Inflationsspitze führt zur Neuorientierung

(Bildquelle: Pixabay / ccipeggy)

Die neuesten Datenveröffentlichungen zur Inflation machen zwar keine Hoffnung auf zeitnah fallende Preissteigerungsraten, aber doch auf einen weniger steilen Anstieg oder sogar auf eine Trendumkehr.

Abnehmende Geschwindigkeit

In den USA wurde mit 8,3 Prozent zuletzt ein im Vormonatsvergleich leicht nachgebender Wert vermeldet. Auch die Kerninflationsrate (ohne die schwankungsanfälligen Komponenten Energie und Nahrungsmittel) gab leicht nach, liegt allerdings mit 6,2 Prozent nach wie vor auf außerordentlich hohem Niveau.

Das verdeutlicht, wie stark der Inflationsdruck mittlerweile nahezu alle Komponenten des der Berechnung zugrundeliegenden Warenkorbes erfasst hat. Dazu passt beispielsweise, dass Microsoft ankündigte, seinen Mitarbeitern deutlich höhere Gehälter und ggf. Boni zu zahlen, um im verschärften Wettbewerb um qualifiziertes Personal nicht ins Hintertreffen zu geraten. Die Lohn-/Preisspirale ist in den USA also offensichtlich.

In der Eurozone und Deutschland stiegen die Inflationsraten im April zwar erneut auf 7,5 bzw. 7,4 Prozent an, allerdings hat die Geschwindigkeit des Preissteigerungen deutlich abgenommen. Trotzdem zeigen auf hier eine Kernrate der Inflation in der Eurozone auf einem Mehrjahreshoch in Höhe von 2,9 Prozent sowie für Deutschland im jeweiligen Vorjahresvergleich mit einem Rekordanstieg vermeldeten Erzeuger- und Großhandelspreise, das der erhöhte Preisdruck mittlerweile ebenfalls alle Produktkategorien betrifft.

Geringere Wachstumserwartungen

Gleichzeitig werden aber auch weiterhin die Wachstumsprognosen nach unten angepasst, für die EU und die Eurozone zuletzt vonseiten der EU-Kommission auf nur noch jeweils 2,7 Prozent für 2022. Auch in den USA und vor allem in China wurden die Wachstumserwartungen deutlich nach unten korrigiert.

Zusammen mit den seit März, unter hohen Schwankungen und auf hohem Niveau, aber doch immerhin seitwärts verlaufenden Rohölnotierungen und teilweise stark gefallenen Preisen für Industrierohstoffe wie Platin, Palladium oder Aluminium deutet sich damit zunächst ein nachlassender Preisdruck ab und die Inflationsspitze dürfte in vielen Industriestaaten erreicht sein.

Möglicher Gaslieferstopp

Nur eine massive Eskalation des Ukrainekonflikts, vor allem ein möglicher Gaslieferstopp von Russland nach Europa würde die Inflation noch einmal deutlich anheizen. An den internationalen Börsen kehrt damit auch langsam die Einsicht ein, dass die Zinserhöhungserwartungen vor allem in den USA überzogen waren.

Es spricht daher viel dafür, dass die Phase der massiv negativen Kursentwicklungen über nahezu alle Anlageklassen hinweg in eine Phase der Neuorientierung mündet mit zumindest kurzfristig nicht weiter steigenden Zinsen und einer Erholung bei Aktien sowie für den Euro. Wichtigste Einflussfaktoren bleiben dabei die Entwicklung der Corona-Pandemie in China sowie die weiteren Auswirkungen des Ukrainekonfliktes.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.

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