeitet werden.

  1. Zu Glauben, wie Kunden ticken

Kundenfeedback ist wichtig, um den eigenen Shop zu verbessern. Besonders im E-Commerce ist es jedoch nicht immer einfach ein Kundenfeedback zu bekommen. Daher ist Kreativität gefragt. Eine Möglichkeit bieten eigene Social-Media-Kanäle, um Kundenfeedback zu Produkten und dem Shop einzuholen. Das wichtigste ist jedoch die Umsetzung des Kundenfeedbacks!

E-Commerce wird zum Standard

Eine Studie der bevh (Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V.) zeigt, dass 96,3 Prozent der Befragten „zufrieden“ und „sehr zufrieden“ mit ihren Onlinekäufen sind, was einen neuen Rekordwert bedeutet. Gleichzeitig sind Deutsche Konsumenten gegenüber E-Commerce überdurchschnittlich aufgeschlossen. 76 Prozent der Bevölkerung kauft regelmäßig im Internet ein. Nie haben mehr Deutsche im Internet eingekauft und eine so hohe Zufriedenheit geäußert.

Das E-Commerce in der Bevölkerung angekommen ist, zeigt sich zudem in der Bestellhäufigkeit nach Altersgruppen. Während vor der Corona-Pandemie der E-Commerce noch hauptsächlich von Jüngeren genutzt wurde, sind inzwischen mehr als die Hälfte aller Käufer 50 Jahre oder älter.

Deutschland letzter beim Online-Banking

Geändert hat sich auch die Bestellfrequenz. Einer Umfrage der bevh zufolge gaben 40,9 Prozent der Befragten an, mehr als einmal in den vergangen sieben Tagen online bestellt zu haben. Vor der Corona-Pandemie lag dieser Wert noch bei 33,2 Prozent.

Allerdings hat Deutschland großen Aufholbedarf im Bereich Online-Banking, nur 50 Prozent der Deutschen nutzen Online-Banking was den letzten Platz in der Studie bedeutet. Angeführt wird dieser Bereich von Dänemark mit 95 Prozent und Finnland mit 93 Prozent.

Als Anleger vom E-Commerce profitieren

Anleger, die von dem anhaltenden Boom des Online-Handels profitieren möchten, könnten einen Blick auf das Strategie-Zertifikat auf den E-Commerce-Index (WKN: VA6U9B / ISIN: DE000VA6U9B9) werfen. Dieser bildet die Wertentwicklung von einigen Aktien aus der Online-Handelsbranche ab. Dazu zählen neben Amazon auch die Anteilsscheine von Block Inc oder MercadoLibre.

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