Globale Konjunktur: Wachstum, Rezession oder Stagflation?

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Wir erleben derzeit einen stagflationär wirkenden Schock. Seit Anfang 2022 wurden die Wachstumserwartungen für die wirtschaftlich wichtigsten Regionen und damit auch für die globale Konjunktur sukzessive und nennenswert nach unten korrigiert. Gleichzeitig stiegen die Inflationsraten weiter und deutlich an.

Korrigierte Prognosen

So reduzierte die Bundesbank kürzlich ihre Projektion für das Wirtschaftswachstum in Deutschland im laufenden Jahr auf nur noch 1,9 Prozent, gefolgt von 2,4 Prozent im Jahr 2023. Die Inflation wurde hingegen auf 7,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022 (bezogen auf den Harmoniserten Verbraucherpreisindex HVPI) taxiert.

Die Weltbank wiederum korrigierte die Prognose für das globale Wachstum im Jahr 2022 auf 2,9 Prozent nach unten. Trotz deutlich schwächerer Wachstumsdynamik bleibt damit aber vorerst die Grundannahme, dass eine Rezession vermieden werden kann, wobei sowohl in China als auch in Europa und den USA jeweils individuelle Risikofaktoren die noch vorhandenen Wachstumskräfte weiter schwächen könnten.

Die unberechenbarste Komponente ist dabei wohl die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie in China. Den steigenden Fallzahlen begegnet die chinesische Regierung weiterhin mit strikten Lockdowns für ganze Millionenmetropolen mit der Folge einer wirtschaftlichen Vollbremsung im zweiten Quartal. Nur eine Lockerung bestehender Restriktionen würde eine Erholung im dritten Quartal in Aussicht stellen.

Zinswende im Fokus

Für Europa hingegen wäre ein kompletter Stopp russischer Gaslieferungen vermutlich der letzte Funke für eine anstehende Rezession, während in den USA der Hauptfokus auf der Zinswende der US-Notenbank Fed liegt, die gerade mit einem geldpolitischen Drahtseilakt versucht, die renitent hohe Inflation in den Griff zu bekommen, ohne die Konjunktur dabei zu stark abzubremsen.

Während sich die Wahrscheinlichkeiten für das Wachstums- und das Rezessionsszenario somit in vielen Regionen immer stärker annähern, ist die Gefahr eines Abrutschens in eine längere Stagflation analog der 70´er-Jahre nicht zu erwarten. Einerseits dürften bereits erste Entspannungen bei den Rohstoff- und Energiepreisen oder bei den globalen Lieferketten zu einer wirtschaftlichen Wiederbelebung und einer Abarbeitung der nach wie vor sehr vollen Auftragsbücher der Industrie führen. Zudem besteht nicht die Notwendigkeit einer Anpassung hoher Überkapazitäten auf der Angebotsseite.

Ein Kommentar von Carsten Mumm

Er ist Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Das Traditionshaus mit Sitz in Hamburg und München setzt auf qualifizierte und umfassende Beratung für vermögende Privatkunden, Unternehmer, Immobilienkunden und institutionelle Kunden.
www.donner-reuschel.de

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