The trend is nicht immer your friend

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Sind wir mal ehrlich! Seit 2009 kannten die Börsen eigentlich nur eine Richtung – gegen Norden. Insbesondere wenn man seit dieser Zeit eher auf Märkte sowie Indices und weniger auf Einzelwerte gesetzt hat, kann man heute auf eine außerordentlich positive Performance zurückschauen. Daran ändert zunächst auch nicht, dass die Börsen derzeit leider eine andere Richtung kennen – nämlich jetzt gegen Süden.

Sparpläne nicht kündigen

Da macht sich Nervosität breit und viele Anleger fragen sich, ob sie ihre Sparpläne pausieren oder gar kündigen sollen und ob nicht jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, die Gewinne mitzunehmen. Sicherlich ist es immer ein guter Rat, Gewinne auch mal zu realisieren.

Gerade bei Sparplänen sollte aber eine andere Strategie gefahren werden. Gerade jetzt, wo die Kurse fallen, sollten Sparpläne erst recht umgesetzt werden. Genau jetzt werden nämlich die Anteile zu niedrigen Preisen eingekauft, als zuletzt. Das ist logisch, aber trotzdem in der Umsetzung wahnsinnig schwer. Denn was ist morgen? Werden die Kurse noch stärker fallen und habe ich dann doch einen Fehler gemacht? Das sind die Fragen, die einem derzeit laufend durch den Kopf gehen. Allerdings sind dies auch Fragen , denen man sich über die Lösung eines Sparplans ja bewusst entledigen wollte.

Die Muster wiederholen sich

Besonders bei Einzelwerten ist aber vielleicht jetzt der Zeitpunkt gekommen, mal genau zu schauen, in was man die letzten 10 bis 15 Jahre investiert hat und wo es jetzt doch sinnvoll ist, sich zu trennen. Dies gilt sicher insbesondere für sogenannte FAANG- oder auch andere Trendaktien.

Bei FAANG-Aktien handelt es sich um die Aktien der großen Tech-Firmen aus den USA – namentlich Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google. Dabei stehen die FAANG-Aktien aber nur für ein Muster, wie wir es immer wieder sehen. Denn immer wieder werden Themen, Branchen oder auch Regionen gehypt.

Phänomene wie FAANG-Aktien sind für Anleger und Börsen Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite bieten solche Trendpapiere im richtigen Umfeld die Chance auf eine deutliche Überrendite. Auf der anderen Seite sind die Gewinner der letzten Hausse in der Regel eben auch die Verlierer im Bärenmarkt. Das liegt an der Tatsache, dass in unsicheren Zeiten zunächst Gewinne mitgenommen werden. Die Übertreibung der letzten Jahre nach oben schlägt dann ins Gegenteil um.

Die Frage ist jedoch, ob dies ein systematisches Problem in Bezug auf die FAANG- oder Trendaktien darstellt. Zunächst muss sich jeder Anleger darüber im Klaren sein, dass jeder Hype und jeder Trend auch ein Ende haben kann und ein Ende haben wird.

Die eigene Anelger-Analyse ist unabdingbar

Deshalb sollten Anlageentscheidungen idealerweise nicht auf Basis von Trends erfolgen, sondern aufgrund der Analyse von Unternehmenszahlen und erwarteten Marktentwicklungen. Kommt man dann zu dem Ergebnis, dass das Geschäftsmodell einer Gesellschaft in der Zukunft für wachsenden Gewinne sorgen wird, und die aktuelle Bewertung diese Gewinnerwartung noch nicht vollständig eingepreist hat, lohnt der Einstieg. Ob nun FAANG- oder andere Aktien.

Die Dominanz der FAANG-Aktien in den US-Indices, die sie aufgrund der starken Kursentwicklung in den letzten Jahren mittlerweile innehaben, führt nun allerdings zusätzlich dazu, dass die Überreaktion nach unten zulasten aller Anleger geht, die auf den jeweiligen Index gesetzt haben. Das ist eine Folge der Art der Zusammensetzung etlicher Indices durch die Indexanbieter.

Derzeit kein ausgleichender Faktor

Was die Entwicklung derzeit zusätzlich befördert ist das Fehlen der ausgleichenden Wirkung anderer Branchen. Normalerweise wäre es in der aktuellen Situation, in der weiter stark steigende Zinsen erwartet werden, zu einer massiven Umschichtung in Richtung Value-Aktien gekommen, was das Minus bei den FAANG-Aktien zumindest teilweise ausgeglichen hätte. Diese hat zwar stattgefunden, aber aufgrund des schwierigen Marktumfelds nicht in dem benötigten Ausmaß. Die Abwärtsspirale verstärkt sich.

Was können wir Anleger nun tun?

Sicherlich ist es überfällig, sein Depot zu überprüfen und zu schauen, welche Unternehmen in einem inflationären Umfeld, welches uns noch über Jahre begleiten wird, dem hohen Kostendruck überhaupt standhalten werden. Diese fundamentale Analyse sollte man mit der Erkenntnis, dass eben jeder Trend auch mal ein Ende findet, verbinden.

Die Börse hat an Corona einen Haken gemacht. Nunmehr gibt es ganz andere, leider sehr vielschichtige geopolitische Herausforderungen, die zu Verwerfungen und Verschiebungen an den Börsen führen. Sich deswegen komplett aus dem Aktienmarkt zu verabschieden, ist kein guter Rat. Vielmehr sollte man dezidiert und konkret auf den Einzelwert bezogen überlegen, wie sich das eine oder andere Unternehmen in dem aktuellen Umfeld schlägt und welche Faktoren auf den Erfolg wirken. Dies ist eigentlich ein Ratschlag, der immer gilt. Schon längst hätte das Depot danach analysiert und ggf. neu ausgerichtet werden müssen. Oftmals stand aber die Hoffnung nach einer Besserung einem solchen Vorgehen im Weg. Zu spät ist es dafür aber niemals!

Ein Beitrag von Marc Tüngler

Er ist Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) und ist ein profunder Kenner des deutschen Aktienmarktes. Als Redner und Aktionärsvertreter auf vielen Hauptversammlungen weiß er um die Befindlichkeiten von Vorständen und Aktionären.
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