Das Investment-Tagebuch – keine schlechte Idee

Bildquelle: Pressefoto Deutsche Börse AG

Nun ist es also doch so weit; nach elf Jahren Niedrigzinsphase leitete die EZB die Wende ein und begann im Juli mit einer moderaten Zinsanhebung.

Präsidentin Lagarde verspricht dennoch keinen schnellen Dämpfer für die Rekordinflation. Ganz im Gegenteil: Die Prognosen sind weiterhin düster und verderben Anlegenden den Sommerurlaub.

Wenn wir als Anlegerinnen und Anleger langfristig und erfolgreich agieren wollen, brauchen wir Orientierung und Regeln, an die wir uns halten. Gerade wenn wieder einmal sämtliche Prognosen der zurückliegenden Monate „über den Haufen geworfen sind“, brauchen wir einen klaren Standpunkt und einen festen Halt. Da im Geldanlagebereich die meisten Entscheidungen aus dem Bauch getroffen werden, müssen wir bereits vorher festlegen, nach welchen Kriterien Käufe und Verkäufe erfolgen sollen.

Insofern mag ich an dieser Stelle einmal auf ein altbewährtes und ebenso einfaches Hilfsmittel aufmerksam machen. Zusätzlich zu den täglichen Markt- und Depotanalysen führe ich ein Investmenttagebuch und beschreibe nur für mich, wie ich mich in bestimmten Situationen gefühlt habe.

Ich dokumentiere, wie es mir bei Kriegsbeginn oder während der Corona-Pandemie gegangen ist und was die herrschende Meinung der Analysten zu dieser Zeit war. Meine Entscheidungen und die Begründungen dazu notiere ich mir. Das hilft mir, in schwierigen Situationen zurückzuschauen und an meinen Prinzipien festzuhalten.

Ich weiß heute noch, wie ich mich in ähnlichen Situationen gefühlt habe und das bewahrt mich vor Schnellschüssen. Bei den Zielinvestments dominiert die Suche nach „wertvollen“ Anlagen, die möglichst preisgünstig erworben werden sollen.

Und wenn wir uns nun die gegenwärtigen Märkte anschauen, dann stellen wir fest, dass die Stimmung tendenziell schlecht ist und entsprechend viele Aktien niedrig bewertet sind.

Die Frage lautet: Wie viel Potenzial haben die Kurse nach oben, wenn sich die Stimmung bessert und die Bewertungen wieder Normalniveau erreichen?

Die Antwort liefert der Dreisatz, den viele von uns in der Schule gelernt haben: Wenn der DAX bei rund 14.500 mit einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,5 bewertet ist, wo liegt er dann, wenn das KGV wieder ein Normalniveau von 15 erreicht? Ganz einfach: bei 17.400!

Dennoch handelt es sich hier mal wieder lediglich um eine theoretische Zahl. Die Märkte verweilen längst in einem schwer kalkulierbaren Eigenleben. Das lässt sich auch daran ablesen, wie unterschiedlich die Einschätzungen der Volkswirte derzeit ausfallen. Die einen setzen auf eine Erholung, andere beschreiben eine fortlaufende Kurskorrektur, wiederum andere feiern bereits eine Sommerrally, während Letztere den langen Bärenmarkt vor Augen haben.

Fakt ist: Bei 14.500 Punkten liegt der Dax ziemlich genau in der Mitte zwischen „best- und worst case“. Immerhin kommt der Markt von knapp 16.300 Punkten im Hoch. Im schlimmsten Fall gehen die Volkswirte aber durchaus von einem Tief bei 12.500 Punkten aus. Insofern ist ungewiss, wie es mittelfristig weitergeht und wie nachhaltig etwaige Erholungsphasen sein können.

Wer also der Idee eines Investment-Tagebuchs folgt, stabilisiert seinen Meinungshorizont und versetzt sich in die Lage, Investmententscheidungen begründet und nicht nur aus dem Bauch heraus zu treffen.

DDV, Lars BrandauEin Beitrag von Lars Brandau

Er ist seit Gründung des Deutschen Derivate Verbands (DDV) im Jahr 2008 dessen Geschäftsführer und vertritt den DDV auch in den Arbeitsgruppen des europäischen Dachverbands EUSIPA. Der DDV ist die Branchenvertretung der führenden Emittenten strukturierter Wertpapiere in Deutschland. Außerdem unterstützen mehr als 20 Fördermitglieder die Arbeit des Verbandes. Brandau ist studierter Germanist und Politologe und gilt als ausgewiesener Kommunikationsprofi. Weitere Informationen unter: www.derivateverband.de

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