Angst in der Bevölkerung vor Altersarmut

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Fast 60 Prozent der Bürger haben Angst vor Altersarmut, zeigt die aktuelle Altersvorsorge Befragung des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA).

Überraschend kommt dieser hohe Wert nicht für Prof. Dr. Michael Heuser, den Wissenschaftlichen Leiter des DIVA. “Zwar kommen wissenschaftliche Prognosen zu dem Ergebnis, dass der Anteil der armutsgefährdeten älteren Menschen in Deutschland auch langfristig nicht über 15 Prozent liegen wird. Doch viele denken bei ihrer Altersvorsorge allein an die gesetzliche Rente, und die wird in der Tat kaum mehr reichen.” Die Menschen müssten ein stärkeres Bewusstsein dafür entwickeln, welche zusätzliche Einnahmen im Alter zur Verfügung stehen können, beispielsweise aus privat abgeschlossenen Renten oder aus Erbschaften. “Zudem fallen einige Ausgaben im Alter weg. Es ist wichtig, dass das Projekt “säulenübergreifende Renteninformation” endlich in der Breite eingeführt wird”, so Heuser.

Dr. Helge Lach, Vorsitzender des BDV Bundesverbands Deutscher Vermögensberater, des Trägers des DIVA, ergänzt: “Die Hochrechnung der Gesamteinnahmen und -ausgaben im Alter ist komplex und muss frühzeitig angepackt werden. Dabei zu helfen, ist eine der Hauptaufgaben eines Vermögensberaters. Zeigt sich eine nennenswerte Versorgungslücke, werden im Beratungsgespräch mögliche Sparformen erörtert.”

Im Moment kommen die Nachwirkungen der Pandemie, aktuell die Ukraine-Krise und die anziehende Inflation erschwerend hinzu. Bei zukunftsbezogenen Einschätzungen ist in den DIVA-Befragungen laut Heuser zunehmender Pessimismus erkennbar.

Frauen haben mehr Angst vor Altersarmut als Männer

Mit 66,2 Prozent ist Angst bei Frauen noch deutlicher höher als bei Männern mit 53,9 Prozent.

Bildquelle: DIVAX Altersvorsorge Frühjahr 2022

“Die Diskrepanz ist plausibel. Denn Frauen erhalten aufgrund anderer Erwerbsbiografien im Schnitt ca. 30 Prozent weniger monatliche staatliche Rente. Zudem ist ihr Vorsorgebedarf auch wegen ihrer drei bis fünf Jahre höheren Lebenserwartung größer als bei Männern. Wenn also eine Frau eine bestimmte Versorgungslücke im Alter mit einem Sparplan zum Beispiel auf Fonds absichern will, wird sie während der Einzahlphase entweder höhere Beiträge leisten oder im Alter mit weniger auskommen müssen,” meint Heuser dazu.

Förderung privater Vorsorge – das Rieser-Modell bleibt weiterhin beliebt

Für den Großteil der Befragten, mit knapp 80 Prozent, für die private Vorsorge sehr wichtig oder wichtig ist, liegen staatliche Förderung und garantierte Leistungen ganz vorne. “Es ist nachvollziehbar, dass sich die Bürger für das Alter fixe, also garantierte Einnahmen wünschen. Auch die Ausgaben sind ja überwiegend fix. Garantieprodukte bringen aber derzeit keine Rendite. Staatliche Förderung kann hier quasi wie ein Zinsersatz wirken, um die ausbleibende Rendite aus der Geldanlage auszugleichen,” erklärt Heuser.

Bildquelle: DIVAX Altersvorsorge Frühjahr 2022

Lach ergänzt: “Letztendlich gibt es sogar eine politische Legitimation dafür, dass von Seiten der Politik das Sparen für das Alter subventioniert wird. Denn das für Sparer unvorteilhafte Nullzinsumfeld der letzten Jahre ist in erster Linie dem Agieren der Zentralbanken zuzuschreiben. Und wenn die Politik der Altersvorsorge die Chance auf Rendite nimmt und davon mit einer nahezu kostenlosen Refinanzierung der Staatsschulden sogar profitiert, ist es nur folgerichtig, wenn ein Stück Rendite aus staatlicher Förderung generiert wird.”

Interessant ist bei diesen Schlussfolgerungen, mit welcher Art der staatlichen Förderung die Bürger am stärksten zur Altersvorsorge zu motivieren sind. Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Stellt man die Bürger vor die Wahl zwischen Steuervorteilen wie zum Beispiel der Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen und Zulagen nach dem Riester-Modell, spricht sich mehr als die Hälfte für die Zulagen aus, rund zwanzig Prozent für Steuervorteile.

“Die Ergebnisse zeigen erneut, dass die Idee des Riester-Sparens mit Zulagen bei den Menschen ankommt. Gerade Geringverdiener profitieren, und zwar zweifach. Denn sie erhalten mit deutlich niedrigeren monatlichen Beiträgen die gleichen Zulagen wie Sparer mit höheren Einkommen. Und viele sind nicht steuerpflichtig, könnten nichts geltend machen und würden somit von einer steuerlichen Förderung gar nicht profitieren. Die hartnäckige Forderung an die Politik, endlich das Riester-Sparen zu reformieren, ist deshalb richtig. Die Zeit drängt. Private Vorsorge ist gerade bei niedrigen Zinsen und hoher Inflation wichtiger denn je”, so der Verbandsvorsitzende Lach.

Neue Möglichkeiten könnte die Aktienrente bieten

Nach den letzten Äußerungen von Sozialminister Heil nimmt die zukünftige Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung Form an. Die Aktienrente könnte noch in diesem Jahr kommen. Trotzdem bleiben die wesentlichen Stellschrauben Renteneintrittsalter, -niveau und -beiträge unverändert. Mit den Plänen für die private Vorsorge hält man sich noch bedeckter. Von der privaten Pflichtvorsorge bis hin zum Riester-Relaunch – alles scheint möglich zu sein.

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